Am vierten Tag des Krieges in Libyen ist Barack Obama in El Salvador angekommen. Von dort aus versucht er die US-Öffentlichkeit zu überzeugen: Libyen „wird eine Sache von Tagen sein. Nicht von Wochen.“
Der Friedensnobelpreisträger führt Krieg. Aber er versucht einen anderen Stil als seine Amtsvorgänger. Während Reagan und Clinton, sowie die Bushs – Vater und Sohn – jede neue Militärintervention der USA mit einer Fernsehansprache vom Oval Office einleiteten, ist Obama weit von Washington und dem Weissen Haus entfernt, als er den Krieg beginnt.
Im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern spricht er nicht von der Stärke der USA, sondern davon, dass er keinen Führungsanspruch bei der internationalen Militär-Operation habe, die unvermeidlich geworden sei, um ein Massaker zu verhindern. Die marzialischen Ansprachen überlässt der US-Präsident seinem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy.
Präsident Obama managt die Bombardements nebenher. Er tut es während einer Reise durch Lateinamerika. Auf seinen Flügen zwischen den Hauptstädten, telefoniert er mit London und Paris. Von Brasilien informiert er am Samstag, dass die Luftangriffe beginnen. Bei einer Pressekonferenz in Chile sagt er am Montag, dass Gaddafi gehen muss. Und in San Salvador rechnet er am Dienstag vor, die Zahl der Flüge von US-Piloten in Libyen sei bereits zurückgegangen.
Einziges Abweichen von dem ansonsten strikt befolgten Terminplan bei der lang geplanten Lateinamerikareise (dazu mehr hier —> taz) ist, dass Obama am Morgen des fünften Tages des Krieges ein paar Stunden früher nachhause fliegen will.
In Washington hat sich während seiner Abwesenheit ein Sturm der Entrüstungen zusammen gebraut. Am lautesten sind die Falken. Sie schimpfen schon seit Wochen, weil ihnen der Entscheidungsprozeß bis zur Militärintervention zu lange dauert. Seit die Bombardements begonnen haben, schimpfen sie über die ostentative Zurückhaltung von Obama. „Gut, dass andere mitmachen“, sagt Mitt Romney – ein ehemaliger und möglicherweise zukünftiger – Präsidentschaftskandidat der RepublikanerInnen: „aber wir sehen Amerika als leader der Welt“. Und der ehemalige Soldat und CIA-Mann Oliver North, der im Iran-Contra-Gate Waffengeschäfte mit dem Regime in Teheran abgewickelt hat, höhnt in Washington, Nicolas Sarkozy sei jetzt der „Führer der freien Welt.“
Die schärfste Kritik kommt aus Obamas eigenem politischen Lager. Unter anderem wird der Präsident dort angegriffen, weil er vor dem Beginn der Bombardements zwar Zeit für Konsultationen mit den Afrikanischen Staaten, mit der Arabischen Liga und mit der Nato hatte, nicht aber für eine Debatte im US-Kongress. Weil er bislang kein Konzept für die Zeit nach der Verhängung der No-Fly-Zone vorgelegt hat. Weil er Gaddafi zwar verbal zum „Gehen“ auffordert, sich aber bei den Rebellen bislang keine Alternative zu dem Diktator abzeichnet. Und weil immer unklarer wird, wie und wann die Allianz wieder aus Libyen heraus kommen soll. Bei dem linken Fernsehsender –> MSNBC schlagen Zuschauer schon den Namen: „Operation open end“ vor .
Einen anderen Aspekt der Operation „Odysee Morgengrauen“ nimmt der Satiriker Jon Stewart aufs Korn. Unter dem Titel Freedom Package stellen er und sein Kollege John Oliver in den USA geschnürte Pakete für „Länder mit brutalen Diktatoren“ vor: Die Angebote reichen von der Aufforderung zur Mäßigung an beide Seiten (für Bahrein). Über die Entsendung von Hollywood-Stars (nach Sudan). Über unverbindliche politische Ratschläge (an Ägypten). Bis hin zum „Platinum Package“ mit Flugverbotszonen und Bomben für Länder mit Öl im Boden (Irak und Libyen).
„Ausser der Westbank und Gaza können sich alle Länder der Region um unsere Freedom Packages bewerben“, endet der Werbespot von Stewart und Oliver.