vonFred Hüning 25.03.2023

FKK – Foto, Kunst & Kapriolen

Fred Hüning, Fotograf & Tagedieb, sitzt in einer einsamen Blog-Hütte im Brandenburgischen und schreibt und fotografiert für sein Blog-Buch.

Mehr über diesen Blog

Heute – zugegeben nicht ganz uneigennützig und emotional nicht ganz unbeteiligt – eine Empfehlung für Berlin:

Die Kommunale Galerie Berlin in Wilmersdorf zeigt noch bis zum 21. Mai 2023 unter dem Titel “Photoplatz 2006 bis 2013 c/o Hotel Bogota” eine wirklich bunte Mischung aus den insgesamt 73 Ausstellungen, die unter dem Namen “Photoplatz” im legendären Berliner Künstlerhotel Bogota seit 2006 bis zum bitteren Ende des Hotel 2013 stattfanden. Der ehemalige Hotelleiter und Freund aller Künstler*innen und Fotograf*innen, weniger knallharter Geschäftsmann als vielmehr wohlmeinender Kunstmäzen, Tag und Nacht im Dauereinsatz für seine Gäste, puh, also dieser inzwischen ebenfalls legendäre Joachim “Aki” Rissmann hat Große wie Robert Lebeck und Antoine D`Agata ausgestellt; Stars wie Nan Goldin, Helmut Newton, René Burri, Keira Knightley, Rupert Everett („my favorite hotel of the world“), Adrian Brody und Sylvia Plachy (Mutter von A.B. und Fotografin) beherbergt und viele große und kleine Foto- und Filmmenschen, die im Hotel Bogota ein Projekt realisieren wollten, unterstützt – nicht zuletzt mit einer Gratisübernachtung. Ich habe dreimal im Photoplatz ausstellen dürfen und hatte die Ehre (aus heutiger, nostalgischer Sicht kann man dies so pathetisch sagen), die allerletzte Ausstellung im November 2013 unter dem programmatischen Titel LAST SITTING BOGOTA zu bestreiten.

Meine gute alte Fotofreundin Karen Stuke und ich waren das gesamte Jahr 2013 – von Aki Rissmann so betitelte – AIRs, also Artists-in-Residence, im Bogota. Während Karen sich buchstäblich durch alle Betten (sprich: Zimmer) gekämpft und sich über Nacht mit ihrer selbstgebauten Lochkamera schlafend in Langzeitbelichtung (von Licht aus bis Sonne an) fotografiert hat, habe ich nicht ganz so viele Zimmer ausprobiert, dafür aber regelmäßig in bestimmten Lieblingszimmern, wie im Hollywood-Zimmer oder im China-Zimmer Frauen mit Liebeskummer (so lautete zumindest die Arbeitsanweisung) fotografiert. Manchmal habe ich dazu mit drei Zimmerschlüsseln gleichzeitig hantiert – einen zum Übernachten, zwei zum Fotografieren (ich habe immer noch Akis aufmunterndes “Kennst Du eigentlich schon Zimmer XXY?” im Ohr – bevor man antworten konnte, hatte man schon den Zimmerschlüssel XXY in der Hand). Ein wunderbares Jahr für uns Fotograf*innen mit einem so traurigen Ende – besonders und speziell natürlich vor allem für Aki Rissmann, der wie ein Schwerkranker, der seine Angehörigen nicht beunruhigen möchte, erst ganz zum Schluß – als das Hotel schon buchstäblich ausgeräumt wurde – uns das erzählte, was ihm selbst wohl schon das gesamte 2013 bewusst war: Das es für das Hotel Bogota, unser Berlin Chelsea, keine Rettung mehr geben wird.

Wer also selbst ein Stück des Weges mit dem Hotel Bogota gegangen ist, wer im Photoplatz ausgestellt hat oder dort als Fotofreund zu Besuch war, und auch wer hier zum ersten Mal vom Berliner Chelsea gehört hat, sollte sich bitte noch bis zum 21. Mai aufmachen zur KGB. Dank Norbert Wiesneth, dem Kurator der KGB, der die Idee zu dieser Ausstellung im Jahr 10 nach der Schließung des Bogota hatte, und dank Aki Rissmann, der Bilder, Flyer, Bücher aus seinem Bogota-Archiv zusammengetragen hat, ist eine schöne, herzerwärmende, nostalgische Zeitreise in ein für Berlin und Deutschland wohl unvergleichliches Hotel entstanden.

You can check out any time you like, but you can never leave … das gilt nicht nur für das Hotel California …

© PiB und Robert Lebeck / Olaf Martens / Fred Hüning

© photography-now / Fred Hüning

 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/fkk/eine-ganz-warme-empfehlung/

aktuell auf taz.de

kommentare