vonKnut Henkel 13.06.2010

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In Havanna wurde am Wochenende der erste Häftling seit Beginn der Vermittlungsanstrengungen durch die Katholische Kirche freigelassen. Ein Signal Havannas ans Ausland. Für Guillermo Fariñas, der sich seit über 100 Tagen im Hungerstreik befindet, ist das nicht mehr als ein Anfang – er fordert weitere Gesten der Regierung in Havanna.

Ariel Sigler heißt der zweite Häftling der Gruppe der 75, der seit der offiziellen Übernahme der Präsidentschaft durch Raúl Castro im Februar 2008 auf freien Fuß gesetzt wurde. Eine humanitäre Geste der Regierung in Havanna, die zwei Tage vor dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel erfolgt, und begleitet ist von der Verlegung weiterer sechs Häftlinge in Haftanstalten in ihren Heimatregionen. Auch das eine humanitäre Geste der Regierung in Havanna an die Familien. Gesten, die durch die Vermittlung der katholischen Kirche zustandekam, die seit einigen Wochen mit den Vertretern der Regierung in Havanna im Dialog über die Menschenrechte auf der Insel steht.

Ein Novum, denn Gespräche über die Haftbedingungen und den Umgang mit den Dissidenten in Havanna sind alles andere als üblich in Havanna. Offiziell gelten die rund 200 politische Gefangenen, die es laut dem in Kuba geduldeten „Komitee für Menschenrechte und nationale Versöhnung“ in kubanischen Haftanstalten gibt, als „Söldner“, „Vaterlandsverkäufer“ oder“ Verräter“, nicht aber als politische Gefangene, die für ihre Überzeugung eintreten. Als Gewissengefangene hat Amnesty International 65 der Inhaftierten eingestuft und darunter befinden sich zahlreiche Mitglieder der „Gruppe der 75“. Jenen 75 Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten und unabhängigen Journalisten, die im März 2003 verhaftet und zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Für deren Freilassung kämpfen die „Damas de Blanco“, die Frauen in Weiß und entsprechend positiv war die Stimmung bei den „Frauen in Weiß“ in Havanna nach den ersten Verlegungen von Häftlingen. Laura Pollán, einer der Sprecherinnen der Angehörigenorganisation, und Julia Nuñez, deren Mann  verlegt wurde, bezeichneten die Verlegung als „historisch“. Niemals zuvor in den 51. Jahren seit der kubanischen Revolution habe es Gespräche zwischen Kirche und Regierung über politische Gefangene gegeben. Nie zuvor habe die Regierung zugehört, so Laura Pollán. Für sie ein Grund zur Hoffnung, dass es zu weiteren Verlegungen kommen werde.

Dazu kam es nun am vergangen Samstag und mit Ariel Sigler, den an einen Rollstuhl angewiesenen 47-jährigen Dissidenten aus Matanzas, kommt es nun zur ersten Freilassung eines der 26 ernsthaft erkrankten Dissidenten. Für deren Freilassung hungert seit Ende Februar Guillermo Fariñas. Fariñas, Psycholge und unabhängiger Journalist, der in Kuba als gewöhnlicher Straftäter gilt, international jedoch mehrere Preise darunter 2006 den Mesnchenrechtspreis der Stadt Weimar erhielt, liegt im Krankenhaus von Santa Clara. Dort wird er über eine Sonde künstlich ernährt und mehrfach wurde der 48-jährige aufgefordert seinen Streik einzustellen- nicht nur von der spanischen sondern auch von der kubanischen Regierung und zahlreichen internationalen Menschenrechtsaktivisten.Doch Fariñas setzt seinen Streik fort. Er verlangt von der kubanischen Regierung eine humanitäre Geste – die Freilassung von insgesamt 26 schwer erkrankten politischen Gefangenen. Der erste dieser 26 Männer ist nun am Samstag freigelassen worden. „25 weitere humaniätre Gesten feheln nun noch“, so erklärte Fariñas lapidar von seinem Krankenbett. Lange hatte die Regierung in Havanna jegliche Zugeständnisse an den Mann kategorisch abgelehnt. Kuba lässt sich nicht erpressen, lautete der Tenor und über Fariñas wurde sogar in den nationalen Medien berichtet. Auch ein Novum, denn die Opposition wird in Kuba von den Medien in aller Regel ignoriert.

Nun ist Bewegung in das Verhältnis zwischen Dissidenten, deren Familien und den Regierenden in Havanna gekommen.Elizardo Sánchez vom „Komitee für Menschenrechte und nationale Versöhnung“ sprach von einer „Annäherung“. Die erste Freilassung sorgt nun für weitere Hoffnung. Nicht nur in Kuba sondern auch in Madrid, wo die Entscheidung als „positiver und hoffnungsvoller Schritt“ bezeichnet wurde. Madrid hat hinter den Kulissen in den letzten Monaten versucht Einfluss auf die Menschenrechtsposition in Havanna zu nehmen. Ein  weiterer Hungertoter in Kuba soll unbedingt vermieden werden, denn Madrid gilt nicht als Befürworter der gemeinsamen EU-Position in Richtung Kuba. Diese gemeinsame Position ist dem Einsatz für die Menschenrechte auf der Insel verpflichtet. Genau diese gemeinsame Position wollte Spanien allerdings schon mehrfach auf die EU-Tagesordnung setzen – mit dem Ziel sie zu modifizieren. Mehr Pragmatismus und weniger Einsatz des mahnenden  Zeigefingers lautet die spanische Devise und in Kuba wird das spanische Engagement beklatsch. Als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ wird die gemeinsame EU-Position bezeichnet und bei dem Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel wird Kuba einmal mehr Thema sein. Die Freilassung von Ariel Sigler könnte insofern auch ein Signal an die Europäuer sein.

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