vonFred Hüning 31.05.2024

FKK – Foto, Kunst & Kapriolen

Fred Hüning, Fotograf & Tagedieb, sitzt in einer einsamen Blog-Hütte im Brandenburgischen und schreibt und fotografiert für sein Blog-Buch.

Mehr über diesen Blog

Den angeblichen Traum aller Kinder, “nachts allein in der Kaufhausspielwarenabteilung”, träumte ich als Kind nie; wäre mir ehrlich gesagt damals auch zu unheimlich gewesen, so ganz alleine nachts in einem Kaufhaus. Aber “nachts allein im Louvre”, so wie Nan Goldin, das wäre für mich heute tatsächlich ein Traum. Oder noch besser: “ein Kirchenfenster gestalten”, so wie Gerhard Richter im Kölner Dom (technisch genauer: Im Jahre 2007 erhielt das Fassadenfenster des südlichen Querhauses des K.D. eine farbige Verglasung nach einem Entwurf von Gerhard Richter). Um die Gestaltung eines Kirchenfensters reissen sich natürlich selbst die erfolgreichsten und etabliertesten Künstler und Künstlerinnen, so von wegen “Ewigkeit erlangen”. Unten mehr …

Den Traum, einmal eine ganze Kirche für sich allein zu haben, träume ich spätestens seit dem immer wieder wunderbaren und nie langweilig werdenden Film “La Grande Bellezza – Die große Schönheit” von Paolo Sorrentino. Dort gibt es nämlich eine Figur, die die Schlüssel für sämtliche Kirchen und Paläste Roms verwaltet und dort mit seinen Freunden nachts Partys feiert und sich die Ewige Stadt von oben anschaut.

Wie ich mir diese beiden Wünsche – zumindest in einer Miniatur-Version – in diesem schönen Mai erfüllt habe, sei hier ganz kurz erzählt:

Neu Temmen liegt im schönsten Teil der Uckermark und hat eine schöne 1749 fertiggestellte kleine Kirche, die heute vom Naturschutzbund NABU unterhalten, gepflegt und “bespielt” (gelegentliche Gottesdienste inklusive) wird. 2022 wurde die Turmstube fertiggestellt: ein kleiner quadratischer Raum mit einem kleinen Fenster mit Blick in den Himmel über der Schorfheide. Dort können seit Mai 2024 (also seit gerade eben) Künstler und Künstlerinnen für 3 Wochen denken (sehr gut), arbeiten (gut), schlafen (noch nicht optimal) und träumen (sehr, sehr gut). Als Gegenleistung wird die Arbeit, die dabei in und um die Kirche herum entstanden ist, im Rahmen einer Veranstaltung präsentiert.

Ich habe mich dafür natürlich sofort beworben und so wurde ich “Erster offizielle Turmstübler der NABU-Kirche Neu Temmen”.

Und nun zum Kirchenfenstertraum:

Seit 2020 beschäftige ich mich – wie einige treue LeserInnen dieses Blogs längst wissen – künstlerisch mit den Grundfarben (Werkkomplex KEINE ANGST VOR ROT, GELB UND BLAU). Anfang 2024 habe für einen Wettbewerb der Nordkirche Entwürfe für ein Kirchenfenster eingereicht, entstanden kameralos nur aus den Grundfarben (siehe unten). Meine Arbeit wurde nicht angenommen, passte wohl auch nicht richtig zum Wettbewerbsthema, aber egal: Als (ich sage es gerne noch einmal mit Inbrunst) Erster offizielle Turmstübler der NABU-Kirche Neu Temmen hatte ich natürlich die einmalige Chance meinen Kirchenfenstertraum doch noch zu verwirklichen. Meine neun Kirchenfensterelemente habe ich dann – ganz low-budget – auf einseitig klebende Plastikfolie drucken lassen und dann auf die Glasfenster der Kirche geklebt. Dies sieht von außen und auch von innen erstmal nicht sehr imposant aus (ist ja auch nur Folie und keine Verglasung wie bei G.R.), aber (und dies ist ein grosses ABER):

DIE WIRKUNG: Jeden Sommerabend nach 19 Uhr bei Sonnenschein kriecht das bunte Kreuz im Innenraum der Kirche langsam die Wand hinauf und das sieht dann doch imposant und wunderschön aus.

ICH BITTE ALLE (!!!) SICH SELBST DAVON ÜBERZEUGEN IN DER NABU-KIRCHE NEU TEMMEN  – AN EINEM SOMMERABEND!!!

UND WENN DAS KREUZ DANN GANZ LANGSAM DIE KIRCHENWAND EMPOR WANDERT BITTE AUF DEM HANDY “THE CROSS” *** VON PRINCE (R.I.P.) HÖREN … UNBEDINGT!!!

*** Textprobe: 

Black day, stormy night                                               We all have our problemsNo love, no hope in sight                                             Some are big, some are smallDon’t cry, he is coming                                                Soon all of our problems, y’allDon’t die without knowing the cross                   Will be taken by the cross

 

 

Der Flyer

Der Entwurf (Modellskizze) 

Der verwirklichte Entwurf (Theorie und Praxis: Beim Aufkleben rissen zwei der Folien, so dass das Kreuz jetzt nur aus sieben statt neun Elementen besteht)

Die Wirkung – jeden Sommerabend nach 19 Uhr bei Sonnenschein kriecht das bunte Kreuz im Innenraum der Kirche langsam die Wand hinauf

Und hier sämtliche 9 Elemente – entstanden kameralos nur aus den Grundfarben ROT, GELB und BLAU:

© alle Bilder und Text: Fred Hüning

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/fkk/versuch-ueber-ein-kirchenfenster/

aktuell auf taz.de

kommentare