Ob ich am Samstag Zeit für einen Detektiv hätte, fragte die Dame von der Hausverwaltung am Telefon. Es war Freitag. Ich stand im Supermarkt vor dem Gewürzregal. „Er sucht nach Bettwanzen“, erklärte sie wie beiläufig. Im Nachbarhaus habe es „einen Befall“ gegeben. Jetzt gäbe es eine „Inspektion“ in den umliegenden Wohnungen: „Vorsichtshalber.“
Natürlich hatte ich Zeit für den Mann. Er kam mit einer Taschenlampe. Und machte sich umgehend daran, die Nähte von Matratzen, Sesseln und Sofas zu untersuchen. „Gut, dass ihre Bettücher weiß sind, da sieht man die Dinger viel einfacher“, sagte er anerkennend.
Er erklärte mir auch, dass Bettwanzen die Größe und Form von Apfelkernen haben und im satten Zustand rotbräunlich aussehen. Und dass ich, falls ich selber welche finde, sie in ein Plastikgefäß geben und zur Hausverwaltung bringen soll.
An der Wohnungstüre hat er sich als „exterminator“ vorgestellt. So nennen sich Kämmerjäger in den USA. Bis vor zwei Jahren verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Termiten: „Auch nicht schön. Die fressen Ihnen die Wände weg“. Heute jagt er nur noch Bettwanzen. Das ist lukrativer.
Die „Bedbugs“ sind auf dem Vormarsch. In New York City haben sie im Sommer Schlagzeilen gemacht, als sie Hotels und Kaufhausabteilungen befallen haben, die geschlossen und entwanzt werden mußten. Und in meinem Stadtteil in Washington haben Nachbarn kürzlich beobachtet, wie der Laster eines Exterminators einen ganzen Tag lang vor unserem Nachbarhaus gestanden hat. Aus dem Laster wurden Rohre in eine Wohnung gezogen.
Ich hatte die Sache im Nachbarhaus als gnadelose Überreaktion abgetan. Und schnell vergessen. Bis zu diesem Samstag. Da klopfte der Exterminator in meiner Wohnung auf die Trennwand zu dem Nachbarhaus und sagte: „das ist ziemlich hohl. Keine Hürde für Bettwanzen.“
Wenn es ernst wird, bringt der Exterminator seinen Hund mit. Der schnüffelt Wanzen hinterher. Um ihn zu trainieren, läßt der Exterminator sich ab und zu von Wanzen beißen. Damit sie den speziellen Geruch entwickeln, an den der Hund sich erinnern soll.
Mir gab der Exterminator den Rat, ich sollte künftig in jedem Hotelzimmer die Matratze untersuchen, bevor ich mich darauf lege. Auch Sitze im Bus und in Restaurants soll ich inspizieren, denn überall könnten Wanzen in den Ritzen sitzen.
Wie ich es technisch anstellen soll, eine der landesüblich schweren Doppelbett-Matratzen in einem Hotelzimmer anzuheben, von unten zu beleuchten und ihre Nähte auf Wanzen abzusuchen, ist mir ein Rätsel. Auch ein anderer Vorschlag des Exterminators, kommt mir schwer realisierbar vor: „Den Koffer im Hotelzimmer nie offen lassen. Sondern immer in eine fest verschlossene zusätzliche Plastikhülle stecken“.
Am Schluß des halbstündigen Besuches gab der Mann mir seine Visitenkarte, sowie eine gute und eine schlechte Nachricht.
Die gute Nachricht: er hat keine Wanzen gefunden. Und er hat mir sein Ehrenwort gegeben, dass er selber keine eingeschleppt habe. Angeblich hatte er seine Kleider am Vorabend in den Trockner gesteckt. Und seine Schuhe mit Alkohol gereinigt. Wie nach jedem Arbeitstag. Eine solche Behandlung überleben Wanzen nicht.
Die schlechte Nachricht: Sollten die Wanzen doch noch den Weg durch die hohle Wand zu mir finden, wird es teuer. Laut Exterminator fallen dann „in jedem Fall mehrere Tausend Dollar“ an. Das einzige, was gegen Wanzen hilft, ist Hitze. Die ganze Wohnung muß mehrere Stunden lang auf mehr als 120 Grad Fahrenheit gebracht werden.
Falls es Neuigkeiten von dem Exterminator und/oder den Wanzen gibt, halte ich Sie in diesem Blog auf dem Laufenden.