Der Titel des vor 21 Jahren erschienen Buchs „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf“ von Jack Herer und Mathias Bröckers wurde Programm – Cannabis erfuhr eine Renaissance als Nutzpflanze, Lebensmittel und Medizin. Als Genuß,- und Rauschmittel ist es aber nach wie vor illegal, obwohl zweifelsfrei erwiesen ist, dass die Prohibition nicht zu einem wirksamen Jugend,-und Gesundheitsschutz beiträgt. In den Niederlanden, wo es seit Jahrzehnten in Coffeshops verkauft werden darf, wird weniger gekifft als in Deutschland. Nachdem im Mutterland der Prohibition, den Vereinigten Staaten, die ersten Bundesländer per Volksabstimmung eine vollständige Legalisierung beschlossen und Länder wie Portugal mit einer vollständigen Entkriminalisierung sehr gute Erfahrungen gemacht haben, wird eine Reform der Cannabis-Gesetzgebeung auch in Deutschland überfällig. In seiner jetzt im Westend-Verlag erschienenen Streitschrift „Keine Angst vor Hanf – Warum Cannabis legalsiiert werden muß“ hat Mathias Bröckers die Argumente für ein sofortiges Ende der Prohibition zusammengefaßt. Im Folgenden ein erster Auszug aus dem Buch – ein weiterer folgt morgen.
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Es reicht! Mehr als 80 Jahre Prohibition, mehr als 130000 Strafverfahren pro Jahr in Deutschland, Milliarden in einem unwirksamen »Krieg gegen Drogen« verschwendete D- Mark und Euro sind genug. Dass der Kollateralschaden dieses Kriegs sehr viel größer ist als sein Nutzen, dass Strafrecht und Kriminalisierung das »Drogenproblem« nicht lösen können und die Politik der Prohibition auf der ganzen Linie gescheitert ist, diese Erkenntnis ist mittlerweile von Gremien der Vereinten Nationen bis in die Bezirksparlamente deutscher Großstädte durchgedrungen. Sie wird von Vertretern der Ärzteschaft ebenso geteilt wie von Polizeipräsidenten, von Studenten ebenso wie von Professoren. So appellierten 120 Strafrechtslehrer im Herbst 2013 mit einer Resolution an die Bundesregierung, das Betäubungsmittelgesetz zu reformieren. Auch vielen Politikern, Entscheidungsträgern, Medienleuten quer durch alle Parteien und weltanschauliche Lager ist das fatale Scheitern des »war on drugs« sehr wohl bewusst, doch in der Regel fordern sie sein Ende erst dann, wenn sie ihre Ämter als Präsidenten oder Minister bereits aufgegeben haben.
Das Dogma der Prohibition anzugreifen scheint noch immer Gift für politische Karrieren zu sein. Dieses Tabu muss fallen. Statt irrational weiter auf einem destruktiven Irrweg zu beharren, muss eine schadensmindernde Vernunft die Perspektive der Drogenpolitik bestimmen. Statt Durchhalteparolen eines nicht zu gewinnenden Drogenkriegs – »Was verboten, ist bleibt verboten«, verkündete die neue bestallte Bundesdrogenbeauftragte im Februar 2014 ganz in diesem Sinne bei ihrem Antrittsinterview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – müssen wissenschaftlich fundierte Abwägungen über Kosten und Nutzen, über Gefahrenpotential und Regulierungsbedarf in den Diskurs und in die Gesetzgebung einfließen. Statt dem Wildwuchs des Schwarzmarkts und der organisierten Kriminalität das Feld zu überlassen, müssen Jugend- und Verbraucherschutz endlich ernst genommen und durch einen regulierten Markt garantiert werden. Und der Anfang muss mit der am weitesten verbreiteten illegalisierten Substanz gemacht werden: mit Hanf/Cannabis/Marihuana. Dies ist nicht ein »falsches Signal«, wie es die neue Drogenbeauftragte in dem oben erwähnten Interview verkündet, es ist das einzig Richtige, denn es signalisiert den Abschied von einer definitiv gescheiterten Politik und dem fatalen Irrglauben, mit Hilfe von Strafrecht, Polizei und Gefängnis eine drogenfreie Gesellschaft schaffen zu können.
Die Einsicht, dass die Prügelstrafe keine geeignete Methode ist, um die Befähigung zum Rechnen, Lesen und Schreiben zu befördern, ist noch nicht sehr lange selbstverständlich. In Bayern wurden als letztem Bundesland erst 1980 körperliche Züchtigungen im Klassenzimmer gesetzlich abgeschafft. Dass für die Erziehung einer Gesellschaft (und jedes einzelnen) mit berauschenden Substanzen dasselbe gilt und dass Kriminalisierung und Prohibition keine geeigneten Mittel sind – auch diese Einsichten müssen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Und an keinem Punkt lässt sich diese Notwendigkeit klarer verdeutlichen als am Verbot des Hanfs und den nach wie vor weitreichenden Widerständen und tiefsitzenden Ängsten vor der Legalisierung einer Pflanze, die seit tausenden von Jahren auch in Deutschland heimisch ist und mit der es bis zur Erfindung der Prohibition nie irgendein Problem gab.
Im Gegenteil: »Mancher Schad’ ist nicht zu heilen durch die Kräuter dieser Welt, Hanf hat viel verzweifelt Böses gut gemacht und abgestellt«, lautet ein altes Sprichwort, das die Brüder Grimm in ihr Deutsches Wörterbuch aufnahmen und das die bedeutende Rolle des Hanfs als Heilpflanze unterstreicht. Von den großen Heilkundigen des Mittelalters wie Paracelsus oder Hildegard von Bingen bis in die Arzneibücher und Apotheken zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Cannabis als Arzneimittel ebenso unverzichtbar wie in der Landwirtschaft als universeller Rohstoff für Textilien, Papier, Seile, Segel und hunderte anderer Produkte. Aus Hanfsamen, einem der proteinreichsten Nahrungsmittel überhaupt, wurden Brot, Suppe und zahlreiche Lebensmittel gemacht. Und die Hanfblüten landeten als »Knaster« in der Pfeife der Bauern, die sich teuren Tabak nicht leisten konnten. Die entspannende Wirkung – es macht »a wengerl rauschig« sagte man in Bayern – war sehr wohl bekannt, doch niemand sah darin etwas Verwerfliches oder gar eine gefährliche Droge, deren Konsum verfolgt und bestraft werden müsste.
Dass freilich Kinder und Jugendliche die Finger davon lassen sollten, macht schon der Pionier des Comicstrips, Wilhelm Busch, in seiner Geschichte von »Krischan mit der Piepe« (1864) deutlich, in der sich ein Junge über das Verbot des Vaters hinwegsetzt und dann aus dem Rauch der Pfeife Gespenster aufsteigen sieht. Der heimkehrende Vater erlöst den berauschten Krischan dann von seinem »Horrortrip« – mit einer Tasse starken Kaffee.
Bis vor 100 Jahren waren Haschischzigaretten eine Normalität in deutschen Tabakläden, und ihr Verschwinden nach dem Ersten Weltkrieg war nicht einem Verbot, sondern einem einsetzenden Trend zum »Leichtrauchen« geschuldet: »Starker Tobak« – als Redewendung für unglaubliche, verrückte Geschichten immer noch ein Begriff – war nicht mehr so gefragt.
Dass der »indische Hanf« 1929 überhaupt ins deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, verdankte sich einem Kuhhandel: In der Kampfabstimmung um das von Ägypten beantragte Cannabisverbot auf der internationalen Opiumkonferenz 1925 hatte Deutschlands Stimme am Ende den Ausschlag gegeben, nachdem die Ägypter im Gegenzug zugesichert hatten, keine Importverbote für die deutschen Pharma-Bestseller »Heroin« (Bayer) und »Kokain« (Merck) zu erlassen. Auch wenn Cannabis also seit 1929 im deutschen »Opiumgesetz« zumindest auf dem Papier der Prohibition unterworfen war, spielte der Stoff für Polizei und Justiz keinerlei Rolle.
Das erste Strafverfahren in Sachen Hanf in Deutschland wurde erst 1948 aktenkundig; es betraf einen amerikanischen Soldaten, der mit einem Sack Hanfblüten erwischt worden war. Diese wurden dann auch hier als »Marihuana« bezeichnet. Den exotischen Begriff aus dem Mexikanischen hatte der erste Drogenzar der USA, Harry Anslinger, in den 1930er Jahren importiert und mit Unterstützung des Zeitungsmagnaten Hearst eine Kampagne gestartet, die eine der folgenreichsten Propagandaoperationen aller Zeiten wurde.
„Keine Angst vor Hanf – Warum Cannabis legalisiert werden muß“ ist im taz-Shop erhältlich.
Die Legalisierung hat nicht nur vorteil in der Kontrolle und besteuerung durch den Staat, sonder auch für jeden Konsumenten, denn ein vergessen alle, schwarz besorgtes Cannabis ist in 99 % der Fälle nicht rein, bedeutet es wird schwerer Gemacht, damit ein größerer Gewinn erziehlt werden kann. Genau dies „erschweren“ bringt die meinsten Nebenwirkungen, wenn mann einen vergleich zum reinen Cannabis zieht.