vonEva C. Schweitzer 22.06.2009

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Es ist Sonntagnachmittag und ich habe die Morgentalkshows überstanden. David Gregory hat auf Meet the Press Bibi Netanyahu interviewt und Howard Kurtz hat auf CNN Dave Letterman abgewatscht, weil der Sarah Palin beleidigt hat. Ein paar Tage vorher war ich auf der Anti-Letterman-Demo, wo die Presse den stärksten Block bildete und habe einem als konservativen Blogger verkleideten Digicambesitzer ein Interview gegeben, aber ich glaube, das erblickt nie das Licht der Welt.

Nun zu etwas vollkommen anderen: Das Verhältnis zwischen Redakteuren und freien Mitarbeitern. Ich glaube, viel zur Kommunikation beitragen zu können, denn ich kenne beide Seiten. Lasst mich mit einem einfachen Beispiel anfangen, der Auftragsannahme.

Freie, um das einmal vorauszuschicken, sind Auftragnehmer der Redakteure, und als solche selbstständige Unternehmer, sie sind keine Praktikanten, Voluntäre, Aushilfsredakteure, Urlaubsvertretungen oder Berater, was billige Hotels in New York angeht. Freie arbeiten, sobald ein Redakteur einen Auftrag erteilt. Es gibt Freie, die fangen schon mal einfach so an zu arbeiten, auch wenn sie noch nicht wissen, ob es bezahlt wird. Das ist höchst unprofessionell und allenfalls zu rechtfertigen, wenn es darum geht, ein Broadwaymusical oder einen Film zu sehen, nicht aber bei echter Arbeit. Andererseits gibt es Redakteure, die munter Aufträge erteilen, obwohl sie gar kein Portfolio haben. In dem Fall ist die Zeitung unprofessionell organisiert.

Wenn ein Redakteur vom Ressortleiter gesagt bekommt, kümmere dich doch mal um, sagen wir,  Senatspläne, aus dem Tempelhofer Feld einen riesigen Grillplatz zu machen, dann sagt der Redakteur: “Jaja”. Das bedeutet, ich schreibe was, wenn nicht gleich, dann am nächsten Tag. Der Ressortleiter ist nämlich der Chef vom Redakteur.

Wenn der Freie das Gleiche vom Redakteur gesagt bekommt, sagt er auch “Jaja”, das bedeutet so viel wie, “mal sehen, aber nur, wenn ich nicht noch was Besseres finde. Ich sage aber auch nicht nein, weil, vielleicht kann ich den Auftrag in schlechten Zeiten hervorkramen.” Leider versteht der Redakteur dabei bloß “Jaja.” Das ist eine Quelle häufiger Missverständnisse. Aber wenn der Freie den Artikel tatsächlich schreiben will, dann sagt er natürlich: “Ok. Wieviel Zeilen willst du, und und bis wann, und was zahlst du?” Erst das ist verbindlich. Artikel, die noch in der “jaja”-Phase sind, sollte ein Redakteur besser nicht einplanen.

Fortsetzung folgt.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009,Taschenbuch, 9,95 €

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