Menschenrechte und Freiheit
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen) ist einer der Grundtexte, mit dem am 26. August 1789 die Demokratie und Freiheit in Frankreich und in der Folge in ganz Europa begründet wurden. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte beinhaltet eine Präambel und 17 Artikel. Sie enthalten die grundlegenden Bestimmungen über den Menschen, seine Rechte und die Nation. Sie erklärt, dass es natürliche und unveräußerliche Rechte wie Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Jeder Mensch muss gleich sein, besonders vor dem Gesetz und dem Recht.
Das Leitmotiv der Menschenrechte, das in Artikel 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte festgeschrieben wurde, lautet:
„Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.“
Analog heißt es hierzu in Artikel 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland:
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
BtMG = unerträgliches Unrecht
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stellt die Vorbereitungshandlungen (Erwerb, Besitz) für den Genuss bestimmter psychotroper Substanzen unter Strafe, jedoch sieht das BtMG für die Vorbereitungshandlungen für den Genuss anderer psychotroper Substanzen keine Strafe vor. Strafwürdig ist nur der Umgang mit in den Anlagen I bis III zu § 1 BtMG aufgeführten Substanzen (Stoffe). Cannabisprodukte sind in den Anlagen aufgeführt und somit ist der Umgang damit strafwürdig. Da jedoch aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse der Umgang mit Cannabisprodukten weniger schädlich ist als beispielsweise der Umgang mit Alkohol, muss die im gesetzten Recht festgelegte Liste der „verbotenen Stoffe“ als willkürlich und somit als nicht gerecht (unerträglich ungerecht) respektive „unrichtiges Recht“ bezeichnet werden. Zudem beeinträchtigen Erwerb, Besitz und Genuss von Cannabisprodukten nicht den Genuss und/oder die Lebensqualität anderer Menschen. Somit verstößt das BtMG gegen die Grundprinzipien der Menschen- und Bürgerrechte. Auch in dieser Hinsicht muss das BtMG als „unrichtiges Recht“ bezeichnet werden.
Der Begriff „unrichtiges Recht“ wurde von dem Rechtsphilosophen Gustav Radbruch (bekannt durch die Radbruchsche Formel) im Jahr 1946 in dem Aufsatz „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht“ eingeführt. Da die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland sich mehrfach auf diesen Aufsatz bezog, zählt dieser Aufsatz zu den einflussreichsten rechtsphilosophischen Schriften des 20. Jahrhunderts.
Recht und Ethik
Das Recht ist die verbindliche Ordnung des allgemein akzeptierten Verhaltens innerhalb einer Gruppe (Staates), das ein Angehöriger dieser Gruppe gegenüber anderen Mitgliedern äußert. Das Recht ordnet menschliche Beziehungen. Der Genuss von psychotropen Substanzen wie Cannabis betrifft nur den Konsumenten selbst, er untersteht somit nur individualethischen Regeln und entzieht sich folglich als Verhalten des Einzelnen dem Recht als Regelung menschlicher Beziehungen. Jedem Menschen einen großen Spielraum einzuräumen, wie er sein Leben in eigener Verantwortung führen will, ist Kennzeichen einer liberalen Rechtsordnung.
Mit der Begrenzung des Rechts auf eine Regelung der Beziehungen zu anderen Menschen hängt ein Grundsatz des heutigen Strafrechts zusammen: Nur ein Verhalten, das die Rechtsgüter anderer Menschen oder einer ganzen Gruppe unmittelbar beeinträchtigen könnte, kann strafwürdig sein. Es genügt dazu nicht, dass die Mehrheit einer Gruppe, selbst eine kompakte Mehrheit, ein Verhalten moralisch verurteilt. Damit wird dem Strafrecht ethische Bedeutung nicht abgesprochen. Die Menschen zu bewahren vor äußerlich zugefügtem Schaden an Leib und Leben sowie Freiheit, Ehre und Eigentum, ist ebenfalls eine Aufgabe der Ethik, jedoch nicht der Individual- sondern der Sozialethik. Abgelehnt wird einzig die Auffassung, die Gebote der Individualethik oder gar der Religion strafrechtlich zu sichern. Ein Blick auf das Wirken der Inquisition oder das Wüten des Strafrechts in totalitären Staaten zeigen, welche Irrwege eröffnet werden, wenn das Strafrecht das Einhalten religiöser, moralischer oder politischer Überzeugungen gewährleisten soll.
Der Bundesgesetzgeber verbietet durch das „Cannabis-Strafrecht“ auf Grundlage der Aufnahme von Cannabis in Anlage I zu § 1 BtmG Handlungen, die dem Konsum von Cannabis notwendig vorausgehen oder ihn begleiten, nämlich Anbau, Erwerb, Besitz, Veräußerung und Einfuhr. Diese Handlungen stellt der Bundesgesetzgeber unter Strafe. Damit bezweckt er, den Konsum von Cannabis zu unterbinden. Er greift somit in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz ein. Strafbewehrt dürfen jedoch nur sozialschädliche und sozialgefährliche Verhaltensweisen sein. Nicht dagegen solche, die der grundrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmung des Bürgers unterliegen.
Vergleiche hierzu auf der Website der Hanfparade die Texte „Menschenrechte und Freiheit“ sowie „Recht und Ethik“.
Das Wüten des Strafrechts im Drogenkrieg
Die Durchsetzung des Strafrechts gegen Drogenkonsumenten und Drogenhändler kann zu heftigen Bürgerkriegen führen. Beispielsweise werden die bewaffneten Konflikte in Mexiko als Drogenkrieg in Mexiko bezeichnet, die sowohl von Polizei- und Militäreinheiten gegen die im Drogenhandel tätigen kriminellen Organisationen als auch unter den Angehörigen der Drogenkartelle selbst ausgetragen werden. Von 2006 bis 2016 hat der Drogenkrieg in Mexiko über 185.000 Opfer gefordert. Der Drogenkrieg wütet jedoch nicht nur in Mexiko, sondern auch andere Staaten in Mittel- und Südamerika sind betroffen, vor allem El Salvador, Nikaragua und Kolumbien.
Auch in Asien eskaliert der Drogenkrieg immer wieder in diversen Staaten, zuletzt vor allem auf den Philippinen. Bei Polizeirazzien und durch Auftragsmörder sind auf den Philippinen in den vergangenen Monaten Tausende mutmaßliche Drogenkriminelle getötet worden. Menschenrechtsgruppen sind angesichts dessen alarmiert – US-Präsident Donald Trump hingegen zeigt sich, wie der Spiegel am 24. Mai 2017 unter dem Titel „Morde auf den Philippinen – Trump lobt Duterte für blutigen Anti-Drogenkrieg“ berichtete, beeindruckt: Bei einem Telefonat mit dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte habe er dessen umstrittenen Anti-Drogenkampf in den höchsten Tönen gepriesen. Und vor wenigen Tagen gab der Verteidigungsminister der Philippinen, Delfin Negrillo Lorenzana, bekannt, dass der Präsident kommende Woche ein landesweites Kriegsrecht verhängen könnte, wenn die Proteste der Kommunisten und linken Gruppierungen gegen Dutertes Drogenkrieg aus dem Ruder liefen. Organisiert werden die Proteste von der „Bewegung gegen die Tyrannei“. Die Proteste fallen auf das 45. Jubiläum der Einführung des Kriegsrechtes am 21. September 1972 duch den Diktator Ferdinand Marcos. Dieser wurde durch das Volk im Februar 1986 gestürzt und starb im September 1989 im amerikanischen Exil.
Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, erklärte nicht nur einmal: „Der immer wieder zitierte ‚Krieg gegen Drogen‘ existiert in Deutschland nicht. Vielmehr stehen wir an der Spitze einer modernen Drogen- und Suchtpolitik.“ Doch auch in Deutschland starben schon Menschen im Rahmen der Fahndung nach Drogen durch staatliche Organe. Beispielsweise strab der aus Sierra Leone stammende Laye Condé bei der Brechmittel-Vergabe unter Zwang in Gewahrsam der Bremer Polizei. Die Brechmittel-Prozedur hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2005 als Folter verurteilt. In Bremen hatte sie jahrelang System. Bis zu Condés Tod und auch, nachdem 2001 in Hamburg der Nigerianer Achidi John daran starb, haben Politiker, Polizei und Staatsanwaltschaft in Bremen die Brechmittel-Folter verteidigt.
In Burghausen in Bayern starb im Sommer 2014 der Cannabishändler André B. im Rahmen der polizeilichen Fahndung. Er war nicht bewaffnet und hatte seine Verfolger nicht bedroht. Trotzdem schoss ein Zivilpolizist. André B. starb, noch bevor der Notarzt kam. Auch in Deutschland endet die Fahndung nach Drogenhändlern manchmal tödlich – auch in Deutschland gibt es Opfer aufgrund des Krieges gegen Drogen.
Der Theologe Michael Kleim, Mitglied im Schildower Kreis, schrieb am 14. August 2017 „Kein Krieg wird so verharmlost wie der Drogenkrieg. Keine Verletzung der Menschenrechte wird so verharmlost wie die Prohibition. Keine Gefährdung der Demokratie wird so verharmlost wie die sogenannte Drogenbekämpfung.“
Deutschlands Mitwirkung im Drohnenkrieg
Am 14. September 2017 berichtete Deutschlandfunk Kultur in der Sendung „Weltzeit“ unter dem Titel „Khost in Afghanistan – Wo der Drohnenkrieg der USA im Schatten tobt“, dass in der Provinz Khost im Osten Afghanistans Drohnenangriffe der USA seit 2001 zum Alltag gehören. Tausende Menschen wurden so aus der Luft getötet. Die Befehle werden auch über die US-Airbase Ramstein in Deutschland geleitet. Laut dem Bureau of Investigative Journalism, einer in London ansässigen Journalisten-Gruppierung, die den US-Drohnenkrieg beobachtet, ist Afghanistan das am meiste von Drohnen bombardierte Land der Welt. Allein für den Zeitraum Januar 2015 bis August 2017 zählte das Bureau in London über 4.000 Todesopfer in Afghanistan. Und seit Beginn der Präsidentschaft Trumps fanden bereits über 2.000 US-Luftangriffe in ganz Afghanistan statt. Laut der UN hat sich die Anzahl ziviler Opfer bereits drastisch erhöht.
US-Drohnenangriffe sind auch im Jemen relativ häufig, obwohl es sich dabei ganz klar um völkerechtswidrige Angriffe handelt. Manchmal trifft es nicht sogenannte Terroristen, sondern friedliche Hochzeitsgesellschaften. US-Drohnenpiloten auf verschiedensten Militärbasen nutzen die US-Airbase Ramstein für die Steuerung der Killerdrohnen in weltweiten und illegalen Kriegseinsätzen. In Ramstein analysieren und aktualisieren etwa 650 Mitarbeiter ständig die Überwachungsdaten der vermeintlichen Zielpersonen und leiten ihre Daten dann weiter.
Der Drohnenkrieg wird seit langen Jahren von der Friedensbewegung verurteilt, wie man in der Selbstdarstellung der Kampagne Stopp Ramstein nachlesen kann. Dieser Protest erhielt eine entscheidende Wendung durch die Enthüllungen von Edward Snowden in 2013 über die flächendeckenden NSA-Abhörpraktiken, die die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, Opfer von gezielten Tötungen weltweit zu lokalisieren. Für Edward Snowden war die Kenntnis des aus seiner Sicht zutiefst unmoralischen Drohnenkrieges auf Basis der NSA-Abhördaten das entscheidende Motiv, um zum Whistleblower zu werden, wie er es wiederholt in Interviews äußerte.
Die Fakten zum Drohnenkrieg von Edward Snowden wurden ergänzt und konkretisiert durch den früheren Drohnenpiloten Brandan Bryan, der erstmals Informationen zu der Relaisstation in Ramstein der Weltöffentlichkeit publizierte und in Interviews präzisierte. Der Protest gegen die US Air Base Ramstein begann jedoch schon viel früher und führte bereits im Juli 2006 zum Ramsteiner Appell. Darin wird der Bundestag aufgefordert, die Nutzung von US-Militärbasen zur Vorbereitung und Durchführung von völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Angriffskriegen zu verbieten, wie es der Artikel 26 des Grundgesetzes zwingend vorschreibt.
Jung & Naiv befragte im Dezember 2016 die Deutschen zur Rolle der US-Basis Ramstein in Rheinland-Pfalz. Die Bundesregierung hatte ja Ende 2016 eingeräumt, dass Ramstein als Relaisstation für die weltweiten US-Drohnenangriffe dient. Deutschland sei damit Teil des US-Drohnenkriegs. Jung & Naiv wollten von den Bürgern wissen, ob die Bundesregierung den Amerikanern die Nutzung Ramsteins für den Drohnenkrieg grundsätzlich erlauben sollte. Die Hälfte der Deutschen lehnt das deutsche Mitwirken am US-Drohnenkrieg ab. 26 Prozent finden, dass die Bundesregierung die Nutzung Ramsteins als Relaisstation grundsätzlich erlauben sollte. 24 Prozent antworteten mit „Weiß nicht“.
To be or NATO be
Im Juli 1988, als die Grünen noch eine Friedenspartei waren, gaben sie die Broschüre „Militärblock West – To be or NATO be – Die NATO-Broschüre der Grünen“ heraus, in der sie das Militärbündnis wegen seiner Handlungsweise in sehr kritischer Weise beschrieb.
Abbildung 1 zeigt die Titelseite der Broschüre „Militärblock West – To be or NATO be – Die NATO-Broschüre der Grünen“
„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ (Englisch: To be, or not to be, that is the question) ist ein Zitat aus der Tragödie Hamlet, Prinz von Dänemark, von William Shakespeare. Zitiert wird der Satz in Situationen, die für jemanden existenziell von Bedeutung sind. Die Formulierung „To be or NATO be“ ist eine Allegorie auf das besagte Zitat.
Als die Grünen noch eine Friedenspartei waren, prägten sie den Spruch „To be or NATO be“. Heute findet man diesen Spruch nicht mehr in den Wahlprogrammen der Grünen, dafür ist er weltweit auf Friedensdemonstrationen zu sehen, nicht nur in Ramstein, wie auf dem folgenden Bild zu sehen ist.
Abbildung 2 zeigt das Banner „To be or NATO be“ auf einer Demonstration anlässlich des NATO-Gipfels im Juli 2016 in Warschau. Grafik des Banners: Doro Tops.
Die Grünen entstanden vor Jahrzehnten aus der Öko- und Friedensbewegung. Ein Symbol der Friedensbewegung war die Friedenstaube, die man seinerzeit auf vielen großen Demonstrationen in Westdeutschland sehen konnte. Heute sucht man sie vergeblich in den Wahlprogrammen der Grünen, doch auf Friedensdemonstrationen sieht man sie immer noch häufig.
Abbildung 3 zeigt eine Friedenstaube, wie man sie heute häufig auf Friedensdemonstrationen sieht. Grafik: Doro Tops.
Das oben wiedergegebene Zitat des Theologen Michael Kleim kann sinngemäß wie folgt umformuliert werden „Kein Krieg wird so verharmlost wie der Drohnenkrieg. Keine Verletzung der Menschenrechte wird so verharmlost wie die Drohnenmorde. Keine Gefährdung der Demokratie wird so verharmlost wie die sogenannten gezielten Tötungen mittels Drohnen.“