In seinem ziemlich brillanten Vortrag auf der re:publica-Konferenz stellt Peter Glaser sich und uns unter anderem die Frage,
was eigentlich freie Meinungsäußerung bedeutet, wenn sie plötzlich tatsächlich stattfindet – nicht mehr nur handverlesen auf Leserbriefseiten oder in repräsentativen Debatten, an denen ein paar ausgewählte Talkgäste teilnehmen, sondern wenn plötzlich haufenweise und ungebremst drauflosgemeint wird. In Kommentarfächern und Foren wird etwas Neues erlebbar, etwas Schönes und Schauerliches, nämlich die unrasierten und ungewaschenen Formen von Meinungsäußerung.
Netterweise hat er den Vortragstext in seinem Blog untergebracht, so dass auch Nicht-Konferenzteilnehmer sich diese und andere Fragen stellen können.
Klaus Jarchow wiederum nimmt diesen Text als Beleg gegen die Blogverächter,
die da meinen, dass Blogs nichts zu sagen hätten, und ästhetisch über eine literarische Schwundstufe nicht hinauswachsen könnten.
Eine etwas überzogene These. Den der Glaser-Text war ja gerade eben nicht so drauflosgebloggt, sondern in einem anderen Umfeld und anderem Kontext entstanden. Die Anstrengung, die das Verfassen eines solchen Textes auch Schnell- und Vielschreibern abverlangt, steht in keinem akzeptablen Verhältnis zum Honorar, das das Bloggen einbringt – weshalb solche Texte nur dann in Blogs entstehen, wenn der Verfasser entweder
a) anderswo dafür bezahlt wurde (wie hier Glaser), oder
b) darauf hofft, anderswo dafür bezahlt zu werden (Ich bin ein Star, holt mich hier raus), oder
c) nicht darauf angewiesen ist, mit der Produktion von Texten Geld zu verdienen (wie Don Alphonso), oder
d) mit der Produktion von Texten anderswo genügend Geld verdient, um sich qualitativ hochwertiges Bloggen als Hobby leisten zu können.
Solange das Bloggen kein eigenständiges Geschäftsmodell findet, wird es eben nur ganz vereinzelte Perlen in ganz viel Drauflosgemeine produzieren.