vonsophie 07.05.2024

dreilaendereck

Politik, Geschichte und eine Menge Kritik aus queerfeministischer Sicht mit Schwerpunkt auf Osteuropa.

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Mitte April 2024 | Das Wetter in Bayern, wechselhaft. Heute hat es geschneit, dann hörte es auf und wurde stürmisch. Regentropfen überall. Gestern noch frühsommerliches Wetter. Ich ziehe mich zurück. Ich sitze alleine auf der Couch, mit meinem Handy in der Hand. Mich holt eine Art Einsamkeit ein; ich fühle mich verloren.

Ich glaube, viele würden meine Ansicht teilen, dass sich gerade die politische und wirtschaftliche Situation in eine besorgniserregende Richtung ändert. Wir müssen gar nicht ins EU-Ausland blicken, es brodelt direkt vor unserer Haustür. Ich weiß nicht, ob der Kipppunkt schon erreicht worden ist.

Zwei Themen machen mir besonders viel Sorgen. In Rumänien erreichen zwei große nationalkonservative, rechtsextreme Parteien – die AUR und SOS Romania – aktuell 25 % der Stimmen.

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Nach der Parlamentswahlen im Dezember wird es sehr schwer werden, eine Regierung ohne extremistische Parteien zu gründen. Gleichzeitig werden gerade in Ungarn die Gesetze zur Verbreitung von “Homo-Propaganda” verschärft, die Beziehungen zu Russland intensiviert und chinesische Großprojekte in Auftrag gegeben. Damit begibt sich das Land für mehrere Jahrzehnte in chinesische Abhängigkeit.

Wir nähern uns etwas Ungewissem an. Das, was wir eigentlich kennen. Sehr gut sogar. Sätze fallen, die ich mir nicht vorstellen konnte: Ultrakonservativ zu sein ist wieder in, Menschen nach äußeren Merkmalen zu kategorisieren, Menschenrechte zu hinterfragen. Sowohl im Westen als auch im Osten.

Zusätzlich ist es leider immer häufiger so, dass rechtsextreme Politiker*innen Parolen der 1930er Jahre verwenden. Gleichzeitig wird vieles relativiert, sie beklagen den deutschen Schuldkult, reden von der sogenannten “Remigration”, wollen die Bevölkerung in deutsche und nicht-deutsche einteilen, reden von “Umvolkung”. Wie soll das weitergehen?

Der Drang, gerettet zu werden, steigt auch bei mir. Ich würde am liebsten weit weg sein an diesen Tagen. Ich wünsche mir Vernunft und mehr Empathie für Menschen, die in Not sind, für Menschen, denen Hilfe verweigert wird. Weniger Teile, sondern mehr Gemeinsamkeiten. Würdevollen Umgang. Mich wieder als Mensch wahrgenommen zu werden.

Gleichzeitig blicke ich auf mein Handy, dauerhaft bekomme ich Meldungen von Facebook und Instagram, dabei tauchen immer wieder diese Namen auf:

Giorgia Meloni, Herbert Kickl, Bernd Höcke, Marine Le Pen, Viktor Orbán, Jaroslaw Kaczynski. Die Retter vergeblich verlorener Seelen. Die von den bösen woke Gesellschaft zwangs geimpft, zum Gendern gezwungen wird und deren Männlichkeit klaut.

Wir, die Geretteten?

Wer rettet mich vor den Rettern?

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