vonHans Cousto 06.08.2015

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Die Hanfparade ist die größte Demonstration für die Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel in Deutschland. Sie findet seit 1997 jährlich in Berlin statt. Die nächste Hanfparade wird am Samstag, den 8. August 2015, in Berlin stattfinden. Die Hanfparade soll dazu animieren, Ideen zu entwickeln, wie die Legalisierung von psychotrop wirkenden Hanfprodukten vorangetrieben werden kann und wie die Bürokratie beim Anbau von Industriehanf verringert werden kann. Die Organisatoren der Hanfparade kämpfen dafür, dass die Menschen in Deutschland Hanf bald ohne Strafverfolgung als Rohstoff, Medizin und Genussmittel nutzen können.Plakat Hanfparade 2015, Grafik: Doro Tops

Schadensminderung fördern

Der Hanf produziert verschiedene Cannabinoide mit sehr unterschiedlichen Wirkungen. Bekannt ist vor allem der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), der für das  „High“ nach dem Kiffen verantwortlich ist. In letzter Zeit rückte auch der Wirkstoff Cannabidiol (CBD) zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. CBD hat eine protektive Wirkung und ist vor allem für das entspannte Befinden nach dem Kiffen verantwortlich.

Gute traditionelle Haschischsorten enthalten etwa doppelt soviel THC wie CBD. Hingegen enthalten viele neu gezüchtete Grassorten einen hohen THC-Gehalt und einen sehr niedrigen CBD-Gehalt. Beim Kiffen dieser Grassorten fehlt somit die protektive Wirkung des CBD und das Risiko, psychotische Phasen zu erleben ist erhöht im Vergleich zu den klassischen Haschischsorten.

Inzwischen haben dies auch die Züchter registriert und es gibt durchaus auch neue Züchtungen mit einem höheren CBD-Gehalt. Diese Sorten sind jedoch noch eher selten im Angebot auf dem Schwarzmarkt. Im Medizinalmarkt sind sie jedoch fester Bestandteil des Angebots – dort sind auf den Verpackungen auch genaue Angaben zu den Anteilen der Cannabinoiden, die im Produkt enthalten sind, zu finden.

Nur wer eine genaue Kenntnis hat, was in dem Produkt (Gras oder Haschisch) enthalten ist, kann für sich ein vernünftiges Risikomanagement betreiben. Da eine korrekte Etikettierung nur in einem legalen Markt flächendeckend gewährleistet werden kann, dient eine Legalisierung von psychotrop wirkenden Cannabisprodukten der Schadensminderung. Im Drogenfachgeschäft könnte der Kunde die Ware nach den Angaben auf der Verpackung aussuchen, genauso wie man heute im Supermarkt auf vielen Verpackungen lesen kann, wie viele Kalorien oder wie viel Fett und ungesättigte Fettsäuren im Produkt enthalten sind.

Gefahrenabwehr stärken

Da einige Kiffer sich lieber ausschließlich im legalen Rahmen bewegen wollen, rauchen sie statt natürliche Cannabisprodukte neuartige Räuchermischungen, die als„Legal Highs“ angeboten werden und die oft noch nicht verbotene synthetische Cannabinoide enthalten. Die meisten synthetischen Cannabinoide haben eine vier- bis achtfach stärkere Wirkung als Cannabis, einzelne entfalten jedoch eine mehr als hundertfach stärkere Wirkung. So kam es nach dem Konsum dieser Räuchermischungen vermehrt zu Überdosierungen und damit verbunden zu erheblichen unangenehmen Nebenwirkungen. Beispielsweise mussten im US-Bundesstaat Colorado im Zeitraum vom 24. August bis zum 19. September 2013 insgesamt 76 Personen mit Intoxikation eines synthetischen Cannabinoids in die Notaufnahmen von Krankenhäusern eingeliefert werden, weil sie Räuchermischungen konsumiert hatten, die unter den Namen „Black Mamba“ und „Crazy Clown“ angeboten wurden. Sieben Patienten mussten sogar auf den Intensivstationen aufgenommen werden. Die Räuchermischungen enthielten das synthetische Cannabinoid ADB-PINACA.

In diesem Jahr meldeten die US-Giftkontrollzentren im Januar 359 Fälle einer von synthetischen Cannabinoiden hervorgerufenen Erkrankung, im Februar wurden 273 Fälle registriert, im März 269 und im April schoss die Zahl plötzlich auf knapp über 1500 in die Höhe. Im Bundesstaat Alabama mussten im Zeitraum vom 15. März bis zum 4. Mai 2015 insgesamt 196 Patienten nach dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden in Krankenhäuser behandelt werden. Fünf dieser Patienten sind gestorben. Für die hohe Zahl der Intoxikationen wird hauptsächlich das synthetische Cannabinoid MAB-CHMINACA, auch ADB-CHMINACA genannt, verantwortlich gemacht.

In Polen haben sich im Zeitraum vom 1. bis 14. Juli 2015 hunderte von Menschen durch eine Droge mit dem Namen „Mocarz“ vergiftet. Wie die Gesundheitsbehörden in Oberschlesien mitteilten, mussten in diesem Zeitraum dort 364 Personen in Krankenhäuser behandelt werden, weil sie die Kräutermischung mit synthetischen Cannabinoiden namens „Mocarz“ geraucht hatten.

Synthetische Cannabinoide sind vor allem deshalb im Umlauf, weil der Anbau und Verkauf von natürlichem Cannabis an den meisten Orten der Welt verboten ist. Die Prohibition verstärkt gesundheitsschädliche Konsumformen. Deshalb dient eine Legalisierung von natürlichem Cannabis der Gefahrenabwehr.

Die Hanfparade

Startpunkt ist der Washingtonplatz beim Hauptbahnhof. Mit der Auftaktkundgebung, die um 13:00 Uhr beginnen wird, soll gezeigt werden, wie nützlich Hanf sein könnte, wenn es kein bürokratisches Erlaubnisverfahren gäbe. Gefordert wird unter anderem eine freie Samenwahl auch für CannabisbäuerInnen!
Hanfparade 2015: RednerInnen auf der Auftaktkundgebung
Mit den Zwischenkundgebungen vor dem Bundesministerium für Gesundheit um 15:00 Uhr und vor dem Berliner Dom beim Lustgarten um 16:00 Uhr soll daran erinnert werden, dass Patienten immer noch nur in Ausnahmefällen Hanf nutzen dürfen. Gefordert wird eine unbürokratische und kostenfreie Cannabismedizin für alle, die sie benötigen. Zudem wird darauf Aufmerksam gemacht, dass die schlimmste Nebenwirkung des Freizeitkonsum von Haschisch und Marihuana die Strafverfolgung ist.
Hanfparade 2015: RednerInnen auf den Zwischenkundgebungen
Die große Abschlusskundgebung der Hanfparade 2015 vor dem Brandenburger Tor, die um 17:00 Uhr beginnen wird, bietet Livemusik und Reden auf der Dinafem-Bühne und der Sensi Seeds-Bühne, ein Nutzhanfareal, das Sensi Seeds-Forum für Hanfmedizin sowie viele Infostände und Mitmachangebote. Das Programm bietet bewusst außer Reden, in denen politische Botschaften zur Meinungsbildung verkündet werden, auch Musik an – dies jedoch nicht nur zur Unterhaltung. Etliche Texte der auftretenden Bands enthalten wesentlichen Botschaften im Sinne der Ziele der Hanfparade: Die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel.

Hanfparade 2015: Programm der großen Bühne

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https://blogs.taz.de/drogerie/2015/08/06/gefahrenabwehr-staerken-zur-hanfparade-kommen/

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kommentare

  • Ich denke, die meisten wissen nicht, was sie tun bzw. für wen sie es tun. Wir sehen, daß z. B. in einigen Staaten der USA der Hanfanbau legalisiert wurde. Und wir sehen, wie dort Wälder abbrennen und ganz zufällig auch die Felder der Hanfanbauer, die nun weitgehend ruiniert sind. Wir sehen aber auch, wie Saatgutkonzerne ruinierten Landwirten großzügige Hilfen anbieten – über patentiertes genmanipuliertes Saatgut. Und wir sehen, wie sich das Freihandelsabkommen mit den USA seinem Endziel nähert.

    Leider sieht niemand alle diese Dinge im Zusammenhang. Denn am Ende der Kette könnte durchaus stehen, daß plötzlich ein US-amerikanischer Konzern (der nicht zwangsläufig Mosanto heißen muß), ganz Europa mit Marihuana-Saatgut versorgt und dann quasi das ist, was vordem noch die so hart verfolgte Rauschgift-Mafia tat. Wollen wir das wirklich?

  • Ich war auf der ersten größeren „Hanfparade“ 1997, damals noch vom Ernst-Reuter-Platz startend Richtung Brandenburger Tor. Für mich eine Riesen-Enttäuschung. Ich wähnte mich beinahe bei der Love-Parade, zumindest war die Stimmung ähnlich. Es wurde Musik gemacht, getanzt und gefeiert. Mir aber war überhaupt nicht nach feiern zu mute. Schließlich haben wir ja ernste Forderungen. Die Auswirkungen des BTMG können existenzgefährdend sein, die Leute werden verfolgt, verhaftet, diskriminiert, bestraft, eingesperrt. Sorry, aber solange sich das nicht ändert, kann ich nicht feiern ! Übrigens standen damals am Straßenrand viele ältere Zuschauer, welche anscheinend überhaupt nicht wußten, für was da eigentlich „demonstriert“ und warum gleichzeitig getanzt wird. Na, wie es der Name eben schon sagt, es ist ’ne Parade. Trotzdem, Viel Spaß an alle Teilnehmer.

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