vonlottmann 11.06.2009

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Angela Davis war einmal eine Figur, in den 70er Jahren, die war so berühmt wie Paris Hilton heute. Wie diese hatte sie in ihrem Leben weder etwas geleistet, noch etwas verbrochen. Sie wurde eines Tages berühmt, weil die Öffentlichkeit sich ihrer annahm, und zwar wahrscheinlich am Anfang ausgelöst durch FREUNDE. Genau so ergeht es anscheinend zur Zeit mir. Seitdem der Feuilletonchef der FAS sich im Rahmen von ‘Facebook’ zu mir bekannt hat (“Ja, ich möchte der Freund von Joachim Lottmann werden!”), ist einiges in Bewegung geraten. Ich möchte fast sagen: dieser neue Freund Claudius Seidl (Name geändert) hat eine echte Lawine losgetreten.
Schon wenige Tage nach ihm machte es ihm Marek Rudi Dutschke gleich, der Sohn des (fast) gleichnamigen Revolutionärs Rudi Dutschke*. Marek fand es richtig, gerade jetzt, sich zu mir ganz demonstrativ “als Freund” zu bekennen, und das hat mich natürlich schon sehr gefreut, denn ich weiß ja, daß Marek ein besonderes Feeling für politische Gesten hat. Wenn DER so etwas macht, kommt das nicht von ungefähr, und hat auch Folgen. Wir trafen uns in seiner Wohnung in der Sophienstraße im Künstler- und Galerienviertel Berlins, wo er mit seiner bezaubernden Freundin lebt. Ich kann sagen, daß ich Marek sofort liebgewinnen konnte, und daß wir uns auf Anhieb sehr gut verstanden haben. Das sollte man bei Freunden wohl auch erwarten. Aber es gab auch sonst nur positive Überraschungen.
Zum Beispiel die, daß Peter Glaser sich ihm anschloß! Peter Glaser also, der Altmeister der digitalen Publizistik, achtfacher Grimme-Preisträger, Klagenfurt-Gewinner von 2004 und einer der vielbeachtetsten Prosaisten der Gegenwart, schrieb der weltweiten Internetgemeinde über ‘Facebook’ ins Stammbuch: “Ich möchte der Freund von Joachim Lottmann sein!” – und das ist gut so, wollte er wohl damit sagen. Ich griff beherzt zum Hörer, und wir verabredeten uns…
Ihm folgten im Stundentakt ein halbes Dutzend weiterer Promis aus Film, Funk und Fernsehen, als erstes Leute aus der (mir ja nahestehenden) Buchbranche: Jutta Winkelmann (‘Die Zwillinge’, Weissbooks 2008), Kathrin Passig (‘Dinge geregelt kriegen / Ohne einen Funken Selbstdisziplin’, KiWi 2008), Tex Rubinowitz (‘Das schlafende Tier: Wien als Stadt und Prinzip’, Falterverlag, 19,90 Euro), Tom Kummer (‘Blow up’, Blumenbar Verlag), Moritz von Uslar (‘Der Tag, an dem Felix Feldstein starb’, Kiepenheuer & Witsch Dünndruckausgabe), Stefan Beuse, Christian Ankowitsch und Martin Zwilling.
Letzterer, Martin Zwilling, hatte übrigens schon im Januar (!) einen Essay im Feuilleton der Süddeutschen.Online über mich und mein trauriges Auftauchen im Internet (eben bei ‘Facebook’) geschrieben, der meinen damaligen Zustand des gesellschaftlichen Abseitsstehens (sozusagen der Freundelosigkeit) in folgende Worte faßte:
“…Krakenarmen gleich greift Schlinge um Schlinge ineinander, und so durchdringt sich das Netzwerk wieder und wieder selbst, alle mit allen verbindend. Immer neue Knoten bildend finden seine Saugnäpfe überall Halt, alles hängt fröhlich zappelnd in seiner Umklammerung. Doch in seine Mitte birgt ein Ort, dessen unsichtbare Wände keinen Halt bieten und die nichts durchdringt, was an ihm bewahrt wird an grandiosen Schätzen und Rätseln bleibt allen verschlossen: ‘Joachim Lottmann has no friends’…”
Am Abend des 10. Juni 2009 hatte sich die Zahl meiner Freunde erneut verdoppelt. Ich besaß nun 18 Freunde! Am frühen Morgen des 11. Juni betrug die Zahl 38. Es mußten sich also selbst zu nachtschlafender Zeit weitere 20 Menschen zu mir bekannt haben, und zwar in der deutlichsten Form, die das zivile Zusammenleben seit Friedrich Schillers ‘Bürgschaft’ kennt:
“Oh werter Herr, laßt mich Euer Freund sein!”

* (Name nicht geändert. Der Blogwart.)

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