Es ist verwirrend: In Leipzig ging zwischen den Jahren der Hackerkongress 35c3 des Chaos Computer Clubs (CCC) über die Bühnen der dortigen Messehallen. Tagelang wurde dort gebastelt, generdet, Wissen vermittelt, sozialisiert und gehackt. Und in Homberg hackt ein 20jähriger aus dem Kinderzimmer heraus Accounts von Prominenten und prominenten Politikern und veröffentlicht deren private Daten. Beides Mal wird gehackt.
Es ist verwirrend, wenn in den Medien die Bezeichnung „Hacker“ für zwei Dinge verwendet wird, die in ihrer moralischen Bewertung so grundverschieden sind. Einmal die Hackerkultur, die anarchistisch, technikverliebt, chaotisch, etwas links, etwas verpeilt und mit krudem Humor eine Subkultur bildet. Und dann das illegale Eindringen in private Daten, das Brechen von Gesetzen und das übergriffige Eindringen in private Räume im Kontext des Digitalen. Dieses Hacken ist eine Bedrohung unser aller grundrechtlich garantierten Freiheit.
Die Hackerkultur predigt seit Jahren, nicht nur auf den jährlichen CCC-Kongressen, wie und warum man im Digitalen sicher unterwegs sein kann. Die Ressourcen liegen in unzähligen Videos, Blogs, Artikeln frei verfügbar im Internet. Doch die Subkultur darum ist schwer zugänglich, es ist eine Gemeinschaft mit Einstiegshürde, eine „gated community“. Das liegt an vielen Dingen, die isoliert betrachtet alle ihren Sinn ergeben. Aus der Ferne betrachtet ergibt sich aber beim Blick auf die Hackerkultur ein (durchaus so gewolltes) chaotisches Bild. Wer keine Energie investieren will, dieses Bild vollends zu entschlüsseln, findet keinen Zugang.
Nur mit limonadisiertem Mate-Tee
Zudem kommt dazu, dass sich die Hackerszene bei vielen kritischen, meist sozialen Themen, etwas blöd anstellt. Die Anschuldigungen gegenüber dem Rockstar-Hacker und Journalisten Jacob Appelbaum wurden vom CCC und der gesamten Szene sehr planlos angegangen. Erst seit dem letzten 35c3 gab es auf dem Kongress eine Schiedsstelle, die nach einer definierten Verfahrensordnung auftretende Konflikte lösen soll. Enthusiastisch und sogar als Aufhänger-Thema des ganzes 32c3 in 2015 war das Thema „gated communities“. Ob es gelungen ist, die Schranken der eigenen Community kleiner zu machen? Vermutlich nicht. Der Kongress und die mit ihm gesetzten Themen sind nach wie vor eine Subkultur im klassischen Sinne. Mit eigenen Codizes, eigenen Memes, der Jack-Wolfskin-Jacke-über-Hoodie-Uniform und einer fremdbestimmten Vorliebe für limonadisierten Mate-Tee.
Wer einmal auf einem Hackerevent war, wird aber auch die Offenheit, die Willkommenskultur und die gelebte Diversität und Toleranz in Erinnerung behalten. Die Szene ist jedoch zu klein und zu speziell, um eine nachhaltige Abstrahlkraft in den Mainstream zu entfalten. Doch genau das wäre nötig: Ein gelebter interessierter Umgang mit Datensicherheit und Privatheit, ein genuines Interesse an allem Technischen, der klassische Erfindergeist schlechthin. Und das überall, von der Grundschule mit dem ersten eigenen Smartphone bis hin in die Chefetage, die die mittelständische IT-Infrastruktur zu verantworten hat. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Kelber fordert folgerichtig, diese Themen in die Schulen zu bringen. Das wäre längst überfällig, muss aber gut gemacht werden. Das was die Hackerkultur ausmacht, ist eine Einstellung und Haltung. Etwas, das man nicht frontal in einem Lehrplan vermitteln kann. Es geht um Neugier für primär technische Dinge, aber über die Technik hinaus. Hacker haben ein feines Gespür dafür, wo ein System gar welcher Art unsicher ist, eine Hintertür offen lässt, kaputt ist oder nicht zu Ende gedacht wurde. Treiber dafür ist kein Zerstörungsgeist, sondern ein genuines Interesse an der Funktion der Dinge. Das ist nicht nur ein Informationsvorsprung gegenüber den „Noobs“, den Anfängern, sondern eine grundkritische, in ihrem Kern politische und geistige Haltung.
Teilhabe statt Kapitulation
Zu lange schon fokussiert sich die wissenschaftliche und pädagogische Vermittlung von Technik auf harte Fakten, die zugrundeliegende Mathematik oder in der Schule gar auf das stupide aneinanderreihen relativ unspektakulärer und überholter Technologien wie HTML oder Turbo Pascal. Wie man es anders und besser macht, kann man bei Initiativen wie Jugend hackt oder unzähligen lokalen Hackerspaces abschauen. Es muss gelingen, den Spieltrieb und die Neugierde all jener Menschen zu wecken, die gerade Technik nur konsumieren — und als einzigen Ausweg so wie Grünen-Chef Robert Habeck die Kapitulation vor dem unbeherrschbar gewordenen sozialen Internet sehen. Wenn es nur genug Menschen gibt, die in puncto Datensicherheit und Privatheit zu lösungsorientierten Problem-Bewunderer werden anstatt zu Schwarzsehern — dann hat die digitale öffentliche Welt noch den Hauch einer Chance, für alle Akteure eine unschädliche gewinnbringende Teilhabe zu ermöglichen.
Der Artikel ist wirklich echt peinlich und diese Konstruierung eines Hackers als eine eigene „Art“ Mensch und schon wieder dieses Genie Gequatsche.
Ich kenne zuhauf rechte Hacker oder welche die einfach unpolitisch sind.
Ich finde diesen Text einfach nur richtig schlecht