vonHans Cousto 04.02.2018

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Aus den verschiedenen repräsentativen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center in den letzten Jahren in den USA kann man gut herauslesen, aus welchen gesellschaftlichen Gruppen (Kohorten) die meisten Befürworter oder Gegner einer Legalisierung von Cannabis kommen. Treffen auf eine Person Attribute wie jung, gebildet, konfessionell ungebunden und demokratisch wählend zu, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Person für die Legalisierung von Cannabis ist. Treffen auf eine Person hingegen Attribute wie alt, bildungsfern, fundamentalistisch evangelikal und republikanisch wählend zu, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Person gegen die Legalisierung von Cannabis ist. Gemeint ist hier nicht nur die Legalisierung von Cannabis als Medizin, sondern genauso die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel für den Freizeitgebrauch.

Die Altersgruppen

Die älteste Altersgruppe (geboren zwischen 1928 und 1945) wird als die Gruppe der „Silent“ bezeichnet. Die zweitälteste Altersgruppe wird als die Generation der „Boomer“ bezeichnet (geboren zwischen 1946 und 1964). Noch jünger ist die sogenannte „Generation X“ (geboren zwischen 1965 und 1980). Die Jüngsten sind die „Milliennals„, die zwischen 1981 bis 1997 auf die Welt kamen.

In der jüngsten Altersgruppe, den Milliennals, befürworten derzeit genau doppelt so viele Leute die Legalisierung von Cannabis wie in der Gruppe der Ältesten, den Silents. In der Gruppe der Jüngsten liegt derzeit der Anteil der Befürworter einer solchen Legalisierung bei 70 Prozent, in der Gruppe der Ältesten bei 35 Prozent – die einzige Altersgruppe mit einer Minderheit für die Legalisierung. Bei der zweitältesten Gruppe der Boomer liegt der Anteil der Befürworter der Legalisierung von Cannabis bereits bei 56 Prozent und in der drittältesten Gruppe, der Generation X, bei 66 Prozent.

Grafik 1 zeigt als Zeitreihe von 2008 bis 2017 die Anteile der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis nach Altersgruppen sortiert. In den Jahren 2009 und 2012 wurde in den Umfragen das Alter nicht abgefragt. Die Daten für diese zwei Jahre wurden durch lineare Interpolation generiert. Datenquellen: Pew Research Center
Grafik 1 zeigt als Zeitreihe von 2008 bis 2017 die Anteile der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis nach Altersgruppen sortiert. In den Jahren 2009 und 2012 wurde in den Umfragen das Alter nicht abgefragt. Die Daten für diese zwei Jahre wurden durch lineare Interpolation generiert. Datenquellen: Pew Research Center

Vor zehn Jahren lagen die Anteile der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis außer bei den Ältesten fast auf dem gleichen Niveau, bei den Jüngsten mit 36 Prozent sogar etwas niedriger als bei den beiden mittleren Altersgruppen: Generation X mit 38 Prozent und die Boomer mit 39 Prozent.

Lernfähigkeit in den Altersgruppen

Ein altes Sprichwort sagt, der Kopf sei rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Dies scheint wohl für jüngere Leute mehr zu gelten als für ältere Leute. In der jüngsten Altersgruppe haben fast dreimal so viele Menschen innerhalb der letzten zehn Jahre ihre Meinung zu Gunsten einer Legalisierung von Cannabis geändert wie in der ältesten Altersgruppe.

Grafik 2 zeigt den Zuwachs der Anteile der Menschen in den einzelnen Altersgruppen zu Gunsten einer Legalisierung von Cannabis im Zeitraum von 2008 bis 2017. Datenquellen: Pew Research Center
Grafik 2 zeigt den Zuwachs der Anteile der Menschen in den einzelnen Altersgruppen zu Gunsten einer Legalisierung von Cannabis im Zeitraum von 2008 bis 2017. Datenquellen: Pew Research Center

Der Zuwachs war bei den Millennials mit 34 Prozent am größten, gefolgt von der Generation X mit 28 Prozent, der Boomer Generation mit 18 Prozent und den ältesten Leuten, die Silents, mit nur 12 Prozent.

Signifikante Unterschiede bei den religiösen Einstellungen

Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession respektive zu keiner Konfession spielt bei der Häufigkeit einer Zustimmung zu einer Legalisierung von Cannabis ebenso eine große Rolle wie das Alter. Bei den menschen, die sich keiner Konfession zugehörig fühlen, befürworten 78 Prozent eine Legalisierung von Cannabis. Bei den fundamentalistischen evangelikalen Protestanten sind es nicht einmal halb so viele – gerade mal 38 Prozent. Das sind vor allem Leute, die ihren Kindern in der Schule am liebsten Religion statt Ethik oder Kreationismus statt Evolutionslehre (Darwinismus) verordnen.

Grafik 3 zeigt die Zustimmung zur Legalisierung von Cannabis in den USA nach Konfessionen aufgeschlüsselt. Datenquellen: Pew Research Center
Grafik 3 zeigt die Zustimmung zur Legalisierung von Cannabis in den USA nach Konfessionen aufgeschlüsselt. Datenquellen: Pew Research Center

Im Mittelfeld der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis befinden sich die Katholiken mit 52 Prozent und die gemäßigten Protestanten (mainline Church, mainline Protestant) mit 64 Prozent. Mainline Church ist in den Vereinigten Staaten eine Bezeichnung für protestantische Kirchen mit moderater Theologie, die offen sind für neue Ideen und gesellschaftliche Veränderungen, ohne ihre historische Basis und Tradition des christlichen Glaubens hierbei aufzugeben. Bemerkenswert ist, dass einzig bei den fundamentalistischen evangelikalen Protestanten wie auch einzig bei der Gruppe der ältesten Menschen es noch eine Mehrheit gibt, die gegen eine Legalisierung von Cannabis ist. Der Prototyp der Befürworter einer repressiven Drogenpolitik ist eher alt und extrem fromm.

Je höher die Bildung, desto größer die Zustimmung

Die Umfragen zeigen immer wieder, dass gebildete Leute einer Legalisierung von Cannabis eher zustimmen als Leute aus bildungsfernen Gesellschaftsschichten. Dies zeigt sich auch an Abstimmungsergebnissen im Umkreis der besten Universitäten in verschiedenen Gegenden.

Besonders interessant waren die Abstimmungsergebnisse in Massachusetts, wo im November 2016 über die Legalisierung abgestimmt wurde. Dort stimmten 53,6 Prozent der Legalisierung von Cannabis zu. Gemäß New York Times waren es in der Hauptstadt Boston 62,4 Prozent und in Cambridge, wo die Harvard Universität sowie das Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) ansässig sind, waren es sogar 71,3 Prozent. Beide Universitäten zählen zu den besten Universitäten auf der Welt. Im Academic Ranking of World Universities (ARWU) 2016 belegte die Harvard Universität den ersten, das M.I.T. den fünften Platz. Und auch die Universität von Boston zählt mit dem 75. Rang zu den hundert besten Universitäten auf der Welt.

Cambridge liegt nördlich von Boston und ist mit der Hauptstadt in den letzten Jahrzehnten zusammengewachsen. Gleiches gilt für die Stadt Somerville, wo viele Professoren und Studenten wohnen, die in Cambridge und Boston unterrichten respektive studieren. In Somerville stimmten 75,6 Prozent für die Legalisierung.

Der Hauptcampus des staatlichen Universitätssystems von Massachusetts liegt nicht in der Hauptstadt Boston, sondern etwa 100 Kilometer westlich davon in der Stadt Amherst. Dort stimmten 74,5 Prozent für die Legalisierung. In der Nachbarstadt Northampton, Verwaltungszentrum des Hampshire County und Wohnort vieler Studenten, votierten 68,9 Prozent für die Legalisierung. Offenbar stimmen intelligente und gebildete Menschen eher einer Legalisierung von Cannabis zu als weniger gebildete Leute aus bildungsfernen Schichten.

Gleiches gilt auch für Kalifornien, wo nicht nur viele der großen Konzerne der Digitalwirtschaft ihren Firmensitz haben, sondern wo es auch auffallend viele sehr gute Universitäten gibt. Dazu zählen die Stanford University (ARWU-Rang 2), die University of California, Berkeley (Rang 3), das California Institute of Technology (Rang 8), die University of California, Los Angeles (Rang 12), die University of California, San Diego (Rang 14) und die University of California, San Francisco (Rang 21). Das heißt, ein Viertel der zwei Dutzend besten Universitäten auf der Welt sind in Kalifornien beheimatet.

In San Francisco sind gleich fünf Universitäten beheimatet. Außer der University of California befinden sich dort die 1855 gegründete University of San Francisco, die 1899 gegründete San Francisco State University, die 1901 gegründete Golden Gate University und die 1929 gegründete Academy of Art University. San Francisco hat somit ein breit gefächertes Bildungsangebot und ist weit mehr als ein Sehnsuchtsort für nostalgische Hippies, die dort in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts auf LSD umherschweiften. Und in San Francisco haben bei der Abstimmung im November 2016 ganze 74,3 Prozent der Abstimmungsteilnehmer ein Votum für die Legalisierung abgegeben.

Nun wissen wir, wes Geistes Kind die Prohibitionisten sind.

Vergleiche hierzu in diesem Blog

[01.02.2018] Amnestie für Kiffer in San Francisco
[28.10.2017] USA: Wachsende Zustimmung für die Legalisierung von Cannabis

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https://blogs.taz.de/drogerie/2018/02/04/die-crux-mit-den-evangelikalen/

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