von 04.12.2008

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Am 19. November hat die Präsidentin Argentiniens, Cristina Fernández de Kirchner, das Gesetz zum Schutz der Gletscher durch ein Veto gestoppt. Das Gesetz war vom parlamentarischen Ausschuss für Umwelt und natürliche Ressourcen erarbeitet worden, dessen Präsident, Miguel Bonasso, der Partei Fernández’ de Kirchner angehört, und einstimmig von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet worden. Nun entließ CFK auch noch die dafür mitverantwortliche Ministerin.

Spektakulär: Der Perito-Moreno Gletscher in Patagonien. Foto: Luca Galuzzi – www.galuzzi.it

Die Gletscher sind weit mehr als eine Attraktion für Touristen; sie stellen bedeutende Süßwasserreserven dar und tragen zu einer Verlangsamung des Klimawandels bei. Das gescheiterte Gesetz schützt die Gletscher als strategische Wasserressourcen für die umliegenden Gebiete. Es untersagt jegliche kommerzielle Nutzung, die die Gletscher verschmutzen oder zerstören könnte.

Die Argumente, die zur Begründung des Vetos angeführt werden, sind denkbar schwach. Im Dekret heißt es, das Veto sei auf Grund von „Sorgen des Bergbauministeriums sowie der Gouverneure der Andenprovinzen“ zustande gekommen. Der Bergbauminister ist Jorge Mayoral, ein Mann aus San Juan, mit engen Kontakten zu großen Bergbaukonzernen und zu dem Gouverneur der gleichnamigen Provinz, José Luis Goya. Dieser wiederum war an den Verhandlungen über Investitionen zwischen der argentinischen Regierung und des kanadischen Bergbaukonzerns Barrick Gold beteiligt. Barrick Gold ist einer der größten Bergbaukonzerne weltweit, der auf allen fünf Kontinenten tätig ist. Das Unternehmen soll sich an der Finanzierung des Kriegs um die Kontrolle der Bodenschätze im Kongo beteiligt haben. Laut BBC-Berichten war dieser Konflikt, dem 7 Millionen Menschen in 10 Jahren zum Opfer fielen,  der blutigste seit dem Zweiten Weltkrieg.

Und Barrick Gold hat viel vor in San Juan: das geplante Pascua Lama-Projekt an der Grenze zwischen Argentinien und Chile soll in 20 Jahren knapp 6000 Tonnen Gold fördern. Leider liegt das Gold unter mehreren Gletschern verborgen. Während die ersten Barrick-Berichte über die Umweltverträglichkeit des Pascua-Lama Projekts das Gletscher-Thema vermieden, teilte das Unternehmen auf Nachfrage mit, die betroffenen Eismassen würden mechanisch abgetragen und der Gletscher an anderer Stelle wieder zusammengesetzt. Diese überraschende Antwort brachte Wissenschaftler und Umweltgruppen auf den Plan, die warnten, ein solches Vorgehen sei nirgends auf der Welt getestet worden, und der Ausgang des Experiments sowie die Folgen für die Wasserreserven nicht absehbar.

Dr. Juan Pablo Milana, Geologe und Gletscherspezialist, zweifelt die Informationen von Barrick Gold an und ein Verfahren gegen das Unternehmen angestrengt. Er sagt: „Man kann Gletscher nicht einfach transportieren. Ein Gletscher existiert aufgrund des Gleichgewichts mit seiner Umwelt, das sich in Tausenden von Jahren bildet. Wahrscheinlich haben sie [Barrick Gold] das Unwissen der Verwaltungsbeamten ausgenutzt, denn es ist deutlich, dass diejenigen, die die Umweltverträglichkeitsstudien evaluiert haben, nichts vom Thema verstehen. Eine der Anklagepunkte gegen sie [Barrick Gold] ist Betrug. Denn sie haben die finanziellen Möglichkeiten, um diese Dinge korrekt zu evaluieren. Sie haben die Pflicht, wahre Auskünfte über die Auswirkungen ihrer Projekte zu erteilen. Aber es gibt ein Gesetz, das ihnen Vertraulichkeit zusichert und uns daran hindert zu erfahren, was sie machen. Als Argentinier fühle ich mich betroffen, dass mir Informationen vorenthalten werden, die wichtig sind für mein Leben und das meiner Kinder. Ich bin sehr besorgt über die Informationen über die [Auswirkungen auf die] Wasserqualität. Der Genuss von Wasser, das mit Arsen oder Blei kontaminiert ist, verursacht generell Krebs. Für die, die es trinken müssen, ist es ist ein Mord auf Raten.“

Lauren Rosenfeld hat die Auseinandersetzungen einer chilenischen Familie gegen Barrick Gold dokumentiert:

[youtube]http://de.youtube.com/watch?v=JYaju-Oe1Nw[/youtube]

Weitere Clips gibt’s hier.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/fernndez_stoppt_schutz_von_gletschern/

aktuell auf taz.de

kommentare