vonDominic Johnson 06.10.2011

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Die Anreise ins ostkongolesische Goma über Ruandas Hauptstadt Kigali ist immer ein guter Gradmesser dafür, was sich im Verhältnis zwischen beiden Ländern möglicherweise verändert. Letztes Jahr wurde an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie Goma gegenüber der ruandischen Zwillingsstadt Gisenyi immer weiter zurückfällt. Dieses Jahr ist Goma in einem noch schlechteren Zustand als vorher. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

Zunächst ist aber anzumerken, daß man im ordentlichen, strebsamen, boomenden Ruanda immer mehr Dinge erlebt, die eigentlich in den Kongo gehören. Das Verhalten der Motorradtaxifahrer in Kigali beispielsweise: früher waren sie sehr brav, im Vergleich zu kongolesischen oder ugandischen Kollegen, aber je dichter der Autoverkehr in Ruandas Hauptstadt wird, desto abenteuerlicher werden die Mopedfahrer bei ihrer Suche nach dem schnellsten Weg durch den Berufsverkehr zum Ziel. Ist es vielleicht gar nicht wahr, daß in Ruanda Verstöße gegen die Verkehrsregeln so hart geahndet werden – Einzug des Verkehrsmittels, Geldstrafen in Höhe eines Monatseinkommens oder mehr – daß sich niemand traut?

Eine andere Neuerung: Je näher man dem Kongo kommt, kurz vor Gisenyi an der Grenze, desto mehr neue Häuser sieht man mit spitzen Giebeldächern. Funkelnagelneue Wellblechdächer, spitz aufeinander zulaufend, glitzern zwischen den Hügeln und Feldern in der Sonne. Ruander bauten früher nicht so, man zog Flachdächer vor, vielleicht leicht schräg. Was da jetzt entsteht, erinnert an kongolesischen Protzstil der unsinnigsten Sorte, wenn ein Möchtegern irgendwo in einer kongolesischen Stadt auf einem Minigrundstück möglichst weit nach oben bauen will, ohne zuviel Material einzusetzen. Auch wenn die ruandischen Häuser immerhin etwas zweckmäßiger aussehen.

„Das haben sie sich von uns abgeguckt“, behauptet ein Kongolese, der in Goma lebt. „Das macht man, weil auf den alten Dächern immer soviel Dreck liegenbleibt“, weiß ein anderer Kongolese, der im ruandischen Ruhengeri lebt. Vielleicht hat es alles auch damit zu tun, daß in den letzten Jahren ziemlich viele Kongolesen nach Ruanda gezogen sind, auf der Suche nach geordneten Lebensumständen, und daß in dieser Region inzwischen auch ziemlich viele ehemalige ruandische Flüchtlinge aus dem Kongo leben.

Gerne klagt der Kongo über den großen Einfluß, den das kleine Ruanda auf den großen Kongo hat. Wie es umgekehrt läuft – davon spricht man nicht. Aber man sieht es.

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