vonKarim El-Gawhary 16.05.2011

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Vor der israelischen Botschaft in Kairo: Foto: 3arabawy- Blog

Der arabische Frühling ist in Israel angekommen, wie wir bei den Demonstrationen zum Nakba-Tag  erlebt haben.  Dieses  Video zeigt die gestrigen Auseinandersetzungen vor der israelischen Botschaft in Kairo.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=KF5UaKiFlq4&feature=player_embedded[/youtube]

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Über 350 Demonstranten wurden verletzt, als Polizei und Armee mit Trännegas und scharfer Munition einschritten, nachdem einige der Demonstranten versucht hatten, in das Gebäude einzudringen. Ich frage mich, ob es weise von den Demonstranten ist, das Thema Israel jetzt aufzubringen, wo noch so viel vor der eigene Türe gekehrt werden muss. Das ein versuchtes Eindringen in eine Botschaft zu einer harten Reaktion der Sicherheitskräft führt, hätte man sich sicherlich vorher überlegen sollen. Das kann kein Land der Welt akzeptieren.

Wie auch immer:  die Prosteste am Nakba-Tag zeigen, dass Israel in Zukunft mit einem neuen Faktor kakulieren muss: der arabischen öffentlichen Meinung. Es reicht nicht mehr, mit ein paar Diktatoren einen Deal abzuschließen.  Man muss die Menschen überzeugen, dass tatsächlich an einer gerechten Lösung in der Palästinenserfrage gearbeitet wird. Übrigens scheint der US-Chefunterhändler in dieser Frage, George Mitchell, seinen Glauben daran verloren zu haben. Er hat am Montag das Handtuch geworfen.

Wir haben überraschend mit Nabil Al-Arabi, dem bisherigen ägyptischen Außenminister einen neuen, sehr  kompetenten Chef der Arabischen Liga. Die ursprüngliche Kandidatur des ägyptischen Kandidats Mustafa Al-Fiqi war in aller letzter  Minute zurückgezogen worden. Al-Fiqi, jahrelanger Botschafter seines Landes in Wien,  galt vielen als Mann des alten Mubarak Regimes.

Der bisherige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amru Musa, wird sich nun auf seine ägyptische Präsidentschaftskadidatur konzentrieren. Ich frage mich allerdings, was Musa für dieses Amt qualifiziert, ausser seinem Bekanntheitsgrad und seiner Popularität, wegen ein paar kritischer Sätze gegenüber Israel. Auch Musa ist ein Mann des Mubarak-Regimes und stand jahrelang dem Regime-Gesamtverein Arabische Liga vor.

Die Aufstände in Syrien, Jemen und Libyen gehen weiter. Am Wochenende kamen acht Menschen in der syrischen Grenzstadt Talkalakh ums Leben. Die Schüsse der syrischen Armee waren bis auf die libanesische Seite zu hören. Hunderte Syrer sind in den letzten Tagen in den Libanon geflohen.

Die Kopten in Ägypten demonstrieren nach den Angriffen auf Kirchen im Kairoer Armenviertel Imbaba weiter, obwohl ihr Papst Schenuda sie aufgefordert hat nach Hause zu gehen und obwohl ihre Demonstration vor dem staatlichen Fernsehgebäude am Wochenende von Schlägern angegriffen wurde.   Es ist ein neues koptisches Selbstbewusstsein zu spüren. Man versteckt sich nicht mehr in Häusern und Kirchen, sondern zeigt auf der Straße, dass Christen ein Teil dieser Gesellschaft sind.

Hier ein Link zu einer kurzen Fernsehgeschichte über Kopten und die ägyptische Revolution, die ich für die ORF-Religionssendung Orientierung produziert habe.

Und radikale Islamisten sprengen im Nordsinai islamische Heiligengräber in die Luft, die sie als Götzengebetsstätten verachten. Das zeigt, dass nicht nur Christen auf ihrer Hitliste stehen.

Das war alles am Wochenende. Mal schauen, was diese Woche bringt.

Ach ja, zum Abschluss noch ein kleiner Beitrag des Arabischen Blogers “Angy Arab”

“Ich wußte immer, dass der IWF den Ruf hat, die Armen zu vergewaltigen, aber ich wußte nicht, dass die das auch wörtlich nehmen”

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