vonHans Cousto 27.05.2010

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Nach Cannabis sind Amphetamin und Kokain die in der Bundesrepublik Deutschland am häufigsten konsumierten illegalisierten Stoffe. Gemäß Angaben der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) haben von den 18-64jährigen 0,5% (etwa 250.000 Personen) innerhalb des letzten Jahres Amphetamin respektive Methamphetamin konsumiert und 0,6% Kokain (etwa 300.000 Personen). Bei den 12-17jährigen haben 0,6% (etwa 26.000 Personen) Amphetamin und 0,8% (etwa 35.000 Personen) Kokain innerhalb des letzten Jahres konsumiert. Die Zahl der Kokainkonsumenten (335.000 Personen) liegt gemäß DBDD somit etwas höher als die der Amphetaminkonsumenten (276.000 Personen). Die Werte haben sich gemäß DBDD in den letzten zehn Jahren nicht massiv verändert.

Dennoch hat seit Beginn dieses Jahrtausends die Zahl der von der Polizei jährlich ertappten Kokainhändler um weit mehr als die Hälfte abgenommen, die Zahl der jährlich ertappten Amphetaminhändler hat jedoch deutlich zugenommen. Von 1999 bis 2009 hat die Zahl der erfassten Delikte betreffend Kokainhandel und -schmuggel von 10.877 auf 3.976 um 63,4% abgenommen, die der Delikte betreffend Amphetaminhandel und -schmuggel jedoch von 4.480 auf 5.635 um 25,8% zugenommen. Die folgende Abbildung zeigt die Zahlen betreffend Kokain (Datenquelle: BKA).

Die folgende Abbildung zeigt die Zahlen betreffend Amphetamin und Methamphetamin (Datenquelle: BKA).

Auch bei den auf den Konsum bezogenen Delikte (allgemeine Verstöße) zeigt sich ein stark divergierendes Bild zwischen Kokain und Amphetamin. Die allgemeinen Verstöße haben bei Kokain von 1999 bis 2009 um 11% abgenommen, bei Amphetamin hingegen um 153% zugenommen. Die folgende Abbildung zeigt die Zahlen betreffend Kokain (Datenquelle: BKA).

Die folgende Abbildung zeigt die Zahlen betreffend Amphetamin und Methamphetamin (Datenquelle: BKA).

Drogenhandel ist ein Offizialdelikt, das heißt, die Polizei ermittelt von sich aus proaktiv, um den Handel mit psychotropen Substanzen aufzudecken, die Substanzen aus dem Verkehr zu ziehen und die Händler bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Da Drogen oft im Kontext kultureller Veranstaltungen konsumiert werden, kontrolliert die Polizei beispielsweise Personen auf den Zufahrtswegen zu Goa-Parties und anderen Technoveranstaltungen, führt Razzien in Diskotheken und Szenekneipen durch oder kontrolliert Personen im Umfeld offener Drogenszenen. Solche Kontrollen werden als szenespezifische Kontrollen bezeichnet. Mehrheitlich werden Drogendelikte (Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz) durch die proaktive Ermittlungstätigkeit der Polizei entdeckt. In einigen Fällen führen auch Aussagen von Beschuldigten zur Aufdeckung von Drogendelikten, manchmal nimmt die Polizei auch aufgrund von Denuntiationen, die zumeist aus persönlichen Streitigkeiten und/oder einem Rachegefühl heraus getätigt werden, die Ermittlungen auf.

Der Konsum von Kokain scheint bei weitem nicht so szenespezifisch zu sein wie der Konsum der meisten anderen Drogen. Im Bereich des Kokains zeigt sich eine langfristige Abnahme des Repressionskoeffizienten, im Bereich des Amphetamins jedoch eine langfristige Zunahme desselben.

In Deutschland nimmt die Repression gegen den Kokahinhandel seit der Jahrtausendwende deutlich ab. Offenbar will man den »Schönen und Reichen« in der Gesellschaft nicht die Zufuhr des Stoffes ihres Vergnügens übermäßig unterbinden. Offensichtlich will man von Seiten der Exekutive die öffentliche Aufmerksamkeit lieber auf andere Substanzen (und Konsumentengrupen) lenken und vom Kokain eher ablenken. Irgendwie scheinen die Kokainkonsumenten – zumindes ein gewisser Teil von ihnen – einer privilegierten Schicht anzugehören. Die Repression richtet sich nicht gleichermaßen gegen alle Konsumenten psychotrop wirkender Substanzen aus allen Gesellschaftsschichten, sondern selektiv gegen bestimmte Gruppierungen in der Gesellschaft. Offenkundig wird das Betäubungsmittelgesetz von der Exekutive zum dirigistischen Machtinstrument für gesellschaftspolitische Zwecke instrumentalisiert.

Wichtig: Safer Sniffing

Wer Drogen konsumiert, sollte die Risiken kennen. Die Risiken liegen oft nicht in den pharmakologischen Eigenschaften der Substanzen begründet, sondern in der Art der Einnahme. So weiß fast jeder Fixer, dass der gemeinsame Gebrauch von Spritzbestecken ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringt. Doch die wenigsten Menschen, die Amphetamin und/oder Kokain schnupfen, wissen, dass auch der gemeinsame Gebrauch von Schnupfutensilien ebenfalls ein Infektionsrisiko darstellt. Schon kleine Verletzungen in der Nasenschleimhaut, welche gerade beim Sniffen durch schrafkantige oder schräg abgeschnittene Röhrchen entstehen können, genügen, um sich beispielsweise mit dem Hepatitis-Virus oder Herpes zu infizieren. Deshalb: Kein gemeinsames Benutzen von Röhrchen oder Banknoten beim Sniffen!

Vergl. hierzu auch: Eve & Rave: Pressemitteilung vom 16. Juni 2008 zur divergierenden Drogenrepression

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