Slow food schadet dem Bruttosozialprodukt – die OECD hat das jetzt „wissenschaftlich“ bewiesen, wie ein bemerkenswerter Artikel in der New York Times berichtet: Industriestaaten, in denen die Menschen durchschnittlich weniger als 100 Minuten pro Tag mit Essen verbrachten, steigerten ihr Bruttosozialprodukt in den vergangenen acht Jahren deutlich stärker als die Nationen, in denen es beim Essen kultivierter zuging.
Ganz wohl ist dem Autor bei dieser Korrelation scheinbar selber nicht. Aber Statistik ist Statistik. Oder? Vielleicht, so raisonniert er, essen die Menschen ja nicht so wachstumsstarken Ökonomien deshalb länger, weil es weniger zu tun gibt und nicht umgekehrt. Fragen über Fragen.
Wir hätten für diese Blüte aus dem Garten der Wirtschaftswissenschaften noch eine andere Erklärung parat: Wo die Menschen langsamer essen, vertilgen sie weniger und weil dies gesünder ist, steigern sie das Bruttosozialprodukt auch nicht in gleichem Masse wie die hektiker in den Fast-Food-Nations durch den Verbrauch von Medikamenten und Arztbesuchen, müssen ihre Klamotten nicht so oft dem wachsenden Bauchumfang anpassen, wenden weniger Energie zur Bewegung ihrer Körpermassen auf, haben weniger Zeit für Handy, Shoppen und andere Wertsteigerungsmaßnahmen und werfen schließlich auch noch weniger Essen weg. All das aber ist bekanntlich Gift für’s Bruttosozialprodukt.
Deutschland liegt in diesem internationalen Vergleich übrigens knapp über der magischen 100-Minuten-Terrine – steigerungsfähig also. Dass die Franzosen, die am meisten Zeit mit Essen verbringen, zudem auch noch am längsten von allen OECD-Bürgern schlafen wundert uns nicht im geringsten: Wenn der Schlendrian erst mal Einzug hält… Wenn Sie sich selbst ein Bild darüber machen wollen womit der moderne Industriemensch so seine Zeit totschlägt, schauen Sie nach bei der OECD – und finden Sie mehr als Sie wissen möchten. Und wenn Ihnen der Zusammenhang zwischn BSP und Essenszeiten noch nicht exotisch genug ist: Hier können Sie so ziemlich alles mit allem korrelieren.
Dort findet sich auch, dass die Bewohner aller OECD Länder den mit Abstand größten Teil ihrer Freizeit vor dem Fernseher verbringen. Nicht verzeichnet ist wieviele der 75 bis 120 Essens-Minuten als TV-Dinner verbracht werden.
Wir erwarten nun mit Spannung die nächste Untersuchung der OECD zur alten Frage der statistischen Korrelation zwischen Bruttosozialprodukt und sexueller Aktivität.