von 03.06.2010

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"Noch fünf Minuten, Mutti..." - Eulen haben es früh morgens schwer (Foto: jba/photocase.com)

Ich bin eine Eule. Ich gehe spät ins Bett und schlafe dementsprechend morgens länger. Mit meinem Studenten- und Arbeitsleben passt das natürlich nicht immer zusammen. Und so quäle ich mich oft früh morgens im Halbschlaf an die Uni oder in die Redaktion. Erst gegen Mittag laufen mein Hirn und ich langsam warm. In Deutschland fängt zu meinem Leidwesen immer noch der frühe Vogel seine Würmer. In Dänemark aber regt sich dagegen Widerstand: Gruppen wie die B-Society kämpfen für eine Gesellschaft mit flexibleren Rhythmen.

Denn der Tagesablauf eines Menschen wird von seinem Chronotyp beeinflusst, so die Psychiatrische Uniklinik Basel. Die Schlafforschung unterscheidet zwischen zwei Arten: Den Lerchen, die früh zu Bett gehen und früh aufstehen – und den Eulen, die gerne spät ins Bett gehen und länger schlafen. Diese biologische Uhr ist genetisch bedingt und legt den Schlaf-Wach-Rhythmus jedes Einzelnen fest. Ein „Umerziehen“ ist fast unmöglich. Ein großer Teil der Menschheit lebt also ständig gegen die eigenen Anlagen zu leben – so auch ich.

Eigentlich müsste Arbeitgebern daran gelegen sein, ausgeschlafene Mitarbeiter zu beschäftigen – denn nur die können 100% Leistung bringen. Das gilt nicht nur für Erwachsense: Laut faz.net sind Eulen-Kinder in der Schule benachteiligt, wenn sie in den ersten Unterrichtsstunden Klassenarbeiten schreiben müssen. Seit Jahren fordern Wissenschaftler daher einen späteren Schulbeginn. Und trotzdem schaffen es öffentliche Einrichtungen und Arbeitgeber nicht, sich mehr an uns Eulen anzupassen.

Die dänische B-Society unterstützt  den „way of life“ der Eulen. Sie vergibt Zertifikate an Firmen, die den individuellen Bio- und Arbeitsrhythmus ihrer Mitarbeiter respektieren. Außerdem fordert sie flexiblere Betreuungszeiten in Kindergärten & Co und durchgängige Ladenöffnungszeiten. Nicht nur für die Langschläfer wäre ein Umdenken positiv: Nebenbei könnten so Rush-Hours entzerrt und Arbeitsplätze geschaffen werden, sagt die Stiftung.

Bis es in Deutschland soweit ist, werde ich wohl weiter ohne Frühstück aus dem Haus gehen müssen. Ein Hoffnung bleibt mir jedoch: Angeblich gleicht sich mit steigendem Alter auch der biologische Rhythmus der eingefleischtesten Eulen dem der Lerchen an. Und bis zur senilen Bettflucht ist es dann ja auch nicht mehr weit.

Text: Thea Anders

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