vonElisabeth Wirth 04.05.2010

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Wer bei den Worten Fun Toys in Verbindung mit einem Laden an erotisches Amusement denkt, liegt zumindest in Neukölln daneben. Auf „Fun Toys“ wurde ich aufmerksam, weil mein Buchpaket vom Postboten nicht bei mir oder den Nachbarn, sondern in diesem unscheinbaren Laden in der Weserstraße, abgegeben wurde. „Fun Toys“ ist ein Kuriosum. Beim ersten Versuch mein Paket abzuholen, kam ich außerhalb der Öffnungszeiten. Hinter der Glastür lag ein großer braun-schwarzer Hund, der mich zu der Vermutung hinriss, dass sich in den hinteren Geschäftsräumen jemand befindet. Mehrmaliges Klopfen, weder eine Reaktion aus besagten Hinterzimmern, noch eine Reaktion des Hundes, der lag nur uninteressiert hinter seiner Glastür. Ich dachte immer, wenn Hunde etwas können, dann ist es bellen. Aber vielleicht war es auch ganz gut, dass ich daraufhin wieder abgezogen bin. Hunde die bellen beißen wohl nicht und dass impliziert wiederum, dass Hunde die nicht bellen… Na, Sie wissen worauf ich hinaus will. Stille Wasser sind ja bekannter Weise auch tief.

Nach dem Wochenende unternahm ich den nächsten Versuch, „Fun Toy“ war geöffnet, soweit so gut. Betritt man den Laden, der nicht gerade dazu einlädt, schlägt einem erst einmal der Geruch einer Tierhandlung entgegen. Dieser Geruch kommt nicht von ungefähr, neben der Ladentheke, am Ende des ersten Raumes, stehen mindestens sechs Käfige in denen Kaninchen und Meerschweinchen leben. Direkt neben der Eingangstür gibt es eine Tür, die in einen Raum voller Fahrräder führt. Der erste Raum ist voll gestopft mit Mengen von unidentifizierbarem Zeug, an der Seite eines Regals hängt ein Kassettenhalter, irgendwo hängen Kunstpflanzen. Der Ladenbesitzer ist ein hagerer, älterer Mann, der die Sache mit dem Paketabholen sehr genau nimmt. Nicht erfreut über die Nachricht, dass ich meinen Abholschein nicht dabei habe, geht er in einen hinteren Raum um mein Paket zu holen, währenddessen ich schon mal meinen Personalausweis herausholen soll. Mit meinem Paket unterm Arm fischt er aus einem Regal einen blauen Blankoabholschein heraus und notiert sich sämtliche Daten. Er überprüft meinen Ausweis, ich muss unterschreiben, verlasse, nach einer weiteren Rüge, den Laden.

Meine Lungen füllen sich mit frischer Luft, meine Augen erblicken wieder Tageslicht. Was „Fun Toys“ nun wirklich verkauft/ macht/ anbietet ist mir schleierhaft geblieben, ebenso, warum die Post gerade hierhin herrenlose Pakete aus dem Reuterkiez liefert. Ich, als Amazonpowerkunde, habe jetzt einen Zettel vorbereitet: „Lieber Postbote, wenn ich nicht da bin – Paket für Wirth – bitte im Café im Nebenhaus abgeben. Vielen Dank!“

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