Ich mag ja Ulrike Guérot. Die Leiterin des Berliner Büros des „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) hat schon „Sieben Strategien zur Bändigung deutscher Macht“ veröffentlicht, als meine Deutschland-Beschimpfung „Entschuldigung! Ich bin Deutsch“ gerade erst geschrieben wurde (über die ich wiederum dem Madrider Büro des ECFR mein erstes Interview auf Spanisch geben durfte).
Ich bin mir mit Guérot darüber einig: „Man müsste zunächst politisch Gehör dafür finden, dass Deutschland und seine Politik eben auch Teil des Problems – und nicht nur die Lösung – sind.“ Und ich schätze ihre Art, europäische Wirrungen nicht nur zu Ende zu denken, sondern auch auszusprechen. Aber lesen Sie selbst:
Eurobonds erforderten aber eine durchgreifende Parlamentarisierung Europas. Denn wer gemeinsam für die Schulden haftet, muss gemeinsam über die Ausgaben entscheiden. Die logische Konsequenz von Eurobonds wäre damit ein Eurozonenparlament – also eine Subeinheit des Europaparlaments, zusammengesetzt aus den Euro-Mitgliedsstaaten, offen für diejenigen, die demnächst hinzustoßen (zum Beispiel Polen). Das wäre tatsächlich der Beginn einer politischen Union. … Es geht nicht um Wirtschaftsregierung, sondern kurz um Regierung. Wer das Geld zusammenlegt, sollte zum Beispiel auch über die Frage von Krieg und Frieden gemeinsam entscheiden, ganz einfach weil Kriege viel Geld kosten. Oder sollen wir Frankeich nächstes Jahr als Defizitsünder vorführen, weil es monatelang viele Millionen Euro für den Einsatz in Libyen ausgegeben hat?
Ein Eurozonenparlament. Das über Krieg und Frieden entscheidet. Das wäre in der Tat die logische Konsequenz der Einführung von Eurobonds. Und Eurobonds wiederum sind die logische Konsequenz einer Eurozone, in der die seit Jahrhunderten unterschiedlichen ökonomischen Kulturen von Nord- und Südeuropa ohne Transfermechanismus zusammengebunden sind. Und in der die handelnden Politiker es nicht schaffen, über den Schatten ihrer jeweiligen ökonomischen Kultur zu springen. Kurz zusammengefasst heisst das also: Diejenigen Staaten, die zu borniert sind, um sich in relativ kleinen Fragen wie Inflationsrate oder Arbeitsrecht anzunähern oder gar zu einigen, müssen sich, um ihre gemeinsame Währung zu retten, in der doch deutlich schwerer wiegenden Frage von Krieg oder Frieden darauf einigen, eine Subeinheit des Europaparlaments entscheiden zu lassen.
Tja. So zu Ende gedacht klingt das ein wenig absurd, oder? Ich habe glaube ich hier schon mehrfach betont, dass ich ein Befürworter einer Trennung in zwei Eurozonen bin. Vielleicht kann ich ja auch Ulrike Guérot noch davon überzeugen.