von 25.05.2010

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Täglich ein anderes Outfit und doch immer das gleiche Kleid (Foto: Meike Winnemuth)

Wie viele Kleider braucht Frau um glücklich zu sein? Meike Winnemuth hat es für sich herausgefunden: Genau eins und das ein ganzes Jahr lang. Im Sommer wie im Winter, zum Ausgehen, Arbeiten und zum Hausputz. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch nachhaltig, denn in dieser Zeit fällt Shoppen zum größten Teil aus. Zu meiner Verblüffung hat sie auch nach einem halben Jahr noch immer großen Spaß daran. In ihrem Blog „das kleine Blaue“ erzählt sie, wie es sich mit nur einem Kleid lebt.

Warum sie das macht? „Verrückte Sachen im Leben macht man eigentlich aus keinem besonderen Grund“, antwortet Meike Winnemuth. Die Journalistin liebt Herausforderungen. In einem früheren Experiment hat sie einen Monat von Hartz IV gelebt und sich dann innerhalb von drei Monaten auf den New York Marathon vorbereitet. Nun also dieses Projekt.

Damit es mit dem einen Kleid nicht langweilig wird, kombiniert sie es immer wieder anders:  Mal ein neues Accessoire, ein anderes Mal trägt sie eine Hose oder ein Shirt unter dem Kleid. Sie fühlt sich so wohl in dem kleinen Blauen, dass sie sich vorstellen kann, nie wieder ein anderes zu tragen. Es tue gut mal nicht drüber nachdenken zu müssen, was man trägt, sagt sie. Und außerdem spare man morgens eine Menge Zeit. Das Projekt habe sie dazu gebracht, sich ihrer eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden und sich Zeit für sie zu nehmen.

Der Verzicht fällt ihr leicht und die Resonanz ihrer Mitmenschen ist durchgehend positiv. Freunde und Bekannten sind so begeistert, dass sie ihr Tücher und Schmuck zur Verfügung stellen um das Kleid aufzupeppen. Anderen fällt hingegen gar nicht auf, dass sie seit nun 188 Tagen dasselbe Kleid trägt. Eine Praktikantin in der Redaktion bemerkte es erst nach drei Wochen.

Aber nicht nur der Kleiderschrank ist durch das Projekt leerer geworden. Das gesamte Jahr steht für die Journalistin unter dem Motto „Inventur“. Jeden Tag sortiert sie ein Teil aus ihrer Wohnung aus, verschenkt es oder wirft es weg. So lernt sie sich von Dingen zu trennen und hofft zu erkennen, was man wirklich im Leben braucht. Früher kaufte sie oft als Trost ein, aus Langweile oder eben einfach nur so zum Spaß.

Das Projekt hat ihre Sicht auf einige Dinge geändert. Mittlerweile kauft sie bewusster und fragt sich: „Brauche ich dieses Teil oder will ich es einfach nur besitzen?“ Trifft Letzteres zu, legt sie das Teil zurück und geht ohne es aus dem Laden. Nachhaltigkeit bedeutet für sie einen bewussteren Umgang mit Dingen. Sie hat zwar Spaß am Konsum, möchte damit aber nicht zur Weltvermüllung beitragen.

Vielleicht probiere ich das Projekt in abgeschwächter Form selbst mal aus. Denn mein Kleiderschrank hätte es auch mal nötig.

Text: Katharina Tron

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