vonPaula Z. 13.08.2007

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Die Mitfahrgelegenheit

“Nepal – wer will mitfahren?” lese ich im Kleinanzeigenteil eines Hamburger Veranstaltungsmagazins, und da ich gerade besonders genervt vom Studentenleben – und von meinen komplizierten Beziehungen zu komplizierten Männern – bin, antworte ich unter der angegebenen Chiffre-Nummer.

Natürlich glaube ich nicht wirklich, das daraus etwas werden kann.
Zwar habe ich gerade ein hübsches Sümmchen erhalten, das meine Eltern seit meiner Geburt für mich angespart haben – das nennt sich “Aussteuer-Versicherung”, aber ich habe nicht vor, in nächster Zeit zu heiraten –, doch eine Reise bis ins Land meiner Träume werde ich mir davon wohl kaum leisten können.

Und dann ruft nach ein paar Tagen dieser Typ an, Rolf, und erzählt mir, dass er zusammen mit seiner Freundin nach Nepal fahren wird, um da einen Mercedes-Bus zu verkaufen – und für eine lächerlich geringe Spritgeld-Beteiligung “Passagiere” mitnimmt. Und das er das bereits zum sechsten Mal macht.
Er habe eine Mappe zusammengestellt zu der Fahrtroute, die auch einige andere wichtige Infos enthalte. Ob ich denn tatsächlich interessiert sei und er mir die zuschicken soll?
Ja klar doch, sage ich, und das Herz klopft mir bis zum Hals.

Nepal, das unerreichbar geglaubte Land auf dem Dach der Welt, ist auf einmal ganz nah gerückt. Das größte Abenteuer meines bisherigen Lebens hat begonnen.

Die Mitreisenden

… lerne ich – mit Ausnahme von Anna, die erst einen Tag vor der Abfahrt von der Mitfahrgelegenheit erfährt und spontan, beinahe ganz ohne Geld und Gepäck, mit einsteigt – bereits Ende Juli bei einem Treffen kennen, das Rolf in der Wohnung eines Freundes veranstaltet und wo wir mit tollen Bildern, aufregenden Geschichten und guten Ratschlägen auf die lange Reise eingestimmt werden.
Als es am 15. August losgeht, sitzen acht Leute im Bus.
Und bald sind nicht nur unser Fahrer Rolf und seine Freundin ein Paar, sondern auch seine sechs “Passagier” – fünf Frauen und ein Mann – teilen sich schnell in Zweiergrüppchen auf:

[wird überarbeitet]

Das Fahrzeug

… ist ein Mercedes 608 älteren Baujahrs, mit abgelaufenem TÜV, Zollnummer und Carnet.
Außer den darin verbliebenen Sitzbänken gibt es im Heck eine riesige Matratze, die tagsüber Ruhelager für müde Mitreisende und nachts das Bett von Catherine und Rolf ist – sofern unser Fahrer nicht gerade mal wieder beschlossen hat, auch während der Nacht weiterzufahren.
Hinter dem (meist von Catherine besetzten) Beifahrersitz steht ein großer, nicht angeschlossener Kühlschrank, vollgestopft mit Vollkornreis, Vollkornnudeln, Knäckebrot und anderen Lebensmitteln, die es unterwegs nicht oder nur selten – und dementsprechend teuer – zu kaufen gibt. Und hinten unter der Matratze befinden sich Konserven und diverse Großpackungen mit Klopapier – “ab Indien braucht man das nicht mehr, aber vorher schon…”.

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Die Route

Am Abend des 15. August verlassen wir Hamburg und durchqueren Deutschland bei Nacht. Am 16.8. fährt Rolf noch durch ganz Österreich hindurch und legt erst hinter der jugoslawischen Grenze den ersten Übernachtungsstop ein.
Dann geht es weiter auf dem “Autoput” in Richtung Süden, und am 18. August ist die griechische Grenze erreicht.
Zwei Tage später, am 20.8., sind wir schon in der Türkei, wo wir in Istanbul fünf Tage Aufenthalt haben.

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Nach Durchquerung der Osttürkei reisen wir am 27. August in den Iran ein, den wir in vier Tagen zügig durchqueren. Im Nordosten des Landes, in Mashad, müssen wir einen Tag lang auf unsere Visa für Afghanistan warten, bevor wir am 31.8. die Grenze passieren können.
Auf der afghanischen Seite der Grenze bleiben wir fünf Tage lang in Herat.

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Dann geht es über Kandahar in die afghanische Hauptstadt Kabul, wo wir eine Woche lang pausieren.
Am 12. September überqueren wir den Khyber Pass und die Grenze zu Pakistan, am 14. 9. die indische Grenze bei Amritsar. Wir verbringen eine Woche im “New Delhi Tourist Camp”, unter anderem, um uns Visa für Nepal zu besorgen, und brechen dann in Richtung Nepal auf.
Am Abend des 23. Septembers schließlich erreichen wir Nepal und passieren die Grenze bei Sonauli.

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Die Strecke

Kurz hinter der nepalesischen Grenze verkündet Rolf, dass wir nunmehr 11.000 Kilometer zurückgelegt haben.

* Namen von Personen geändert

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