Deutschland, speziell der Westen, inszeniert sich sehr gerne als humanistisch aufgeklärt, christlich moralisch und vom Nationalsozialismus geläutert. Aber der Lack der Zivilisation ist dünn, sehr dünn. Nicht nur dort, wo kulturelle Verwahrlosung herrscht, sind faschistoide Tendenzen in Deutschland an der Tagesordnung – auch in vermeintlich ganz normalen Dörfern und Ortschaften entpuppen sich die ach so anständigen Deutschen oftmals als hinterhältige, unchristliche, rachsüchtige und überhaupt weder sonderlich demokratische noch menschenrechtsrespektierende Meute.
Jüngstes Beispiel sind die Bewohner von Randerath, einem Ortschaft bei Aachen. In ihren Ort war ein Mann gezogen, der vor über 20 Jahren drei Vergewaltigungen an Schülerinnen begangen hatte und nach Ende seiner Haftzeit in Randerath vorläufige Unterkunft bei seinem Bruder gesucht hatte. Das reicht, bei allen ja verständlichen Vermutungen und Ängsten, für die Bevölkerung von Randerath offenbar, alle Regeln des „Christentums“, des Anstands, der Aufklärung und der Rechtsstaatlichkeit über Bord zu werfen. Auf Spiegel Online äußern sich die Bewohner des Ortes unter anderem so:
„Denn in den Straßen von Randerath herrscht Pogromstimmung. Teils offen, teils hinter vorgehaltener Hand fordern die Bewohner drastische Maßnahmen. „Ich bin kein Rechter“, sagt etwa ein Nachbar, „aber da müssen mal ein paar Springerstiefel her …“
„Ich will’s nicht offen sagen“, sagt ein Passant, „aber vor 50 Jahren hätte man so was schnell erledigt“. Rechtsradikale haben bereits eine Demonstration organisiert.“
Was denken diese Menschen? Natürlich ist der hier zitierte Nachbar „ein Rechter“; eigentlich vielmehr: ein Faschist; einer, der zu Mord und Totschlag aufruft; einer, der zwar ein Problem mit einem aus der Haft Entlassenen hat, aber kein Problem mit rechtsradikalen Kriminellen. Und was meint dieser „Passant“ – davon abgesehen, dass er offenbar entweder die letzten 14 Jahre verschlafen hat oder nicht rechnen kann (oder denkt, dass auch unter Adenauer noch Lynchjustiz und Meuchelmord an der Tagesordnung waren)?
Natürlich sind die Anschuldigungen hier generalisierend. Aber man kann, nein: man muss man von den Bürgern von Randerath verlangen, dass sie die Rechtsstaatlichkeit des Prozesses anerkennen, verstehen und auch respektieren. Und man muss verlangen, dass sie sich nicht mit Nazis, Faschisten und Skinheads verbünden. Und man kann von ihnen verlangen, dass sie sich entschieden dagegen wehren, dass ihr Ort zum Spielfeld von eben solchen politischen Brandstiftern wird.