vonJannis Hagmann 23.10.2011

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Nach der Demo ist im Camp wieder Alltag eingekehrt, nachdem in den letzten Tagen Anspannung in der Luft lag und die Nerven der OrganisatorInnen blank lagen. Im Moment gibt ein Mainzer Liedermacher ein Konzert. Und auch die vielen Trommler und Gitarristen werden sicherlich nicht so bald abreisen.

Am Samstag konnte das einhundertste Zelt gefeiert werden. Heute kamen noch einmal fünf dazu. Auch auf Facebook hat die „Occupy Frankfurt“-Seite die 12.000er-Marke knacken können. Außerdem ist in den letzten Tagen die Infrastruktur des Camps weiter angewachsen. Mehrere größere Zelte und Pavillons kamen dazu, in denen zum Beispiel kleinere Versammlungen abgehalten werden können.

„Jetzt müssen wir erstmal wieder zur Ruhe kommen und uns um unsere innere Geschlossenheit kümmern“, erzählte mir Anousha, 21, gestern nach der Demo. Sie gehört zum aktiven Teil der CamperInnen. Nicht wenige im Camp sind eher passiv. Auch viele Obdachlose und Alkoholisierte halten sich im Camp auf. Das ist einerseits schön, weil die soziale Durchmischung ja eines der Kennzeichen und ein Ideal der Bewegung ist. Andererseits war man im Camp aber um das Erscheinungsbild besorgt. Ich habe ja gestern schon geschrieben, dass jemand unter den „Wir sind 99%“-Slogan an einem der Zelte „1%, die arbeiten“ geschmiert hatte. Das zeigt, dass das Camp Gefahr läuft, als Fun-Veranstaltung einiger weniger abgestempelt zu werden, die für so etwas Zeit haben. Ein Teilnehmer der Aktionsbündnis-Demo bezeichnete das Zeltlager gestern als „Happening“. Er würde lieber ernsthaft demonstrieren.   

Neben der Pflege von Image und Erscheinungsbild des Camps stehen verschiedene andere Dinge an: Am Freitag hatte die taz einen Artikel veröffentlicht und davor gewarnt, dass die „Occupy“-Bewegung von der „Zeitgeist“-Bewegung unterwandert wird. Das war stark übertrieben, auch wenn es wahr ist, dass viele „Zeitgeist“-AnhängerInnen im Camp sind. Aber die Bewegung an sich ist breiter als das Camp und „Zeitgeist“ wird natürlich auch im Camp kritisch diskutiert. Vielleicht wird man sich im Camp auch auf eine schriftliche Distanzierung einigen.

Auch der Einfluss von „Anonymous“ tut der Bewegung nicht gut. Youtube ist voll von mysteriös-bedrohlich anmutenden „Anonymous“-Videos über „Occupy Frankfurt“, die sicherlich nicht dazu beitragen, die Bewegung auf ein breites Fundament in der Bevölkerung zu stellen.

Vor allem wird aber zu sehen sein, ob die Samstagsdemo unabhängig vom Camp als Institution etabliert werden kann und ob das Camp weiterhin als Symbol von einer breiten Bevölkerungsschicht akzeptiert wird. Denn das Camp allein ist unbedeutend, nur als Symbol einer demokratischen Bürgerbewegung zählt es. Nächsten Samstag steht die nächste Demo an.  

Dass das Ordnungsamt, das die ganze Sache genehmigt, dem Camp einen Strich durch die Rechnung macht, ist unwahrscheinlich. Die Verhandlungen über die nächste Verlängerung laufen im Moment. Und da sich die Camper laut Ordnungsamt „vorbildlich“ verhalten, ist eine Verlängerung der Genehmigung wahrscheinlich.

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