vonDetlef Kuhlbrodt 12.09.2010

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Die Dämmerung hatte gut ausgesehen; am Hackeschen Markt an der Ampel kramte ich in meiner Tasche nach der Kamera und als ich sie dann in der Hand hatte, war die Ampel schon wieder auf Grün und ich machte dann doch kein Foto mehr.

Als ich die Kastanienallee hoch fuhr, dachte ich an Christoph Schlingensieff, ein Gespräch für den „tip“ vor vielen Jahren in diesem Café mit diesem komischen Namen.

Es war super voll. Manchmal sprach ich mit Leuten, deren Namen mir nicht einfiel, obgleich ich mehrmals mit ihnen gesprochen hatte. Oder ich fragte dann immer nach, weil ich ja auch ein bißchen schwerhörig bin.

Rainald Goetz stellte sich auf dem Tisch. Man sollte näher kommen und auch den Raum hinter dem Tisch am offenen Fenster nutzen. Anfang des Sommers hatte der Dichter einen großartigen sechsstündigen Auftritt gehabt, den er zurückblickend hysterisch nannte; diesmal wollte er jedenfalls vom Blatt ablesen und es dauerte kaum mehr als eine halbe Stunde.

Verwirrende Inhaltsangaben der einzenen Kapitel des neuen Buchs, die Döpfner-Passage aus „Loslabern“. Es gilt ja doch Position zu beziehen. Gegen Springer. nicht die einzelnen Sätze, sondern das, was zwischen ihn steht, mache BZ und BILD so grauenvoll. (weil mir das einleuchtete, entprivatisierte ich später gleich wieder einen alten Text über den „Spiegel“, den ich irgendwann gesperrt hatte, weil er mir zu eitel vorgekommen war) Ein paar Worte noch zu Einar Schleefs Fotoband „Zuhause“, eine kleine Verbeugung Richtung Brinkmann, die lange Liste der Namen der Leute, die in Goetz‘ neuem Buch drin sind.

Das Bild mache immer Propaganda für das Gezeigte; der Text meint immer auch sein Gegenteil. Das zog sich durch so als These. Und auch dshalb hatte Rainald, als er einen Freund im Publikum kurz vor Beginn seines Auftritts ganz begeistert begrüßte, hysterisch kichernd auf dies vergrößerte Zeitungsbild mit Guido Westerwelle gezeigt, das an der Wand hing.

Komischerweise war keiner der Rezensenten dieses Abends darauf eingegangen.

Ich dachte an meine Serie mit den kaputten Fahrrädern und ob es dann nun so wäre, das man kaputte Fahrräder gut findet, kaputte Fahrräder propagieren möchte und sie deshalb immer wieder auch noch mit Blitz und gleichzeitig langer Belichtung fotografiert und wie sich das dann wieder verträgt mit dem Ambientcharakter von Blogs.

Der Mann filmte von da

nach da.

Erst als kein Buch mehr da war, fiel mir ein, dass ich ja eigentlich auch gerne eins mitgenommen hätte. Daneben stand die Dichterin Ann Cotten und erzählte von ihrer Foto-Text-Seite. Sie schrieb die Adresse in mein Notizbuch. Auf der anderen Seite steht: „ROLLBERG!“ (ich hatte das neuköllner Bier im „Wow’s Ville“ in der Ohlauer Straße neulich getrunken und ziemlich gut gefunden) und ein Zitat aus einem dicken Roman von Roberto Bolaño („die wilden Detektive“), den ich diesen Sommer im Görlitzer Park gelesen hatte: „Schließlich, in einem Exzeß von Selbstvertrauen, beschloß ich ein Buch mit eigenen Versen zu veröffentlichen“.

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