Am 7. November 2019 wurde der Jahresbericht der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) für das Jahr 2018 veröffentlicht. Der Bericht liefert umfangreiches Zahlenmaterial und Hintergrundinformationen zur Drogensituation in Deutschland. Die Preise und Reinheitsgehalte der auf dem Schwarzmarkt gängigen Drogen sind in dem Workbook Drogenmärkte und Kriminalität enthalten.
Handel und Schmuggel
Gemäß Bundeslagebild 2018 des Bundeskriminalamtes (BKA), das am 30. September 2019 veröffentlicht wurde, wird der Handel mit Kokain in Deutschland vorwiegend von Ausländern bewerkstelligt. Von insgesamt 3.839 Tatverdächtigen waren 2018 – wie im Vorjahr – rund 42 Prozent deutsche Staatsangehörige. Unter den 2.222 nichtdeutschen Tatverdächtigen dominierten türkische (13 Prozent), vor albanischen (12 Prozent) und libanesischen (7 Prozent) Staatsangehörigen.
Nachdem im Jahr 2017 – insbesondere aufgrund einzelner Großsicherstellungen in Häfen – mit rund 8 Tonnen eine Rekordsicherstellungsmenge von Kokain in Deutschland verzeichnet wurde, belief sich die Gesamtsicherstellungsmenge nach polizeilichen Erkenntnissen im Berichtsjahr auf gut 5 Tonnen. Nach dem Vorjahr stellt dies die bislang zweitgrößte Gesamtsicherstellungsmenge von Kokain in Deutschland dar. Nachdem bereits 2017 in Antwerpen und Rotterdam, den Haupteinfallstoren für Kokain aus Südamerika nach Europa, insgesamt rund 46 Tonnen Kokain sichergestellt wurden, meldeten die genannten Häfen für das Jahr 2018 mit insgesamt rund 70 Tonnen einen neuerlichen Sicherstellungsrekord. Die Beschlagnahmung von solch großen Mengen hatte jedoch keine Auswirkungen auf den Schwarzmarkthandel. Es wurden deswegen keine Lieferengpässe und auch keine Preissteigerungen beobachtet. Und auch die Reinheit des gehandelten Kokains hat deswegen nicht abgenommen. Drogenhändler berichten, dass die Beschlagnahmungen den Handel nicht stärker beeinträchtigen täten, als Ladendiebstähle den Handel mit anderen Konsumgütern.
Die Reinheit von Kokain im Zeitvergleich
Im Straßenhandel zeigte sich in den letzten Jahren eine signifikante Erhöhung des Wirkstoffgehaltes von Kokain. Vor zwei Jahrzehnten pendelte der Wirkstoffgehalt von im Kleinhandel angebotenen Kokain in Deutschland gemäß Jahresberichte der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) zwischen 40 Prozent und 50 Prozent. Nach der Jahrtausendwende sank der Wirkstoffgehalt bis zum Jahr 2006. Kokain kam damals mit einem Wirkstoffgehalt von durchschnittlich 24,6 Prozent in den Straßenhandel. Seit dem hat sich der Wirkstoffgehalt mehr als verdreifacht und lag im Jahr 2018 bei durchschnittlich 77,0 Prozent.
In der Schweiz enthielten 2018 über 60 Prozent der untersuchten Proben einen Wirkstoffgehalt von mehr als 80 Prozent, gut 20 Prozent einen solchen zwischen 60 und 80 Prozent. Der Kokaingehalt der analysierten Proben variierte stark und lag zwischen 2,3 Prozent und 100,0 Prozent Kokain-HCl (HCl = Hydrochlorid). Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt lag 2018 bei 77,8 Prozent. Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ und bei den mobilen Drug-Checkings getesteten Kokainproben lag im dritten Quartal 2019 bei 81,7 Prozent Kokain-HCl. Im Verglich zu 2018 entspricht dies einer Zunahme von 5 Prozent. Da seit ein paar Jahren nur noch minimale Unterschiede bezüglich der Reinheit von Kokain in Deutschland und der Schweiz bestehen, kann davon ausgegangen werden, dass auch in Deutschland die Reinheit im Jahr 2019 nicht abgenommen, sondern eher zugenommen hat.
Im dritten Quartal 2019 waren in der Schweiz 34,9 Prozent aller Kokainproben, welche im DIZ oder bei den mobilen Drug-Checkings zur Analyse abgegeben wurden, mit mindestens einer pharmakologisch wirksamen Substanz gestreckt. Am Häufigsten wurde Levamisol (25,6 Prozent der Proben) und Phenacetin (5,8 Prozent) beigemischt. Des Weiteren wurden Lokalanästhetika (1,6 Prozent) und Koffein (7,4 Prozent) analysiert. 65,2 Prozent enthielten keine pharmakologisch wirksame Streckmittel.
Preisentwicklung von Kokain im Straßenhandel
Im Jahr 2018 lag in Deutschland der durchschnittliche Preis für ein Gramm Kokain in Straßenqualität bei 70,30 Euro. Im Vergleich zu 2003 lagen die Preise pro Gramm Kokain in Deutschland im Straßenhandel im Jahr 2018 etwa 17 Prozent über dem Preis von 2003, wobei die Qualität respektive der Reinheitsgrad besser respektive höher war als 2003. In diesem Zeitraum betrug die Teuerung (Inflationsrate) insgesamt gemäß Angaben des Statistischen Bundesamtes Statista etwas mehr als 24 Prozent. Der Kleinhandelspreis für Kokain in Straßenhandelsqualität stieg somit deutlich weniger stark an als die allgemeine Teuerung im gleichen Zeitraum. In den Jahren 2017 und 2018 sind die Preise im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr sogar etwas gesunken. In der folgenden Grafik sind die Preise für Kokain im Straßenhandel als Zeitreihe von 2003 bis 2018 dargestellt.
Zum Vergleich: In den Niederlanden lag gemäß des Trimbos-instituut 2018 der durchschnittliche Preis für ein Gramm Kokain in Straßenqualität bei 49,30 Euro. In den letzten Jahren schwankte dort der Preis für ein Gramm Kokain in Straßenqualität zwischen 52,70 Euro im Jahr 2014 und 48,75 Euro im Jahr 2016. Auf dem niederländischen Schwarzmarkt herrscht bezüglich Kokain Preisstabilität mit kleinen Schwankungen, obwohl in den Hafenstädten Antwerpen und Rotterdam im Jahr 2018 vom Zoll etwa 70 Tonnen Kokain beschlagnahmt wurden. Solche Beschlagnahmungen haben offensichtlich keinen Einfluss auf das Marktgeschehen.
Kokainpreise bezogen auf den Wirkstoffgehalt
Da das Kokain im Straßenhandel heute mehr Wirkstoff enthält als in den vergangenen Jahren, erhält man heute im Straßenhandel mehr Kokain und weniger Streckmittel für sein Geld. Deshalb ist es von Interesse, wie viel man eigentlich für den eigentlichen Wirkstoff Kokain bezahlt. Hier zeigt es sich, dass man heute mehr Stoff für weniger Geld erhält.
Im Vergleich zum Jahr 2003 zahlte man beim Straßenhändler im Jahr 2018 deutlich weniger für ein Gramm Wirkstoff Kokain – durchschnittlich nur etwa halb so viel. Im Jahr 2018 zahlte man in Deutschland wie auch im Vorjahr im Schnitt 91,30 Euro für ein Gramm Wirkstoff Kokain-HCl. De facto ist Kokain also in den letzten Jahren deutlich billiger geworden. Der Preis für eine Fahrkarte für Bus und Bahn zum Drogenhändler ist hingegen in der Zwischenzeit in Berlin um 33,3 Prozent teurer geworden. Das Ticket kostete im Jahr 2003 nur 2,10 Euro, heute bezahlt man dafür 2,80 Euro, ab 1. Januar 2020 sogar 2,90 Euro.
Safer Sniffing
Was nur wenige wissen: Auch das Teilen von Sniff-Utensilien wie Röhrchen oder Banknoten kann gefährlich sein. Schon kleine Verletzungen in der Nasenschleimhaut, welche gerade beim Sniffen durch scharfkantige Röhrchen entstehen können, genügen, um sich beispielsweise mit dem Hepatitis-Virus oder Herpes zu infizieren. Deshalb: Kein gemeinsames Benutzen von Röhrchen oder Banknoten beim Sniffen!
Alkohol + Kokain => Cocaethylen
Die Kombination von Kokain und Alkohol wird in gewissen Gesellschaftsschichten nicht selten bei festlichen Anlässen (Hochzeitstagen, Geburtstagsfeiern, Firmenjubiläen) den geladenen Gästen angeboten. Da solche Anlässe zumeist mit einem alkoholischen Aperitif (Apéro) beginnen und das Kokain erst nach dem Konsum alkoholischer Getränke offeriert wird, ist mit einer verstärkten Wirkung des Kokains zu rechnen und zudem macht sich der Alkoholrausch bei den Gästen (wie auch bei den Gastgebern) nicht so stark bemerkbar, da eine Einnahme von Kokain nach dem Konsum von Alkohol zur Bildung der Substanz Cocaethylen im Körper führt. Cocaethylen hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin in gleicher Weise wie Kokain und es kommt zu einer deutlichen Verstärkung und Verlängerung der Wirkung des Kokains auf die vitalen Funktionen, zu einer Steigerung des Aktivitätsdrangs und zu einer Minderung des Alkoholrausches. Konsumiert man hingegen zuerst das Kokain und trinkt erst eine Weile später alkoholische Getränke, tritt dieser Effekt kaum ein.
Cocaethylen ist ein Metabolit von Kokain, der während des Mischkonsums von Kokain und Alkohol in der Leber gebildet wird. Cocaethylen hat ähnliche Effekte wie Kokain, hat aber eine längere Halbwertszeit und ist toxischer. Die Halbwertszeit von Kokain beträgt etwa eine Stunde, die von Cocaethylen etwa zwei stunden und die von Benzoylecgonin (Metabolit von Kokain wie auch von Cocaethylen) beträgt etwa fünf Stunden. Alkohol (Ethanol) bewirkt in der Leber eine Hemmung (Inhibition) der Umwandlung von Kokain zu Benzoylecgonin (ein pharmakologisch nicht wirksamer Stoff, der mit dem Urin ausgeschieden wird), was einen höheren Kokainspiegel im Blut zur Folge hat. Studien zeigen, dass Cocaethylen die pharmakologische Wirkung von Kokain erhöht: Es kommt zu additiver euphorisierender und kardiovaskulär-toxischer Wirkung (erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck). Außerdem verringert sich die durch Alkohol bewirkte Sedierung, der Cortisolspiegel steigt höher an, als nach Kokainkonsum ohne Alkoholkonsum. Durch die längere Halbwertszeit von Cocaethylen und die gleichzeitige Hemmung der Umwandlung von Kokain zu Benzoylecgonin durch den Alkohol, ist der Metabolit Benzoylecgonin deutlich länger im Blut nachweisbar als nach dem alleinigen Kokainkonsum (ohne Alkoholkonsum).
Der Mischkonsum von Alkohol und Kokain stört gemäß diverser Studien auch die körpereigene Thermoregulation, was zu Todesfällen durch Hyperthermie führen kann, insbesondere wenn der Konsum in einem heißen Klima und bei höheren Umgebungstemperaturen getätigt wird. Der Mischkonsum von Alkohol und Kokain ist für viele eine Kombination der Wahl, doch sollte dies nicht zu einer alltäglichen Gewohnheit werden, denn bei weit mehr als der Hälfte der kokainabhängigen Personen, die sich deswegen medizinisch behandeln lassen, kann eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert werden. Alkohol wird oft konsumiert, um das Unbehagen zu lindern, das aus dem Nachlassen der Wirkung von Kokain resultiert. Die größten akuten Risiken, die man bei häufigem gleichzeitigen Konsum von Alkohol und Kokain eingeht, sind plötzliche Herzprobleme wie ein Herzstillstand oder ein Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen.
Parcelsus (Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim) war Arzt, Alchemist, Mystiker und Philosoph. Unter dem Titel Die dritte Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte schrieb er in Septem Defensiones im Jahr 1538 den oft von ihm zitierten Satz: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“ Ein altbekanntes deutsches Sprichwort bringt es analog und sinngemäß mit vier Wörtern genauso auf den Punkt: „Zuviel zerreißt den Sack.“
Sie lesen einen Artikel, in dem es darum geht,dass die Straßenpreise für kokain konstant sind bzw. sogar sinken. wie kommen sie nun dazu, zu schreiben die Preise würden steigen?
PS:Danke für den interessanten Artikel
Mfg