Das Hanf Museum ist seit 1994 in der Bundesrepublik das einzige seiner Art und neben denen in Bologna, Barcelona, Uruguay und Amsterdam eines von nur wenigen weltweit. Im Herzen Berlins, im Nikolaiviertel, können sich die interessierten Besucher*innen ein umfassendes Bild über die alte Kulturpflanze machen.
Das Hanf Museum wurde am Nikolaustag im Nikolaiviertel unweit von der Nikolaikirche eröffnet. Was Eltern ihren Kindern kaum erzählen – weil sie es nicht wissen –, dass der originäre Nikolaus, Nikolaus von Myra, aus dem Gebiet der heutigen Türkei stammt. Der Nikolaustag wird in Gedenken an Nikolaus von Myra gefeiert, einer der populärsten katholischen Heiligen, der am 6. Dezember zwischen 345 und 351 verstarb. Geboren wurde Nikolaus von Myra in Patara, einer Stadt in der heutigen Türkei zwischen 270 und 286. Myra in Lykien, heute Demre, ist ein kleiner Ort etwa 100 km südwestlich von Antalya in der heutigen Türkei. Im 4. Jahrhundert war der Ort Bischofssitz, die Einwohner sprachen Griechisch.
So wie Eltern ihren Kindern alles Mögliche über den Nikolaus erzählen, nur oft nicht die historische Gegebenheit, so erzählen viele Eltern ihren Kindern alles Mögliche über Hanf, jedoch nur selten die wahren Gegebenheiten bezüglich dieser alten Kulturpflanze. Um diesem Informationsdefizit entgegen zu wirken und um fundiertes Wissen zu erlangen, empfiehlt es sich für Eltern mit ihren Kindern das Hanf Museum zu besuchen. Die Ausstellung zeigt viele Aspekte betreffend die Nutzung von Hanf.
Das Hanf Museum
Schon seit einem viertel Jahrhundert besteht das bundesweit einzige Hanf Museum und präsentiert Schulklassen, Touristen und interessierten Gästen eine umfassende und vorurteilsfreie Ausstellung über die alte Kulturpflanze Hanf. Aus reiner Eigeninitiative, ohne öffentliche Förderung, betreibt eine handvoll engagierter Menschen das Museum, um möglichst vielen Leuten altes und neues Wissen um den Hanf zugänglich zu machen.
Durch sieben Räume zieht sich ein roter Faden beginnend mit botanischen Eckdaten, dem landwirtschaftlichen Anbau und der Ernte des Hanfes. Weiter geht es mit der Gewinnung von Rohstoffen aus den verschiedenen Pflanzenteilen. Es wird der Faseraufschluss durch Brechen, Schwingen und Hecheln dargestellt, sowie Vor- und Weiterverarbeitung der abfallenden Schäben. Die Darstellung der Fasernutzung ist ein wichtiger Bereich. Von Garnen, Seilen und Tuchen bis hin zum Zelluloseaufschluss und der Papierherstellung ist die Nutzungsmöglichkeit der Hanffaser enorm vielfältig.
Das Hanf Museum zelebriert das Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür, den der Nikolaus beginnt, indem er pünktlich um 10:00 Uhr das Museum öffnet. Während der normalen Öffnungszeiten bis 20:00 Uhr werden im Stundentakt Anekdoten und Highlights präsentiert, hanfige Imbisse geboten und Livemusik gespielt.
Die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten von Hanferzeugnissen lässt erahnen, wie wichtig die Wiedereingliederung dieser Kulturpflanze in unsere Wirtschaft ist. Da ökologische Folgekosten immer stärker miteinbezogen werden müssen, ist der Raubbau und die Ausbeutung fossiler Rohstoffe schon lange unbezahlbar. Darum sollten wir lernen unsere täglichen Bedürfnisse mit nachwachsenden Rohstoffen zu befriedigen, so dass auch folgenden Generationen eine lebenswerte Erde vorfinden.
Der Hanf kann hierbei eine Schlüsselrolle spielen. Wenn er großflächiger angebaut wird, und sowohl die Erntetechnik als auch die Verarbeitungstechnik dahingehend weiterentwickelt werden, dass die gesamte Pflanze – vom Stiel bis zum Samen – als Rohstoff genutzt werden kann, dann können Hanferzeugnisse sowohl in regionalen Wirtschaftskreisläufen eine entscheidende Rolle spielen, als auch dem ökologischen Ausverkauf der Erde entgegenwirken.
Bis Anfang unseres Jahrhunderts war der Hanf eine unersetzliche Kulturpflanze. Erst die Entdeckung des Holzaufschlussverfahrens verdrängte den Hanf aus der Papierherstellung, da der Wald als unendlich verfügbare Ressource angesehen wurde. Baumwollprodukte eroberten aufgrund der billigen und Menschen verachtenden Sklavenarbeit den Textilmarkt.
Seile und Tücher
Das Seil, ein Gegenstand den Jeder von uns kennt und den Jeder von uns schon einmal benutzt hat. Doch welche Entwicklung es genommen hat und welche Bedeutung es für uns Menschen hatte, ist leider nur noch den wenigsten bewusst. Dabei war doch das Seil im Mittelalter allgegenwärtig. Es hing in jedem Brunnen, um daran den Eimer hinab- und hinaufzulassen. Es hielt die Steine, die teilweise große Höhen überwinden mussten, um Kathedralen, Türme, Burgen und befestigte Städte zu bauen und es ermöglichte erst die Schifffahrt, ja auch die Segel waren aus Hanf. Ja der Hanf, ein natürlich wachsender Rohstoff, ermöglichte eine Schifffahrt ohne Abgase.
Die Automatisierung von Arbeitsschritten, wie sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Industrialisierung geschah, ging fast spurlos an der Seilherstellung vorüber. Seile wurden weiter so hergestellt wie man es von früher kannte. Nur die Vorverarbeitung des Rohstoffes Hanf, also das Brechen und Rösten der Hanfstengel wurde bald maschinell erledigt. Aber ansonsten verlor das Handwerk (vorerst) nichts an seiner Bedeutung. Erst zum Ende des 19 Jahrhunderts nahm auch in der Seilherstellung die Nutzung von Maschinen verstärkt zu. Die alte Kunst der Seiler verlor immer mehr an Bedeutung und geriet spätestens zu Zeiten des Wirtschaftswunders samt ihrer Naturrohstoffe Hanf und Flachs fast vollkommen in Vergessenheit. Heutzutage gibt es nur noch wenige, die dieses alte Handwerk praktizieren.
Hanf als Heilmittel
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Cannabisprodukte in Europa und Amerika etablierte medizinische Mittel. Es gab Fertigpräparate von diversen pharmazeutischen Unternehmen. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war durch widerstreitende Aspekte gekennzeichnet. Die Diskreditierung von Cannabis als Rausch- und Genussmittel führte auch zur Diskreditierung des Einsatzes von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Zudem trug die forcierte Entwicklung synthetischer Medikamente – darunter Aspirin, Chloralhydrat, Barbiturate und Opiate – zur Verdrängung von nicht standardisierten Naturprodukten bei.
In den 1940er Jahren wurde THC, dessen exakte Struktur noch nicht bekannt war, erstmals in der Therapie eingesetzt. So berichtete Samuel Allentuck aus den USA Anfang der vierziger Jahre über die erfolgreiche Behandlung von Entzugserscheinungen bei Opiatabhängigkeit mit THC. Das Interesse an der Cannabisforschung erwachte erneut mit der exakten Identifizierung der chemischen Struktur des THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) im Jahre 1964 durch die israelischen Wissenschaftler Yechiel Gaoni und Raphael Mechoulam. Nunmehr setzte ein verstärktes Interesse an der Erforschung der Chemie, der Verstoffwechselung und der möglichen schädlichen und nützlichen Wirkungen von Cannabis und einzelner Cannabinoide ein. Ein zweiter Boom folgte Anfang der 1990er Jahre nach der Entdeckung des körpereigenen Endocannabinoidsystems mit seinen körpereigenen Cannabinoiden, den Endocannabinoiden, und ihren Bindungsstellen, den Cannabinoidrezeptoren.
In Deutschland sind seit dem 10. März 2017 Cannabisblüten und Cannabisextrakte als Arzneimittel zugelassen, wenn diese aus Anbau zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle beziehungsweise Importen stammen. Die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente e.V. (IACM) wurde jedoch bereits im März 2000 gegründet und setzte sich sehr aktiv für die Rechte der Patienten und die Zulassung von Cannabis als Medizin ein. Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Kenntnisse über Cannabis, die Cannabinoide, das Endocannabinoidsystem und verwandte Themen. Im Archiv des IACM findet man alle Ausgaben der IACM-Informationen und der monatlich erscheinenden ACM-Mitteilungen. Eine Suche in den IACM-Informationen mit Stichwörtern erlaubt eine Recherche zu medizinischen und politischen Entwicklungen seit der Jahrtausendwende.
Hanf – ein gesundes Lebensmittel
Die Hanfsamen und Lebensmittel, die aus ihnen gewonnen werden, enthalten keinerlei psychotrope Bestandteile (da diese vornehmlich in den Blüten der reifen weiblichen Pflanze produziert werden). Essbare Hanfsamen stammen stets von industriell genutztem Hanf. Die Samen der psychoaktiven Verwandten sind einfach viel zu kostbar, um sie zu essen. Hanfsamen und Hanfsamenprodukte können also von Menschen jeden Alters zu sich genommen werden. Ihr Genuss wird keinerlei berauschende Wirkung haben und in jedem Fall nur gesundheitsfördernd sein.
Hanfsamen, die für den menschlichen Verzehr hergestellt werden, enthalten normalerweise etwa 25% Protein, 34% Kohlenhydrate und 31% Fett (hauptsächlich in Form von Hanfsamen-Öl) ebenso wie einen hohen Anteil an Ballaststoffen und verschiedene wertvolle Vitamine und Mineralien. Auch Hanfsamenkerne sind eine gesunde Alternative zu Nüssen für Personen die allergisch auf Nüsse reagieren, da sie roh gegessen oder als Hanfnussbutter zubereitet verzehrt werden können.
Tag der offenen Tür zum 25. Geburtstag des Hanf Museums
Freitag, 6. Dezember 2019 – Eintritt frei
Geöffnet von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr
Mühlendamm 5, 10178 Berlin-Mitte
Direkt vor dem Hanf Museum befindet sich eine große Baustelle (Bürgersteig und Fahrbahn werden erneuert). Dadurch ändert sich immer wieder der Zugangsweg zum Hanf Museum, der jedoch stets gut mit Hinweisschildern markiert ist. Das Museum ist aber dennoch jeden Tag geöffnet, außer am Montag.
Vergleiche hierzu in diesem Blog
[04.12.1994] 20 Jahre Hanf Museum