vonGerhard Dilger 08.10.2011

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Über die Zustände an der Deutschen Schule Puebla erreichen uns folgende Informationen mit der Bitte um Veröffentlichung. Vor kurzem war die Korruptionsaffäre Thema einer Reportage im angesehenen Wochenmagazin Proceso.

Ein Gericht in Mexiko hat ein Verfahren gegen zwei ranghohe VW-Manager eröffnet. Dabei geht es um Unterschlagung und die illegale Auflösung eines Treuhandfonds  von 24 Millionen Pesos (rund 1,4 Mio Euro). Thomas Karig, Vizepräsident von VW Mexiko, und Eric Merkel Reyes, Generaldirektor für Nutzfahrzeuge, wird vorgeworfen, einen Treuhandsfonds, den die Deutsche Schule in Puebla für Witwen und Waisen eingerichtet hatte, widerrechtlich aufgelöst und das Geld abgezogen zu haben.  Klage erhoben hat der Elternbeirat der Schule. „Davon betroffen sind über tausend Schüler“, so der Vorsitzende des Elternbeirats, Augusto Galván.

Die Vorfälle datieren aus den Jahren 2003 und 2005, als der damalige Elternbeirat widerrechtlich und ohne demokratische Wahl in der Hand von Angestellten und Lieferanten der Schule sowie Verwandten und Ehegatten des Schulvorstands war. Gemeinsam beschlossen Schulleitung und Ehegatten plus Angestellte die Auflösung des Treuhandsfonds, in den alle Eltern seit 1992 eingezahlt hatten und der – für den Fall, dass ein Elternteil verstirbt – die Ausbildung der Kinder bis zur Universität garantierte.

Dabei setzten sie sich über Proteste und ein einstimmiges Gegen-Votum der Elternversammlung hinweg. Auch die Statuten des Fonds, dessen Auflösung mindestens die Hälfte aller Eltern hätten zustimmen müssen, wurden übergangen. Das Geld wurde der Schule übergeben, dann verlor sich seine Spur. Thomas Karig fungierte damals und bis heute als Vizepräsident des Schulvorstandes, die Auflösung des Treuhandfonds unterschrieben außerdem seine Frau Barbara und VW-Manager Merkel. Auch der Vorstandsvorsitzende der Schule, Norbert Weiss, und seine Lebensgefährtin Ileana Olmos waren beteiligt und stehen vor Gericht.

„Nach der Auflösung des Fonds kam es zu seltsamen Kapitalverschiebungen innerhalb der Schule und ihr angeschlossener Geschäfte“, so Galván. Etwa wurde das Kapital der schuleigenen Buchhandlung – ein Warenlager in Tante-Emma-Format – um 29 Millionen Pesos (1,6 Mio Euro) in bar erhöht. Ursprüngliches Gründungskapital: 50.000 Pesos. Eigentümer: Karig und Weiss.  Fortan gab es auch keine gewählten Elternbeiräte mehr – bis 2009 einige Eltern unter Einschaltung des mexikanischen Bildungsministerium und der deutschen Botschaft darauf beharrten und der vorhergehende Elternbeirat von den Behörden annulliert wurde, da er nicht gewählt sondern mit erschlichenen Unterschriften registriert worden war. Der Elternbeirat fordert die Rückgabe des Geldes, die Bestrafung der Verantwortlichen und eine transparente Verwaltung der Finanzen der Schule sowie ein Ende der Drohungen und Einschüchterungen des Elternbeirats.

Puebla galt als einer der korruptesten Bundesstaaten Mexikos und war 80 Jahre lang in der Hand der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) bis voriges Jahr erstmals die bürgerliche Opposition gewann. Der letzte PRI-Gouverneur, Mario Marín, hat einen Sohn an der Humboldtschule und machte in Mexiko Schlagzeilen als Protektor eines vor kurzem zu 112 Jahren Haft verurteilten Kinderschänders.

Die Humboldtschule gilt in Puebla als Eliteschule und ist zusammen mit der Amerikanischen Schule die teuerste Bildungseinrichtung. Die jährlichen Schulgelder belaufen sich auf durchschnittlich 4000 Euro pro Jahr. Die Schule erhält Subventionen aus deutschen Staatsgeldern in Höhe von rund einer Million Euro jährlich, davon finanziert werden 14 deutsche Lehrer. Laut Gesetz dürfen deutsche Auslandsschulen nicht gewinnorientiert sein.

Der Schulvorstand bestreitet die Anschuldigungen.

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