vonHelmut Höge 22.11.2009

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1.

Forscher finden Blechschaden-Gen

(Überschrift aus dem „Westfalen-Blatt“)

2.

„Der Wettbewerb (um Ressourcen) hat weder für das Entstehen noch für das Aussterben von Arten irgendeine Bedeutung. Mit uns Menschen kann man hier nicht argumentieren, da wir heute kaum noch der natürlichen Selektion unterliegen.“

(Elisabeth Vrba, Evolutionsbiologin)

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„Wenn die Artbildung durch Wettbewerb geschieht, dann würden wir nicht diese Schübe (bei den Fossilienfunden) sehen… Ich mag es nicht, wenn Leute in unserem Fach mit Begriffen wie ‚kompetitive Artbildung‘ um sich werfen, ohne genau zu sagen, wie das gehen soll. Es ist doch interessant, dass die Idee gerade in Amerika so populär ist – der am meisten kapitalistisch ausgerichteten Gesellschaft von allen. Ich sehe das an meinen Studenten: Die sind vom Konkurrenzdenken geradezu durchdrungen! Bis zu dem Punkt, wo sie krank werden oder sich umbringen…

Vielleicht färben gesellschaftliche Vorstellungen auf die Art und Weise ab, wie man Wissenschaft betreibt, welche Hypothese man zu glauben geneigt ist und welche nicht.“

(Elisabeth Vrba lehrt seit 1986 an der Yale-Universität)

6.

Wikipedia (aus dem Amerikanischen automatisch übersetzt):

„In der Biologie bedeutet Evolution – Änderung des genetischen Material einer Population von Organismen, von einer Generation zur nächsten. Obwohl Veränderungen in einer Generation produziert in der Regel klein sind, häufen sich Differenzen mit jeder Generation und können im Laufe der Zeit zu großen Veränderungen in der Bevölkerung führen, ein Prozess, der die Entstehung neuer Arten erklären kann…“

Filmszene aus „Tim und Struppi“

Der selbe Platz 2008:

Eine Ecke weiter sieht es heute so aus:

(Photos: Peter Grosse)

7.

Neuerdings hat Thomas Pynchon in seinem Roman „Gegen den Tag“ mit einem Luftschiff noch einmal die „Weltausstellung in Chicago“ 1893 überflogen.  Die Wissenschaftshistorikerin Britta Lange hat sich zur gleichen Zeit in  „Echt. Unecht. Lebensecht. – Menschenbilder im Umlauf“ etwas ausführlicher damit beschäftigt, speziell mit den dort in „Völkerschauen“ ausgestellten „echten“ Wilden. Der Großvater des tschuckschischen Schriftstellers Jury Ritcheu gehörte damals auch dazu – verkleidet als Eskimo-Schamane. Ritcheu schrieb über ihn das Buch: „Der letzte Schamane“.

Britta Lange fand heraus: U.a. beteiligte sich auch die Hamburger Firma Umlauff,  mit Hagenbeck verwandt und auf Tierpräparationen sowie Wachsfiguren spezialisiert, an der Weltausstellung in Chicago. Es gab dort ganze „ethnographische  Dörfer“, die u.a. Irland, Lappland, Japan, Dahomé, die Türkei und Österreich vorstellten. Umlauff präsentierte dort zwei „Inszenierungen von Lebewesen“ – von präparierten Fischen bis zu ausgestopften Orang Utans und Schimpansen, mit einem Tierpfleger als Wachsfigur daneben, der den Mitteleuropäer repräsentierte. Dazu erklärte Carl Hagenbeck der Chicagoer Presse: „Wer am Studium der Darwinschen Theorie interessiert ist, hat hier die Möglichkeit, den Fortschritt der Evolution bis zur höchsten Vollkommenheit nachzuvollziehen.“ Der Hamburger Tierpfleger ist des Lebens Krone – genauer.

In diesem Darwin-Jahr nun werden wir vor allem mit den Forschritten der Evolutionsforschung bis zur höchsten Vollkommenheit verblödet.

Und vorneweg bei den Verblödern immer wieder die Harvard-Evolutionsbiologen, die dabei dann im deutschen Feuilleton verbraten sogleich noch rasant einen Zahn zulegen. So schreibt z.B. eine Frauke Hass in der Berliner Zeitung am 3. Dez. 09 über brasilianische Ameisen, von denen einige nachts die Ausgänge ihres Baus von außen verschließen, wodurch sie gewissermaßen selbstlos ihren Tod riskieren, damit die anderen im Inneren desto sicherer sind:

„Mit Selbstlosigkeit hat so ein Verhalten nichts zu tun, denn immer geht es darum, die eigenen Gene weiterzubringen [weiterzubringen!] – kann sein, dass das eben am besten über den Weg enger Verwandten geht, zum Beispiel der eigenen Mutter – die Königin des Staates. ‚Wirklich altruistisches Verhalten kann evolutionsbiologisch nur entstehen, wenn es vor allem Verwandten zugute kommt,‘ sagt Daniel Kronauer, Biologe an der Harvard-University‘.

Aus evolutionsbiologischer Sicht, erläutert Kronauer, ‚ist es bei sozialem Verhalten gegenüber anderen immer auch wichtig, wie verwandt die aufeinandertreffenden Individuen sind: Wenn ich jemandem helfe, der eng mit mir verwandt ist, profitieren auch meine Gene, da sich Kopien dieser Gene mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch in dem Empfänger der Hilfeleistung befinden‘.“

Wie Heinz Sielmann bereits 1968 so schön sagte – zu einem von ihm lebensecht gefilmten Mückenschwarm, der im Abendlicht über einen Teich tanzte: „Sie haben nur ein Interesse – sich zu vermehren.“

Dabei haben die echten Mücken genau das entgegengesetzte Interesse: Sich nicht zu vermehren, also zu verhüten – Genuß ohne Reue! „Denn immer geht es darum“ – um es mit Frauke Hass zu sagen.

Mit dem Antidarwinisten Nietzsche könnte der Mücken Credo lauten: „Werdet selten!“ Zum Glück für die Schwalben gelingt ihnen das nur ausnahmsweise.

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