IN EINER KALTEN NOVEMBERNACHT VERLIESSEN DIIE MENSCHEN IN BERLIN PLÖTZLICH IHRE HÄUSER UND MACHTEN SICH AUF ZU IHREN NACHBARN, NANNTEN SICH DAS VOLK UND LACHTEN UND WEINTEN DABEI.
MANCH EINER VON IHNEN TRÄUMT NOCH HEUTE DAVON, WIE LEICHT UND EINFACH UND SCHÖN SICH DAS LEBEN DAMALS ANFÜHLTE IN JENER NACHT IM DEUTSCHEN HERBST NEUNZEHNHUNDERTNEUNUNDACHTZIG.
Der Verein „Berliner Wirtschaftsgespräche e.V.“ (never heard before) schrieb anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls (2009) einen künstlerischen Wettbewerb aus unter dem Motto „Ein kreativer Blick auf das ungeteilte Berlin“. In der Jury waren illustre Szenegrößen wie Gerd Harry Lybke oder Peter Raue. Der 1. Preis war mit 3.000 Euro dotiert. Der Siegerentwurf wurde auf 1000 kostenlosen Werbeflächen der Wall AG im City Light Poster-Format präsentiert – aus eigener Tasche bezahlt hätte eine solche Werbemaßnahme locker 30.000 Euro gekostet. Darüber hinaus gab es Kalender, Postkarten und Poster und eine fette Party mit Kaviar und Schampus.
Aber warum, liebe Leserinnen, erzähle ich hier solch boring Zeug, wenn doch heute 35 Jahre Mauerfall „begangen“ (auf das Wort „gefeiert“ möchte ich mich lieber nicht festlegen lassen) wird.
Also, erstens: Gewonnen hat diesen Wettbewerb der berüchtigte VdZ (Verfasser dieser Zeilen) aka ICKE und zweitens: die Intension hinter meinem Beitrag finde ich auch jetzt nach 35 Jahren noch irgendwie relevant.
Hier noch eine kurze Erläuterung dieser Arbeit, die mir dann – trotz 1.000 XXL-Plakaten in ganz Berlin und dem blumigen Versprechen des Veranstalters „ab dieser Woche kennt dich die ganze Stadt“ – doch wieder nicht den ersehnten Durchbruch gebracht hat:
Der Titel „german fall“ ist ein Wortspiel mit den vielfältigen Bedeutungen des englischen Wortes „fall“ (Herbst, Fall, Sturz, Baisse etc.).
Die Arbeit ist mein persönlicher Kommentar zur momentanen Krise. Meiner Meinung nach trägt das mittlerweile ständige und oft einfach unreflektierte mantra-mäßige Beschwören einer umfassenden Krise zu einer allgemeinen Trägheit der Menschen bei. Meine Arbeit soll dazu anregen, sich an die Zeit des Berliner Mauerfalls und an damalige nicht monetäre Werte zu erinnern.
Damals herrschte Aufbruchstimmung, Optimismus und Lebensfreude.
Und dies, obwohl mit dem Fall der Mauer gerade für die Ostberliner persönlich und beruflich eine ungewisse Zukunft bevorstand – darin besteht auch die Parallele zu 2009.
Ich frage mich bei dieser Arbeit, ob die Menschen, die 1989 im Freudentaumel auf die Straße gingen, die gleichen sind, die heute bsp. um Mitternacht zum Alexanderplatz strömen, um bei der Eröffnung eines Elektro-Großhandels ihr Schnäppchen zu machen.
Die Arbeit soll also zu einer kritischen Reflexion auffordern, ob 2009 nicht doch etwas Grund zu Optimismus und Freude besteht.
Die Arbeit ist eine Collage aus drei Einzelbildern meines bisher unveröffentlichten Projekts „germanfilmstills“, ergänzt durch einen selbstverfassten Text.
Für das Projekt „germanfilmstills“ fotografierte ich direkt vom Computerbildschirm Details aus bei YOUTUBE gefundenen Videosequenzen zum Mauerfall ab und bearbeitete diese Filmstills anschließend am Rechner.
BITTESCHÖN: