Gut dass man mal drüber geredet hat? Der Welternährungsgipfel der FAO wird in die Geschichte als ein Armutszeugnis internationaler Politik eingehen. Die Weltgemeinschaft der Potentaten und Staatschefs erwies sich einmal mehr als unfähig und unwillg, wirkliche Probleme gemeinsam anzugehen. Ein Vorgeschmack auf Kopenhagen?Die Schlusserklärung wurde bereits in der ersten Sitzung verabschiedet: Floskeln und Allgemeinplätze, Prinzipien und technische Details über die nach wie vor von Eifersucht und Streiterei geprägten internationalen Gremien, die die größte Menschenrechts-Verletzung aller Zeiten, den vermeidbaren Hunger eines Sechstels der Menschheit, weiter verwalten sollen. Zusätzliche Hilfsmittel wurden nicht zugesagt. Wie sich die einzelnen Staaten ihre bisherigen Zusagen zurecht rechnen und wieviel Geld tatsächlich auf dem Tisch liegt, ist selbst Eingeweihten ein Rätsel.
Doch die öffentlichen internationalen Mittel, die in die Bekämpfung des Hungers gesteckt werden sollen, sind ohnehin nicht der entscheidende Punkt. Solange Länder wie Indien (ca 270 Millionen Hungernde) ihre durchaus vorhandenen Mittel zur Bekämpfung des Hungers nicht einsetzen und dafür nicht von der Weltgemeinschaft kritisiert werden, so lange die First Ladies aus afrikanischen Ländern, in denen mehr als 20 Prozent der Bevölkerung hungern, nach Rom zum Shoppen kommen und solange die Länder, die den Weltagrarhandel beherrschen, sich durch untere Chargen vertreten lassen, muss von einem globalen Konsens gesprochen werden, den Hunger zu akzeptieren. Erst wenn die städtische Bevölkerung wieder auf die Barrikaden geht, weil neue Preis-Sprünge auch für sie das täglich Brot unerschwinglich machen, werden, wie im vergangenen Jahr, Krisentreffen einberufen werden, die „das Schlimmste“ verhindern sollen. Das Schlimmste aber ist nicht der Hungertod von Millionen, das Schlimmste ist die Destabilisierung von Regierungen, die in den vergangenen drei Tagen in Rom ihre Untätigkeit hinter mehr oder weniger wohlklingenden Phrasen zu verstecken suchten.
Bis dahin werden sich die FAO und die Weltbank weiter in den Haaren darüber haben, wer denn nun die eigentliche Hoheit über die Hungerprogramme haben soll. Derweil werden reiche Länder in armen Ländern Ackerland aufkaufen, um für die eigene Versorgung mit Lebensmitteln oder auch Agrarsprit vorzusorgen. Für die Nichtregierungs-Organisationen am Katzentisch des Gipfels war dies eines der zentralen Themen. Dem FAO-Direktor blieb nur, zu versprechen, „Verhaltensregeln“ dafür aufzustellen und gleichzeitig derartige „private Investitionen“ zu begrüssen.
Ihm stehen nach dem Gipfel nicht mehr Mittel zur Verfügung als zuvor. Dafür soll ein erweitertes Komitee für Ernährungssicherheit, erstmals auch unter Einschluss von Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft über künftige Maßnahmen diskutieren. Über internationale Gelder und Investitionen wird auch in Zukunft anderswo entschieden. Beispielsweise hier:
10 Milliarden Dollar investiert China in die landwirtschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten allein in diesem Jahr. Damit könnte es mehr bewirken als alle Reden in Rom zusammen. „Wir können nicht zulassen, dass die Chinesen Afrika aufkaufen,“ sagte eine NGO-Vertreterin am Rande des Gipfels. Und mit dieser Meinung trifft sie möglicherweise auch die Stimmungslage vieler westlicher Staatschefs.
1,4 Milliarden investierte die Bill & Melinda Gates Foundation unter der Führung eines ehemaligen Vize-Präsidenten von Monsanto in landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte und will damit v.a. eine „Grüne Revolution“ in Afrika anstossen.
20 Milliarden soll die Weltbank in einem „Treuhand-Fonds der Industriestaaten gegen den Hunger verwalten ohne einen einzigen Betroffenen an der Aufstellung und Umsetzung der Vergabekriterien zu beteiligen.
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