Die Organisatoren der Hanfparade freuen sich ja immer über Post, aber diese war nicht so schön: Die Versammlungsbehörde stellte fest, dass die Hanfparade einen Kommerzcharakter habe und der Markt der Möglichkeiten nur zum Umsatz machen da sei. Auch das Nutzhanfareal, das Forum für Hanfmedizin und das Kinderland seien nur „punktuell“ politisch. Die Versammlungsbehörde vergaß dabei jedoch, dass sie diesen Vorwurf der Hanfparade schonmal gemacht hatte – zur zweiten Hanfparade vor 13 Jahren. Auch dort sah die Versammlungsbehörde nicht, dass der Markt der Möglichkeiten und seine Aufbauten politischen Charakter haben.
Die Hanfparade legte damals erfolgreich Widerspruch ein: Im Beschluss (VG 1 A383.98) der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin heißt es in der Begründung: „Es wird einstweilen festgestellt, daß der Antragsteller für den auf öffentlichem Straßenland geplanten Aufbau, Betrieb und Abbau von Bühnen, Informationsständen, Verkaufsständen für Hanfprodukte und Lebensmittel (Speisen & Getränke) sowie Toiletten im Zusammenhang mit der sogenannten HANFPARADE’98 im Bereich der Straße des 17. Juni und des Platzes vor dem Brandenburger Tor in der Zeit von Freitag, den 28. August 1998, 20 Uhr bis Sonntag, den 30. August 1998, 10 Uhr keiner straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedarf.“
Damit konnte der Markt der Möglichkeiten als Instrument der politischen (Meinungs-)Bildung wie geplant stattfinden.
In dem neuerlichen Ablehnungsbescheid der Versammlungsbehörde wird zudem ein Urteil von 2006 betreffend die Fuckparade zitiert, das 2007 vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben wurde. So stellen die Organisatoren der Hanfparade in ihrem Widerspruch fest, dass die gegen die Hanfparade vorgebrachte Zitate aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur Fuckparade schon deshalb nicht geeignet seien, Zweifel am Versammlungscharakter der Hanfparade zu eröffnen, weil dieses nicht rechtskräftig, sondern im Gegenteil, vom Bundesverwaltungsgericht als unrechtmäßig aufgehoben wurde.
„Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. November 2004 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Mai 2006 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die von dem Kläger für den 14. Juli 2001 angemeldete „Fuckparade 2001– 5 Jahre Hateparade“ wie eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes zu behandeln war.“ (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Fuckparade 2001 vom 16. Mai 2007)
Politik ist …
Der Begriff „Politik“ wird in der Wikipedia definiert als „die Angelegenheiten, die die Einrichtung und Steuerung von Staat und Gesellschaft im Ganzen betreffen. Es umfasst dabei alle Aufgaben, Fragen und Probleme, die den Aufbau, den Erhalt sowie die Veränderung und Weiterentwicklung der öffentlichen und gesellschaftlichen Ordnung anbelangen. Politik bezeichnet jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in privaten oder öffentlichen Bereichen.“
Forum für Hanfmedizin ist politisch
Dieser Teil der Abschlusskundgebung beschäftigt sich mit den gesetzlichen Regeln und der politischen Debatte über die Verwendung von Cannabis als Heilmittel. „Programm im Podiumsbereich – Mittelpunkt des „Forums für Hanfmedizin“ ist ein Podiumsbereich, in dem Vorträge und Diskussionsrunden den Teilnehmern der Hanfparade eine intensive Beschäftigung mit den politischen Forderungen der Patienten und ihrer Ärzte ermöglichen.“ So steht es auf der Website der Hanfparade. Hierzu räumt auch die Versammlungsbehörde ein, dass im Einzelfall immer wieder punktuell für kurze Zeit versammlungsimmanente Elemente auftreten täten, sie sieht jedoch eine Behandlung der gesamten Veranstaltung als Versammlung im Sinne des Grundgesetzes und des Versammlungsgesetzes für nicht zulässig. Die Entscheidung liegt nun beim Verwaltungsgericht.
Parade selbst nicht betroffen
Die Hanfparade und der Teil der Abschlusskundgebung, der von der Hauptbühne ausgetragen wird, sind von diesem Rechtsstreit nicht betroffen. Die Hanfparade wird am Samstag, 6. August 2011 um 13 Uhr auf der Alexanderstraße am Alexanderplatz, zwischen Alexa, bcc und Saturn starten. Die Abschlusskundgebung wird am selben Ort wie 2010 stattfinden: fast direkt vor dem Reichstagsgebäude auf der Scheidemannstraße. Diese verläuft ca. 200 m nördlich parallel zur Straße des 17. Juni (der sogenannten „Fanmeile“ vor dem Brandenburger Tor).