vonSabine Schiffner 09.06.2025

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Sabine Schiffner dichtet und denkt über sich und andere nach.

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Oran Utans kann man in freier Wildbahn nur auf Borneo bzw. (Orang-Utans) in Sumatra sehen. Nasenaffen sind noch seltener, sie  gibt es nur in Borneo. Da die Orang-Utan-Betrachtung ein wenig kompliziert und mit einem zusätzlichen Flug und Übernachtung verbunden wäre, beschließen wir, uns nur die Nasenaffen anzusehen. In freier Wildbahn leben sie nämlich nur zwei Stunden von Kota Kinambalu entfernt an einem Fluss namens Klias. Wenn man sie sehen will, muss man eine Tour buchen. Diese Art Touren mag ich an sich überhaupt nicht, ich hasse alles was organisiert ist und in Gruppen zu etwas hinführt, aber bei den Nasenaffen, die auf Fotos recht hässlich aussehen, führt kein Weg an der Gruppe vorbei.

Wir werden Mittags von unserem Guide im Hotel abgeholt und steigen in einen kleinen Bus, in dem außer uns noch eine indische Familie und ein französisches Pärchen sind. Der Guide ist zu spät gekommen und nun drückt er auf die Tube. Das ist anfangs noch angenehm, weil wir ca. 40 Kilometer auf einer recht gut ausgebauten Autobahn fahren. Als wir aus der Stadt rauskommen, biegen wir aber schon bald ab auf eine Art Landstraße, die nur ein Ersatz für die daneben inzwischen angelegte Autobahn zu sein scheint, die erst in Teilen fertig ist. immer wieder sehen wir  links und rechts von unserer Straße die Gleise der Nordborneorailway, einer historischen Eisenbahn, die einmal am Tag mit Dampflokomotivantrieb fährt. Das heißt, zurzeit fährt sie die historischen Waggons mit einer Diesellokomotive, denn die Dampflok braucht Ersatzteile, die zu beschaffen schwierig sind. Außerhalb der Stadt sind viele der immer kleineren Häuser mit Wellblech gedeckt wie auch manche der Stelzenhäuser in dem Elendsviertel in KK. Zwischen den Häusern wachsen Bananenstauden, Unkraut, an großen Bäumen klettert Grünzeug, so dass man sie kaum noch erkennen kann. Hier bekommt man schon ein wenig das Feeling davon, wie die Natur langsam in den Urwald übergeht. Zwischendurch sind immer wieder Kokosplantagen mit Palmen, das scheint das einzige zu sein, was hier angebaut wird.

Nach zwei Stunden rasanter Fahrt über holprige Landstraße sind wir endlich am Ziel. Ein langer schmaler Steg führt in Richtung des Rivers. Unser Guide geht voraus und guckt in die Bäume, um uns das Wildlife zu erklären. Auf einem abgestorbenen Ast sitzen zwei winzig kleine Vögel: Woodpecker (Specht) sagt er. Sind die Spechte hier so klein? Es gibt drei Arten Spechte hier in Borneo, sagt er, die kleinen, die mittleren und die großen. Die hier sind jedenfalls die kleinen. Links steht ein Baum mit grünen Kugeln, die wie runde Avocados aussehen. Die heißen Pongpong, erklärt er uns. Aber sie werden auch Selbstmordfrüchte genannt, nicht nur für Menschen ist ihr Genuss tödlich. Die Nasenaffen können sie allerdings essen, also nur die Schale, sie haben mehrere Mägen und die Schalen gehen in einen bestimmten Magen, wo sie verdaut werden können, ohne dass der Affe stirbt. Das ist bei ihnen so ähnlich wie bei Kühen, erklärt der Guide mir, er merkt, dass ich mich für diese Dinge interessiere. Auf einer Schautafel sind die verschiedenen Affensorten abgebildet, die es hier gibt. Es gibt außer den erwähnten Nasenaffen noch Lemuren und Makaken zu sehen. Inzwischen habe ich allerdings eigentlich schon gar keine große Lust mehr, die Affen zu sehen. Außerdem befürchte ich, von Stechviechern zerstochen zu werden und creme mich mal gleich mit meinem Antistichmittel ein, Antibrumm heißt es und wirkt hoffentlich auch in den Tropen.

Mir macht die tropische Temperatur nicht viel aus, sie kommt mir vielmehr vertraut vor. Durch meine Jahre in Spanien und dadurch, dass ich so oft in irgendwelchen Tropenhäusern war, wo es genauso roch und sich anfühlte wie hier, kommt mir die hohe Luftfeuchtigkeit und die Wärme fast vertraut vor. Inzwischen sind noch ein paar Reisegruppen eingetroffen, wir fahren anscheinend mit mehreren Booten auf den Fluss. Die Boote liegen unten vertäut, ich gucke sie mir an. In einer Hütte stehen die typischen Musikinstrumente der Malaien, eine Art Glocken, die auf zwei Seilen liegen, die auf einem schmalen Tisch aufgespannt sind. Sie werden mit hölzernen Schlägern geschlagen und machen dann ein ziemlich lautes Geräusch. Eine uralte Frau sitzt jetzt dort und schlägt sie an, das klingt toll.

Dann steigen wir auf die Boote und ich vermumme mich gegen die Mücken und dann fahren wir auf den Fluss und auf einmal denke ich, dass ich mitten im Film Apocalypse Now bin. Links und rechts ist Urwald und wir treiben dahin auf dem braunen trüben Fluss, der nach Krokodilen aussieht, so dass man noch nicht mal seine Füße hineinhalten mag und dann und wann halten wir an, weil eine Horde Affen in den Bäumen am Ufer herumklettert, man erkennt sie immer daran, dass irgendwo ein Ast raschelt und gebogen wird. Und meist zeigen unsere malaiischen Guide uns die Affen und dann staunen wir, dass sich die Affen fallen lassen und schon winzige Babyaffen ganz alleine auf den Zweigen herumklettern. Es ist seltsam, die Affen zu beobachten. Ein wenig denke ich, dass sie es vielleicht sind, die uns beobachten und nicht umgekehrt. Wie es ihnen wohl gehen mag, wenn jeden Tag Touristengruppen kommen, um sie anzugucken?

Die großen Nasenaffen sind beeindruckend und in Natura weniger hässlich als auf den Abbildungen. Auf malaiisch heißen sie auch Holländeraffen, erklärt mir der Guide. Warum? Frage ich. Damit ehren wir die Holländer, sie waren die zweiten, die hier waren. Erst kamen die Portugiesen, dann die Holländer, die mochten wir am meisten, dann die Spanier und anschließend die Engländer, die bis zuletzt da waren. Ich gucke im Internet nach, ob das auch so stimmt, dort steht, dass die Nasenaffen nach den Holländern benannt wurden, aber vor allem deshalb, weil sie so große Nasen haben – verglichen mit den Malaien – und weil sie dauernd Sonnenbrand auf ihren Nasen hatten. Sie haben nicht nur lange Nasen, sondern auch dicke Bäuche, wegen ihrer vielen Mägen, sagt der Guide jetzt. Deshalb nennen wir sie auch Bierbäuche. Er muss lachen und ich auch. Bei jedem dicken Affen bricht er wieder in lautes Gelächter aus. Nach einer anderthalbstündigen Tour entlang des Flusses, die mir sehr gut gefällt, fahren wir wieder zurück zu unserem Ablegeplatz. Als wir an Land gehen, um einen kleinen Imbiss einzunehmen, ruft der Guide mich herbei, um mir ein mittelgroßes Krokodil zu zeigen, dass sich auch gerade Richtung Land bewegt.

Dann beobachten wir den Mond, denn die zweite Tour des heutigen Tages führt uns wieder auf den Fluss, zu den Fire Flies (Feuerfliegen), die man allerdings erst sehen kann, wenn kein Mondlicht mehr da ist. Aber der Mond ist da und geht nicht weg und so sehen wir bei der anschließenden Mondlichtfahrt nur wenige Glühwürmchen in den Bäumen am Rande. Das ist also nicht wirklich romantisch, aber trotzdem ein schöner Abschluss eines schönen Tages mit viel Natur. Hier wäre Plan B, sagt mein Guide, als wir wieder an Land sind und in Richtung Bus gehen und zeigt auf eine blinkende Weihnachtslichterkette, die über einen Strauch hängt. Humor haben sie hier wirklich. Das gefällt mir. Auch dieser Umgang mit Touristen auf Augenhöhe. Man fühlt sich wahrgenommen und wohl in diesem Land, wo die Leute so freundlich und gutgelaunt sind. Laut lachend gehen wir wieder zu unserem Bus und fahren mit Vollgas  zurück in die Stadt.

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