vonMartin Kaul 26.01.2010

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Verehrte Bebloggte,

so ein erstes Tröpfchen auf den noch viel zu kalten Stein kann ja immer nur eine Andeutung sein. Ab heute bloggen taz-AutorInnen hier exklusiv über die Randständigkeiten und Mittelmäßigkeiten, über Spitzenthemen in Schulen und Hochschulen und das Tiefseetauchen jener Bildungsverantwortlichen, die in den letzten Jahren viel zu viel verbaselt haben.

Neben unserem Uni-Schwerpunkt auf taz.de wollen wir damit auch Raum für das schaffen, was in Blogs und nicht auf gedrucktes Papier gehört. Hier ist unser Bildungsblog. Zum Nachdenken, zur Provokation, zum Austausch. Wir wollen wissen: Wie lange dauert es bis Schulen und Hochschulen im Web2.0 ankommen? Wir fragen nach den Unbefragten, Ausgegrenzten. Und wir erzählen hintergründig von spannenden und ernüchternden Gesprächen, die den Redaktionsalltag begleiten.

Wie gestern: Ich auf der Suche nach der Vision einer Uni von Morgen, Abgeordnetenplausch im Cafe Einstein, an Berlins Flaniermeile Unter den Linden. Ein SPD-Abgeordneter erzählt von seiner Vision einer offenen Uni. Er Club-Sandwich, ich Latte Machiato: Ja, man könnte doch mal ein paar mehr Gesellen und Meister an die Unis lassen. Vielleicht an der Fernuni Hagen mal ein paar Kurse anbieten. Demnächst soll es eine “Initiative” geben, sagt er. Das heißt übersetzt: Die SPD schreibt einen Antrag, der dann in der Mülltonne verschwindet. Die Idee als Vision zu verkaufen ist, als hielte ich meinen Schreibblock für Visionärer als ein IPhone.

Dazu kommt: Bund ist schwarz-gelb und über NRW-Hochschulen befindet einzig FDP-Vordenker Andreas Pinkwart. Seine FDP ist längst selbst darauf gekommen, dass auch sie um plastische Forderungen nach einem offene(re)n Hochschulzugang nicht herum kommt. In einer Bundestagsdrucksache von Januar 2009 fragt die Bundestagsfraktion der FDP bereits mutig an, wie es um Ideen für eine “Open University” steht. Und selbst der wirtschaftsnahe Stifterverband hat in der vergangenen Woche gefordert, dass die Unis sozial geschlossen, äh geöffnet werden sollen. Was sagt uns das?

Viele brabbeln längst das Gleiche, aber leider häufig wenig Originelles. Wie die SPD, einst Bildungsverfechterin Nummer Eins, aus der Visionslosigkeit kommt, frage ich im Cafe Einstein. Demnächst gibt es Zukunftswerkstätten, sagt er. Was die SPD mir auf diesen Werkstätten dann sagen will, frage ich. Neinnein, die Partei fragt jetzt erstmal andere, sagt er.

Tja, dann bis zur nächsten Vision.

Hier wäre schonmal eine: Wo bleibt denn die Kiez-Kommune, die eine Pilotuni aus Elitegeldern gründet? Mit umgekehrtem Numerus Clausus und radikaler Gegen-Diskriminierung. Die Rap-Hochschule für die Weggedrückten, ein Visionslabor mit Kreativgarantie – und Bildungstitel!

Umgekehrt ist das längst Standard. Guckt Euch mal auf Seite 8 der aktuellen Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks den Bildungstrichter an: Von 100 Akademikerkindern kommen 83 an der Uni an, von 100 Nicht-Akademikerkindern sind es gerade mal 23. Dabei sind die heutigen Goethe-Diplome nicht nur diskriminierend, sondern häufig auch stinklangweilig. Dagegen hilft nur eins: Wir brauchen echte Unis für die Front der heimlich Schlauen. Wer gute Noten hat, darf hier nicht rein. Wie machen nicht auf Goethe, wir machen auf echt. Das ist nur eine Vision unter vielen.

Wenn es um die Bildung von Morgen geht, reicht nicht blabla. Wir fragen weiter. In der taz, auf taz.de und hier im Blog. Heute nur in Andeutungen. Demnächst mehr.

Groß. Schön. Weit.

Fröhlichst trötend,

die Bildungsblogger

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https://blogs.taz.de/ein-bisschen-vision-muss-schon-sein/

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