vonHans Cousto 02.10.2015

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Trotz Repression: Noch nie gab es so viel Marihuana in Europa wie heute: Bei Cannabis und Haschisch lag 2013 der geschätzte Jahreskonsum in Europa bei 2500 Tonnen, wobei Frankreich und Dänemark zu den Ländern mit den höchsten Konsumraten gehören, gefolgt von Spanien, den Niederlanden und Deutschland. Obwohl Marihuana fast überall verboten ist und von Seiten der Strafverfolgungsbehörden rigoros gegen Dealer und Produzenten vorgegangen wird, haben von 2000 bis 2011 die Sicherstellungen im EU-Raum um 165 Prozent zugenommen. Eine Faustregel besagt, dass immer nur zwischen 5 und 10 Prozent der tatsächlich gehandelten Menge beschlagnahmt werden kann.

Über 7 Milliarden Euro Repressionskosten in Europa: In Deutschland wird etwa 1 Milliarde Euro für die Strafverfolgung und Sanktionierung wegen Cannabis ausgegeben. In Frankreich ebenfalls rund eine Milliarde Euro. In der Schweiz sind es über 200 Millionen Franken. Eine Hochrechnung kommt auf mindestens 7 Milliarden Euro Repressionskosten im Kampf gegen Cannabis innerhalb der EU. So viel Europas Drogenpolitik kostet, so gering ist ihr Erfolg: Beim Cannabis kann die Polizei weder auf der Angebots- noch auf der Verbraucherseite etwas ändern.

Drogenbusiness mit Folgen für die Realwirtschaft: Der Schaden, den der Krieg gegen Drogen in der Wirtschaft anrichtet, ist enorm und fördert zudem Korruption und Gewalt. Wer sein Geld im illegalen Marihuana-Business macht, legt es kaum nach Renditepunkten an; primär will er einfach sein Geld waschen und dessen illegale Herkunft verschleiern, zum Beispiel in Immobilien in Berlin. Das führt zu einer Wettbewerbsverzerrung, da andere Marktteilnehmer, die ihr Geld legal erwirtschaften, benachteiligt sind.
Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD), Bild: Sebaso, CC-BY-SA 4.0
Abbildung 1: Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist gegen eine allgemeine Legalisierung von Cannabisprodukten. (Bild: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller während der Langen Nacht der Startups 2015, erstellt am 5. September 2015 von Sebaso, CC-BY-SA 4.0)

Die Morgenpost  berichtete unter dem Titel „Michael Müller gegen Freigabe von Cannabis“ am 1. Oktober 2015, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) einer Freigabe von Marihuana und Haschisch „sehr kritisch“ gegenüber stehe. Dies habe Müller bei einer Veranstaltung der Stiftung Zukunft Berlin im Roten Rathaus gesagt. Mit der Debatte müsse man „sehr sensibel“ umgehen und in seinem eigenen Umfeld habe er Kenntnis davon bekommen, wie Cannabisprodukte der Einstieg in den Konsum härterer Drogen sein könnten, warnte der SPD-Politiker. Er sei offen dafür, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen, aber gegenwärtig befürworte er die Freigabe nicht.

Michael Müller versucht die wissenschaftlich längst überholte „Einstiegsdrogentheorie“ in unzulässiger Weise verkürzt hoffähig zu machen. Dennoch hielt er sich einen „Notausgang“ für seine Aussage offen, indem er erklärte, er sei offen dafür, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. Martin Steldinger vom Hanf Museum ist ihm hierbei zur Hilfe beigesprungen und startete eine Petition, die sich an Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, richtet und ihn zu einer öffentlichen Rücknahme der wissenschaftlich überholten „Einstiegsdrogentheorie“ zu Cannabis auffordert. Jeder kann ihm hierbei helfen, einen „sehr sensibelen“ Umgang mit dieser Thematik zu erlernen durch Schreiben von intelligenten Kommentare.
Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0
Abbildung 2: Thomas Isenberg ist der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und spricht sich für eine Legalisierung von Cannabisprodukten aus. (Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0)

Bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor im Rahmen der diesjährigen Hanfparade unterstützte Thomas Isenberg die Forderung nach einer vernünftigen neuen Regulierung im Bereich Cannabis. Die SPD in Berlin wird im Herbst eine Mitgliederbefragung auch zu diesem Thema durchführen. Mehrere SPD-Kreisverbände haben in den letzten Monaten deutlich Verbesserungen bei Prävention, Jugendschutz sowie kontrollierte Produktion und lizenzierter Abgabe für Erwachsene gefordert. Auch in anderen Bundesländern macht sich die SPD auf den Weg. Denn die bisherige Cannabis-Gesetzgebung ist gescheitert. Doch, wie eine von der CDU in Auftrag gegebene Umfrage ergeben hat, muss Thomas Isenberg noch viel Überzeugungsarbeit in seiner Partei leisten, denn die Mehrheit in der SPD ist da mit ihrer Meinung immer noch eher rückständig.

SPD-Experten fordern: Umdenken bei  Cannabis ist nötig! Von Repression zur Regulierung – Eckpunkte einer sozialdemokratischen Drogenpolitik. Im September 2015 trafen sich eine Menge Sozialdemokraten und Fachexperten bei der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Vorgestellt wurden die Ergebnisse des Arbeitskreises Drogenpolitik, die in dem Positionspapier „von Repression zu Regulierung – Eckpunkte einer sozialdemokratischen Drogenpolitik“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Das Studium dieses Positionspapieres aus seiner Partei könnte Michael Müller helfen, einen „sehr sensibelen“ Umgang mit dieser Thematik zu erlernen.
Frank Tempel, drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, Bild: CC BY 2.0
Abbildung 3: Frank Tempel ist drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke und befürwortet eine Legalisierung von Cannabisprodukten. (Bild: Frank Tempel, Mitglied des Deutschen Bundestages für Die Linke, CC BY 2.0)

Frank Tempel  begann 1993 eine Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst in Thüringen und arbeitete dann bis 1996 als Polizeibeanter in Saalfeld. Im Dezember 1996 begann er dann eine Weiterbildung an der Verwaltungsfachhochschule FB Polizei in Meiningen, welche er im Dezember 1998 als Diplomverwaltungswirt (FH) erfolgreich abschloss. In der Folge wurde er zum Kriminalbeamten im gehobenen Dienst ernannt. Von 1995 bis 2002 war Frank Tempel zudem in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) aktiv tätig, darunter zwei Jahre als Landesvorstand der Jungen Gruppe der GdP in Thüringen.

Seit 2010 ist Frank Tempel drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Hierbei ist es sein Anliegen, präventive Ansätze auszubauen und für eine Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten einzutreten, ja Frank Tempel fordert als drogenpolitischer Sprecher der Linkspartei die Legalisierung aller Drogen. Im Gespräch vom 20. März 2015, das Sebastian Pfeffer mit Frank Tempel geführt hatte, erklärte Tempel, warum das Verbot der Gesellschaft schadet und Strafverfolgung die kriminelle Szene nur stärker macht. Sein Fazit: „Der Staat hat über teilweise sehr gefährliche Substanzen komplett seine Hoheit aufgegeben. Deshalb bedient der Schwarzmarkt die Nachfrage, was für den Konsumenten extrem risikoreich ist.

39 Prozent der Berliner für Hasch-Freigabe

Die Berliner Boulevard-Zeitung BZ veröffentlichte am 27. September 2015 unter dem Titel „Die Cannabis-Frage – 39 Prozent der Berliner für Hasch-Freigabe“ die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage, die von der CDU in Auftrag gegeben wurde. Hierbei offenbart sich die Sachkompetenz und die Überzeugungskraft von Frank Tempel, weil in keiner anderen Partei sich so ein hoher Anteil für eine Legalisierung aussprach wie bei den Linken. Hier die Daten in der Übersicht:
Ergebnisse einer Forsa-Umfrage zur Legalisierung von Cannabis in Berlin, September 2015
Abbildung 4: Alte CDU-Wähler lehnen eine Legalisierung von Cannabis am stärksten ab, junge Wähler der Linken befürworten diese am häufigsten.

Der Cannabis-Irrsinn

Jahr für Jahr werden Hunderte von Millionen in die Cannabis-Repression gepumpt. Ändert das etwas am Angebot oder an der Nachfrage? Verbessert sich dadurch der Konsumenten- oder Jugendschutz? Das Gegenteil ist der Fall. Während die Konsumenten kriminalisiert und schikaniert werden, profitieren Dealer, kriminelle Banden und international operierende Kartelle. Jahr für Jahr teilen sie sich die Milliardengewinne, während der Staat leer ausgeht.

Der Journalist Mischa Hauswirth zeigt in seiner Analyse, die der Nachtschatten Verlag unter dem Titel „Der Cannabis-Irrsinn – Warum uns das Verbot schadet“ veröffentlichte, anhand von neuesten Zahlen auf, wie die europäische Verbotspolitik gescheitert ist und weshalb nur ein Ende der Prohibition verbunden mit dem Einstieg in ein Regulationsmodell den Teufelskreis zu durchbrechen vermag. Wer heute über Cannabis diskutiert, sollte wissen, welchen finanziellen Aufwand die aktuellen Gesetze nach sich ziehen und wie der sinnvolle medizinische Einsatz von Hanf unnötig erschwert wird. Unter dem Motto „Die Entscheidungsgrundlage zur aktuellen Hanfdiskussion“ veröffentlichte der Verlag wesentliche Textpassagen aus dem Buch auf einer eigenen Website, damit jeder sich auch ohne Kosten informieren kann. Das Studium dieser Website könnte Michael Müller helfen, einen „sehr sensibelen“ Umgang mit dieser Thematik zu erlernen.
Cover Cannabis-Irrsinn, Nachtschatten Verlag, Solothurn 2015
Mischa Hauswirth: Der Cannabis-Irrsinn – Warum uns das Verbot schadet, Broschur, Umschlag auf Hanfpapier gedruckt, 192 Seiten, Format 14 x 21 cm, EUR 26.80, ISBN: 978-3-03788-350-1

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https://blogs.taz.de/drogerie/2015/10/02/der-cannabis-irrsinn/

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kommentare

  • Ich habe selbst zwischen 1987 und 1990 sehr intensive Cannabis konsumiert.

    Die Folge war auf der einen Seite völlige Passivität (ich habe nicht einmal das Aufstehen auf die Reihe bekommen), auf der anderen Seite eine kräftige Paranoia (ich fühlte mich verfolgt).

    Warum sollte ich mit diesem Hintergrund begeistert über eine Legalisierung sein? Ich halte diese für falsch, wir haben schon genug Drogen, die uns kaputt machen.

  • Das Urteil des Bundesverfassungsgericht wird ja auch ignoriert. Obwohl Frankreich härtere Strafen hat, wird dort nicht weniger gekifft. Ergo: Strafen haben nicht die abschreckende Wirkung. Auch das Cannabis toxikologisch weniger schädlich ist, wird einfach vernachlässigt. Stattdessen wird der Alkohol gesellschaftlich zelebriert und der Kiffer landet vor Gericht. Nicht Cannabis ist sozialschädlich, sondern seine Krimininalisierung. Wegen einer kleinen Geschwindigkeitsübertretung befasst sich ja auch nicht sofort der Staatsanwalt mit einem. Und die ist auch gefahrlich. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit scheint bei Cannabis eben nicht zu gelten.

  • Aus dem Fiasko des Alkoholverbotes in den USA während der 20er Jahre haben CDU- und SPD-Politikern ganz offensichtlich nichts, aber auch gar nichts, dazu gelernt.

  • 7 Milliarden Euro Ausgaben für die Bestrafung von Cannabis-Konsumenten. Das ist doch der Wahnsinn!! Wem schaden den schon die Kiffer. Höchstens sich selbst und selbst, das darf nach den letzten Studien mehr als bezweifelt werden.

  • Es ist doch alles gesagt – tausende Male – alle Projekte stehen – doch die Dummheit regiert – egal wie der Möchtegernmeisterbürger gerade heißt.
    Als Hanf noch unser Nahrungsmittel war, hatten wir Dichter und Denker, und was haben wir heute…

  • „warnte der SPD-Politiker. Er sei offen dafür, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen,“

    Tja, dann soll er mal die Millionen fragen, die trotz Cannabis-Konsum ein anständiges Leben führen. So mit morgens in der Frühe aufstehen, seine Aufgaben und Pflichten erledigen, Steuern zahlen (womit er ja bezahlt wird. Wenn er was gegen Cannabis hat, dann soll er seinen Lohn klein rechnen, alles andere wäre ja Heuchelei)

    Und ganz nebenbei könnte er auch mal überlegen, wie vielen Flüchtlingen man mit 7 Milliarden helfen könnte, bzw. wie viele Flüchtlinge es gar nicht geben müsste, wenn das legal wäre. Vielleicht sollten wir ihn mal nach Mexiko schicken, damit er sich vom „Gegenteil“ mal überzeugen kann. Irgendwas daher labern ohne Sinn und Verstand und dabei noch in kauf nehmen, dass täglich 1000de wegen dem Verbot sterben und noch dazu nur Stimmung machen wollen, dass ist mehr als oberflächlich.

  • Die gleiche Politik, die vor einigen Jahren etwa Glücksspiel liberalisierte. In jeder Stadt gibt es nun dunkle Casinos, in denen zig Tausende Menschen ihre Zukunft verspielen. Casinobesitzer wissen das, können jeden Tag etwas dagegen tun, leben aber gesetzlich legitimiert. Bei einem Bekannten, der für den Eigenkonsum wenige Pflanzen angebaut hat, kam neulich die Kripo mit Hunden und sechs Beamten. Der Bekannte wird nun wohl als Straftäter geführt werden.

    Was unterscheidet ihn vom Casinobesitzer? Nun, zuerst einmal, dass er ein reines Gewissen haben kann. Er hat, wenn überhaupt, nur sich selbst geschädigt.

    Moral und Recht…

  • Echt guter Artikel. Die „drogenpolitik“(wenn man ein komplettes verbot überhaupt politik nennen kann)ist nicht nur fehlgeschlagen sondern richtet enorme schäden an.Wer das nicht einsieht der hat scheinbar gar keine Ahnung. Mortler und Groehe sind meiner Meinung nach verbrecher weil sie harmlose menschen kriminalisieren und Patienten ihre medizin verweigern.jeder einzelne krebstote geht auf das konto der beiden den krebs ist mit cannabis heilbar.Sogar sehr gut!Das volk muss sich gegen die Bevormundung des staates und gegen diese verbrecherische „politik“wehren in der der profit des staates höher wiegt als die Gesundheit der menschen.Solange die pharmaindustrie die cdu mit „parteispenden“stärkt wird die cdu nicht zur Vernunft kommen.hoffentlich tut sich was in der spd!Hoffentlich ist die mehrheit halbwegs schlau damit sich die Katastrophale Situation verbessert!

  • ES GIBT KEINEN GENTECHNISCH VERÄNDERTEN HANF!!…
    wie beim klassischen Landbau so erfolgt auch bei Cannabis die Schaffung neuer Sorten ausschließlich durch sorgfältige Auswahl der Elternpflanzen…
    und wie auch die Äpfel durch diese Zuchtwahl immer größer und süßer wurden so werden auch die Cannabisblüten immer größer oder -je nach Zuchtziel-immer THC-reicher.
    Auch wenn das Anliegen des Buches in die richtige Richtung geht, so sollte mann es seinen Gegnern -durch falsche Informationen – nicht so leicht machen.

  • Schöner Artikel. Macht Sinn den Irsinn zu beenden, weil er so sinnlos ist. Es ist einfach ein Paradoxon. Die 7 Milliarden könnten besser angelegt werden. Was könnten wir damit für schöne Schulen, Freizeiteinrichtungen oder Grünanlagen, für unsere Kinder und Enkel, gestalten.

    Liebste Grüße an alle Hanffreundinnen und Hanffreunde 🙂 🙂 🙂

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