Die Zahl der erfassten Drogendelikte in einem bestimmten Gebiet hängt vor allem von der Intensität der offensiven Fahndung ab. Drogendelikte sind Hauptsächlich sogenannte Kontrolldelikte, ihre Zahl hängt vor allem mit der Zahl der kontrollierten Personen ab. Die Anzahl der erfassten Delikte pro 100.000 Einwohner in einem bestimmten Gebiet bezeichnet man in drogenpolitischen Kreisen als Repressionskoeffizient (in Polizeikreisen als Häufigkeitszahl oder Belastungszahl). Die Zunahme des Repressionskoeffizienten bezeichnet man als Repressionsexpansionskoeffizienten. Die hier wiedergegebenen Daten sind den polizeilichen Kriminalstatistiken der Bundesländer entnommen.
Hamburg hat den höchsten Repressionskoeffizienten
In Hamburg hat die Repression in Sachen Drogen 2018 stärker zugenommen als in allen anderen Bundesländern. Der Repressionskoeffizient stieg in Hamburg innert Jahresfrist um 25 Prozent. Und von 2018 auf 2019 stieg er weiter an, der Anstieg betrug etwas weniger als fünf Prozent. Hamburg ist somit nach wie vor das Bundesland mit dem höchsten Repressionskoeffizienten, hat also die höchste Anzahl an erfassten BtM-Delikten pro 100.000 Einwohner. Über 750 BtM-Delikte pro 100.000 Einwohner wurden dort im Jahr 2019 registriert. Andy Grote (SPD) hat den Posten des Innen- und Sportsenators in Hamburg seit Januar 2016 inne. Aufgrund der hier gezeigten Daten kann Andy Grote mit Fug und Recht als aktivsten Repressionist in Deutschland bezeichnet werden. Ob sein Aktionismus jedoch hilft, die akuten Probleme auf dem Hamburger Drogenschwarzmarkt zu lösen, ist jedoch bei Fachleuten umstritten.
Thüringen auf Rang II
Thüringen lag 2919 in Sachen Repressionskoeffizienten wie im Jahr davor auf Rang II. In Thüringen hat zwar die Zahl der registrierten BtM-Delikte innert Jahresfrist um etwa zehn Prozent abgenommen, doch mit 546 BtM-Delikten pro 100.000 Einwohner im Jahr 2019 reicht es immer noch für Rang II. Im Jahr 2018 wurden noch 611 BtM-Delikte pro 100.000 Einwohner registriert. In Sachen Publikation der Daten zur Kriminalstatistik liegt Thüringen jedoch nicht auf den vorderen Plätzen. Thüringens Minister für Inneres und Kommunales, Georg Maier (SPD), ließ bis dato nur eine Kurzfassung der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für 2019 im Internet veröffentlichen. Darin fehlt die absolute Zahl für die allgemeinen Verstöße im Zusammenhang mit Cannabis, jedoch ist die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr angegeben (Abschnitt 2.6.1). Um die Zahl ausfindig zu machen, muss man das Thüringer PKS-Jahrbuch für 2018 aufrufen und von der dort auf S. 127 angegebenen Zahl die aktuelle Zahl selbst berechnen. Adäquate Information der Bürger scheint nicht Georg Maiers Stärke zu sein.
Es ist schon bemerkenswert, dass in Hamburg, wo die SPD und die Grünen regieren, der Repressionskoeffizient höher ist, als in allen anderen Bundesländern. Thüringen erreicht mit einer Regierung von Linke, SPD und Grüne Rang II in der Repressionsskala. Offenbar scheinen Wahlversprechen von Parteien keinen großen Einfluss auf die real umgesetzte Politik zu haben.
Mecklenburg-Vorpommern auf Rang III
In Mecklenburg-Vorpommern wurden 2019 insgesamt 8.321 BtM-Delikte registriert, im Vergleich zum Vorjahr mit 6.633 registrierten BtM-Deikten entspricht dies einer Zunahmen um 1.688 Delikte respektive um 25,4 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern hat es so von Rang XI im Jahr 2018 auf Rang III der Rangliste der repressivsten Bundesländer in Sachen Drogenfahndung geschafft. Bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2019 von Mecklenburg-Vorpommern am 17. März 2020 erklärte der Innenminister Lorenz Caffier (CDU):
„Gegenüber 2018 ist ein Anstieg von ca. 1.700 Fällen zu konstatieren. Das stimmt mich einerseits zuversichtlich, bildet dieser Anstieg doch überwiegend auch das Ergebnis erfolgreicher polizeilicher Ermittlungen und Kontrollen ab. Nicht nur im Laufe der Bearbeitung von Strafverfahren werden Hinweise auf zusätzliche Betäubungsmittelstraftaten gewonnen. Auch durch weitere Maßnahmen, beispielsweise Verkehrskontrollen der Polizeiinspektionen, ergeben sich Feststellungen auf Rauschgiftkriminalität. Andererseits zeigt sich aber auch, dass zunehmend unkritisch gerade mit dem Konsum von Cannabis-Produkten umgegangen wird.“
In der Kriminalstatistik 2019 von Mecklenburg-Vorpommern findet man jedoch keine Angaben zu den Fallzahlen betreffend allgemeine Verstöße oder Handel und Schmuggel im Zusammenhang mit Cannabis. Deshalb sind die hochgerechneten respektive geschätzten Werte zu diesem Tatbestand in den beiden untersten Grafiken in diesem Artikel farblich hervorgehoben, da von der Fallzahl der allgemeinen Verstöße insgesamt zur Eruierung der allgemeinen Verstöße betreffend Cannabis die durchschnittliche Relation auf Bundesebene angesetzt wurde, die bei 66 Prozent liegt.
Lorenz Caffier, teilte 2019 im Streit um die Präsenz von Sicherheitsbehörden mit einer temporären Polizeiwache auf dem „Fusion“-Festival in Lärz (Mecklenburgische Seenplatte) die Haltung der Polizei. Sie erschienen ihm angesichts des tragischen Unglücks bei der Love Parade in Duisburg 2010 geradezu angemessen. Dass dennoch auf dem Festival mit etwa 70.000 Besuchern, das auf Privatgelände stattfindet, keine Polizeiwache eingerichtet werden konnte, weil die lokalen Behörden und der Bürgermeister von Lärz das Festival wie in den Vorjahren genehmigten, konnte Lorenz Caffier nicht so leicht goutieren. Böse Zungen sagen, dass er deshalb die Polizei vermehrt auf Streife zur Drogenfahndung geschickt habe.
Sachsen liegt wie im Jahr 2018 wieder auf Rang XVI und hat somit den niedrigsten Repressionskoeffizienten bezüglich Drogenfahndung. Berlin liegt wie im Vorjahr auf Rang IV deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Bremen war 2018 noch repressiver als Berlin (1 Rang vor Berlin) doch 2019 war Bremen weniger repressiv als Berlin (1 Rang hinter Berlin).
Häufigkeit der allgemeinen Verstöße insgesamt
Unter allgemeine Verstöße versteht man konsumnahe Delikte wie Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln zum eigenen Verbrauch. Kauf und Verkauf sowie der Import auch von geringen Mengen fallen nicht in die Klassifizierung von allgemeinen Verstößen, sondern werden unter Handel & Schmuggel registriert und geahndet. Bei den allgemeinen Verstößen liegen wie bei der Gesamtzahl der erfassten BtM-Delikten Hamburg auf Rang I, Thüringen auf RanfgII und Mecklenburg-Vorpommern auf Rang III. Sachsen liegt auch hier auf Rang XVI.
Häufigkeit der allgemeinen Verstöße betreffend Cannabis
Hamburg betreibt die intensivste Kifferjagd, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (hochgerechnet und geschätzt, siehe weiter oben). Dann folgen auf Rang III Bremen und auf Rang IV Baden-Württemberg und Thüringen erst auf Rang V. In Thüringen ist halt der Anteil der allgemeinen Verstöße betreffend Speed (Amphetamin) recht hoch und die Fahndung richtet sich nicht so ausgeprägt vorwiegend gegen Kiffer. In Sachsen-Anhalt, Sachsen und im Saarland werden die wenigsten allgemeinen Verstöße betreffend Cannabis in Relation zur Einwohnerzahl registriert.
Betrachtet man den Anteil der allgemeinen Verstöße betreffend Cannabis von allen allgemeinen Verstößen gegen das BtMG, kann man sehen, in welchen Bundesländern bei der Fahndung vor allem Kiffer ins Visier der Polizei geraten. Hier liegt Baden-Württemberg mit 74 Prozent auf Rang I, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 70 Prozent auf Rang II. Der Wert für Mecklenburg-Vorpommern wurde wegen fehlender Daten auf das Niveau des Bundesdurchschnitts gesetzt und ist daher hier nicht aussagekräftig. Im Schnitt betreffen zwei Drittel aller polizeilich registrierten allgemeine Verstöße in Deutschland Cannabis.
Vergleiche hierzu in diesem Blog
[31.03.2020] Kifferjagd auf Rekordniveau
[11.07.2019] Mortlers Wirken im Lichte der Kriminalstatistik
Spannnende Zahlen.
Das wirft so manches Vorurteil über den Haufen. Im kollektiven Kiffergedächtnis gilt doch Bayern als das Reich des Bösen. Bei der Strafbemessung ist es das vielleicht auch. Dass bei der Hatz auf Giftler sich die links regierten Länder so hervortun ist überraschend und beschämend. Für die jeweiligen Regierungen und diejenigen von uns, die ihre langgehegten Vorurteile pflegen auch.
Danke Hans für diese Aufklärung.