vonWolfgang Koch 11.03.2010

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Stellungnahme der Bettellobby Wien zur geplanten Änderung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes

Zur geplanten Änderung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, welche durch einen Initiativantrag der Landtagsabgeordneten der SPÖ gefordert und von der ÖVP unterstützt wird, hat die Bettellobby Wien folgende Kritikpunkte anzumerken:

1. Die Novellierung sieht die Erweiterung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes um den Tatbestand des „gewerbsmäßigen Bettelns“ vor. Laut der Begründung des Antrages richtet sich diese neue Regelung gegen alle Personen, die regelmäßig betteln. Betteln soll „sofern die Absicht der wiederkehrenden Begehung zur Verschaffung einer fortlaufenden Einnahmequelle zu bejahen ist, strafbar sein, ohne jedoch ein generelles Bettelverbot vorzusehen“. Aufgrund der sehr offenen Formulierung des Tatbestandes ist zu erwarten, dass auf Grundlage dieser neuen Regelung alle Formen des Bettelns bestraft werden, die nicht durch die bereits bestehenden Verbote abgedeckt sind.

Diese Ansicht teilt auch die ÖVP, die die neue Regelung sehr begrüßt. In einer Presseaussendung ist zu lesen: „Durch diese Begriffsbestimmung (…) wird praktisch jede Form der Bettelei, die derzeit in Wien auftritt, unter Strafe gestellt. Ein wichtiger und richtiger Schritt für mehr Sicherheit in Wien.“ Obwohl die SPÖ betont, kein generelles Verbot des Bettelns einführen zu wollen, wird die genannte Änderung zur Folge haben, dass künftig jeder Mensch, der in Wien bettelt, bestraft werden kann. Dies stellt einen unbegründeten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bettelnder Menschen dar, da das Betteln keine Rechtsgüter anderer Personen verletzt und weder die öffentliche Ordnung noch die Sicherheit gefährdet.

Die Europäische Menschenrechtskonvention schützt in Artikel 8 das Recht auf eine freie Gestaltung der Lebensführung, eine unbegründete Einschränkung des Bettelns verletzt dieses Recht. Diese Ansicht teilen sowohl juristische Untersuchungen als auch die Begründung des VGH Mannheim zur Aufhebung eines Bettelverbotes in Stuttgart.

2. Die zweite geplante Änderung betrifft eine Erweiterung der Gründe für eine Wegweisung nach §3 WLSG. Nach dem neuen Entwurf soll es möglich sein, Personen von öffentlichen Einrichtungen und Parks wegzuweisen, welche „allein durch ihr verwahrlostes Auftreten eine erhebliche Verunsicherung auslösen und die Bürgerinnen und Bürger von der widmungsgemäßen Nutzung der öffentlichen Einrichtungen abhalten bzw. in nicht zumutbarer Weise beeinträchtigen.“ Als Beispiele für solche Personen werden Suchtmittelabhängige, Obdachlose und Mitglieder organisierter Bettelbanden genannt.

Abgesehen davon, dass nicht geklärt ist (geklärt werden kann!), welches Auftreten als „verwahrlost“ zu bezeichnen ist, zeugt diese Formulierung von einer bisher nicht dagewesenen Intoleranz gegenüber Menschen, die von Armut betroffen sind, suchtkrank sind oder Gruppen angehören, die nicht den Lebensstil der Mehrheitsgesellschaft teilen. Die PolitikerInnen der SPÖ vergessen hier offensichtlich, dass auch diese „Personen“ „Bürgerinnen und Bürger“ sind, die ein Recht haben, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten. Dieses Grundrecht aller BürgerInnen kann nie aufgrund des subjektiven Sicherheitsgefühls der wohlhabenden Mehrheit eingeschränkt werden. Eine Gesetzesänderung, die die Diskriminierung und Bestrafung ohnehin benachteiligter Menschen nur aufgrund ihrer äußeren Erscheinung zur Folge hat, missachtet deren Grundrechte und verschärft deren schlechte Situation noch weiter. Aufgrund der genannten Argumente sind aus unserer Sicht beide geplanten Änderungen abzulehnen, da sie Menschen, die von Armut betroffen sind, unbegründet bestrafen und aus dem öffentlichen Raum verdrängen. „Bürgerinnen und Bürger“ haben nicht das Recht, dass ihnen der Anblick dieser Menschen erspart bleibt.

Die BettelLobbyWien

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