vonlottmann 22.03.2011

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Ovsanna Shekoyan ist erst 21 und wird einmal ein Star des Kunstbetriebs sein. Sie kommt aus Armenien und malt abhängende Jugendliche, die nichts mit sich anzufangen wissen, malt das gegenständlich, leuchtend in den Farben des Sozialistischen Realismus, kombiniert das mit alten erstarrten Angstportraits aus sowjetischen Zeiten. Mit einem Wort: sie malt gegenständlich, politisch, und niederschmetternd schön. Das Zeug werden ihr die Scouts und Sammler bald aus den Händen reißen.
Ovsanna spricht nicht gern. Lieber setzt sie sich mit einer Flasche Jim Beam an den Tisch und steht erst auf, wenn sie leer ist.
Ovsanna sieht gut aus. Ihr sinistres Kharma, in Verbindung mit deutlich erhöhten erotischen Strahlenwerten, könnte ihr im von ältlichen Frauen und Homosexuellen dominierten Kunstmarkt allerdings auch Mißgunst eintragen.

Penka Mincheva kommt aus Bulgarien. Sie kann es kaum fassen, daß sie nach Österreich durfte, Gast der Republik ist, dort unterstützt und gefeiert wird. Ihre Arbeiten sind intelligenter, feiner, durchdachter als die Ovsannas. Aber der leichte Einschlag in die concept art wird die GANZ populäre Wirkung verhindern. Sie malt die (letzten) Pferde der Habsburger und stellt Videoinstallationen eben dieser Pferde daneben. Dazu gibt es ein Statement über den Nationalcharakter der Österreicher, der sich seit 400 Jahren an genau diesen Pferden angeblich ablesen läßt. Alles sehr gut, chic, stimmig, rund. Vom Temperament her ist Penka Ovsannas Gegenteil. Sie redet gern und präzise, ist gewinnend auf allen Ebenen. Ihre bulgarische Großmutter hat ihr Hektoliter selbstgebrannten Schnaps vererbt, mit dem sie alle Kommunikationspartner von den Beinen holt.
Penka hat kurze Haare und sieht wie Jean Seberg aus.

Evelyn Anastasiou ist schon 29 und eine richtige Frau. Das heißt, sie ist groß, schlank, leichtfüßig und doch kräftig. Ihre Kraushaare wirken wie ein frisch beschnittenes junges Baumchen und stehen ab. Sie kommt aus Zypern. Evelyn Anastasiou bearbeitet die Ikonen der popkulturellen Ära des letzten Jahrhunderts. Das Zeitbezogene und Lächerliche dieser Ära wird auf traurige Weise sichtbar, ganz entgegen den ausgestellten Intentionen der Vorlagen. Die Brechungen und kleinen Fehler in den Hochglanzfotos sind erst auf den zweiten Blick zu sehen und geben nur einen Wink, daß noch anderes und weiterreichendes untergegangen ist als Suzy Quattro.
Evelyn lacht viel und versteht noch mehr. Sie ist diejenige von den dreien, die jeder Mann gern mit nach Hause nehmen würde.

Ausstellung ARTIST IN RESIDENCE 2011, 22. bis 25. März werktags 10 bis 17 Uhr im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Concordiaplatz 2, Wien

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