vonErnst Volland 13.12.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Begrüßung zur Ausstellungseröffnung
“Begegnung mit Ernst Volland” am 11. Dezember 2009

Meine Damen, meine Herren, liebe Gäste und Freunde,

ich danke Ihnen allen, dass Sie heute Abend zur Eröffnung der Ausstellung “Begegnung mit Ernst Volland” in unsere Räumlichkeiten gekommen sind.…und das, trotz vorweihnachlichem Einkaufsstress!

Ich darf mich vorstellen, mein Name ist Bahman Saraie. Der Name “Saraie” bedeutet soviel wie “Heim” oder “Haus” oder „Schloss“, im übertragenen Sinne “der Welt hinzu gehörend”. Und in diesem Sinne möchte ich Sie ganz herzlich willkommen heißen. Und wie wir Iraner bei solchen Anlässen zu sagen pflegen: Betrachten Sie diese Räume als Ihr zu Hause, denn schließlich haben Sie das Licht in dieses Haus gebracht. Die Ausstrahlung Ihrer Anwesen-heit allein, wie ich nun feststelle, macht in der Tat die als provisorisch gedachte Beleuchtung dieser Räumlichkeiten völlig vergessen.

Wie Sie wissen, komme ich aus einem Land, das insbesondere in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat – auch im Bereich Bildender Kunst – u.a durch den Karikaturenstreit. Aber keine Bange, ich werde mich heute Abend zurückhalten und keine größere Rede über die politische Situation oder künstlerischen Positionen im Iran abhalten, und werde auch nicht über die Werke von Ernst Volland sprechen. Denn ich freue mich au-ßerordentlich, dass Herr Prof. Dr. Hüppauf diese schwierige Aufgabe übernommen hat und uns durch die Ausstellung von Volland führen wird. Hierfür möchte ich Ihnen, Herr Prof. Hüppauf, meinen besonderen Dank aussprechen.

Erlauben Sie mir jedoch vorab ein paar einleitende Worte in eigener Sache.

Begegnung. Traditionell werden die kulturellen und künstlerischen Aktivitäten in diesen Räumen stets mit Begegnungen betitelt – Warum? – Ich bin davon überzeugt, dass alles wirkliche Leben Begegnung ist. Begegnungen sind so vielfältig und bunt wie die Welt, wie die Menschen und das Leben selbst. Seit prähistorischer Zeit diente künstlerische Tätigkeit der Interpretation der Welt und sorgte für verschiedenste Arten von Begegnungen der Menschen in der Welt.

Bis heute ist die Kunst das Kraftfeld unserer Kreativität. Und: Sie trainiert unsere Wahrneh-mung und das Vermögen über plurale Weltsichten nachzudenken und mit kulturellen Diffe-renzen produktiv umzugehen.

“Die Kunst gibt der Welt Schwingen”, so hat mal ein französischer Maler die Bedeutung der Kunst beschrieben. Ich glaube, damit hat er nicht ganz unrecht, denn die Kunst ist schöpferi-sche Quelle und Inspiration unseres Gemeinschaftslebens …und damit unserer Begegnungen in der Welt.

Begegnung mit Ernst Volland. Das ist am heutigen Abend die Begegnung mit der Kunst eines außergewöhnlichen Künstlers.

Meine erste Begegnung mit Ernst Volland war, glaube ich, Ende der 70er Jahre als ich nach Deutschland kam. Es war nur ein Plakat, eine Fotomontage, ein Bild also, das mich damals sehr faszinierte.

Es stellte den damalig amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt, halbnackt als Bodybuil-der rechts, und Franz Josef Strauß, halbnackt als Bodybuilder zur Linken dar. In der Mitte, auf den Armen der beiden, thronte Hans -Dietrich Genscher als Frau im Bikini. Darunter stand: Ich find’ beide süß.

Ich wunderte mich damals – natürlich ganz erheblich – darüber, dass man sich hier auch künstlerisch so offen mit führenden Politikern auseinandersetzen kann. In meinem Heimatland war damals wie heute jeder Art des Karikierens von Mächtigen und Machthabern, abso-lut tabu. Das galt als Majestätsbeleidigung bzw.Gotteslästerung. Das ist auch verständlich, denn derjenige, der sich als König der Könige und Licht der Arier oder als Stellvertreter und Bevollmächtigter Gottes auf Erden bezeichnet, kann niemals dulden, ihn und seine Sippschaf-ten ins Lächerliche zu ziehen. Und das von einem normalsterblichen Künstler!

Meine zweite Begegnung mit Ernst Volland war anlässlich unserer Ausstellung mit Philip Heinisch “Kunst und Justiz”. Ich beobachtete einen Mann, still und leise jedoch eilend in den Raum kommen, der sich in den Räumlichkeiten interessiert umschaute. Wir haben auch ei-nige Worte miteinander über die Eigenwilligkeit dieser Räume als Ausstellungsort gewech-selt, ohne dass ich wusste wer er war. Ich antwortete ungefähr so:

Dass ich ganz bewusst nicht an herkömmliche Konzeptionen von Büro- und Ausstellungs-räumen anknüpfen wollte. Denn seitdem der moderne Ausstellungsraum sich vom großbür-gerlichen Interieur abgesetzt hat, werden Kunstwerke immer in einem weißen Galerieraum inszeniert. Die Wirkung, Kunst in einem eher privaten Raum zu erleben, – so wie es noch bis Anfang des 20.Jahrjunderts üblich war – schafft jedoch eine persönliche, lebendige und ungezwungene Begegnung zwischen Künstlern und Publikum. Das ist meine Absicht. Da meine Leidenschaft dem Altbau gehört, mag ich weiße Galerieräume nicht besonders.

Später erzählte mir Herr Heinisch, dass ich mich mit Ernst Volland unterhalten habe. Wir kamen später über Heinisch wieder in Kontakt. Das Ergebnis dieser Begegnung ist die heutige Ausstellung, wofür ich Dir, lieber Ernst, ganz besonders danken möchte.

Ich komme zum Schluss.
Jede Veranstaltung, jede Ausstellung ist nicht die Arbeit eines Einzelnen, sie ist ein Kooperationswerk, das ohne Mithilfe anderer Akteure, ob Künstler, Partner, Freunde und Bekann-te, nicht möglich wäre. Ihnen allen meinen herzlichen Dank! Ganz besonders möchte ich mich aber an dieser Stelle bei meiner Frau – Frau Ute Ulrich – bedanken, die – wie stets – mit ihren kritischen Anmerkungen und beständiger professioneller Unterstützung sowie viel Geduld mir zu Seite gestanden hat.

Meine Damen und Herren, ich wünsche Ihnen allen viele Erkenntnisse und einen anregenden Ausstellungsabend mit guten Gesprächen und vielen roten Punkten an den Werken solange der Vorrat reicht!

In diesem Sinne darf ich Sie, Herr Prof. Hüppauf bitten, uns nun durch Ihre Einführung in die Werke von Volland und beim Gang durch die Ausstellung zu unterstützen.

Dr. Bahman Saraie

Dauer der Ausstellung

12. 12.2009 bis 10. 1. 2010

Öffnungszeiten:  nach Vereinbarung

Mo.-Fr. 15.00 bis 18.00

Sa. 11.00 bis 18.00

Sybelstraße 31, Berlin – Charlottenburg

Ernst Volland, 1975, Plakat und Postkarte

Rote Erde, 2005, Buntstift auf Papier,

178 x 176 cm

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/eroeffnungsrede_dr_saraie_zur_ausstellung_ernst_volland/

aktuell auf taz.de

kommentare