vonDominic Johnson 26.09.2010

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Ein Gesprächspartner sagt kurzfristig ab: Er muß zu seinem Vater, denn dessen Haus wurde gerade zerstört. Immer öfter sieht man in Goma Ruinen, die nicht früheren Kriegs- oder Vulkanschäden geschuldet sind oder einfach nur dem Verfall anheimgegeben wurden, sondern mutwillig zerstört wurden: Deckenstützen liegen am Boden, Holzpfeiler und Fenster ragen wild aus eingefallenen Mauern hinaus, ganze gekachelte Wände ehemaliger Küchen und Badezimmer liegen zerschlagen zwischen Mauersteinen am Boden, und was noch steht, kann jeden Moment einstürzen.

„Rastas“ und „Anti-Gangs“ heißen die Schlägertrupps des Bürgermeisters von Goma, die laut Augenzeugen für diese sinnlose Zerstörung verantwortlich sind. Meist morgens in der Früh dringen sie unter Polizeischutz und mit Hämmern und Keulen bewaffnet in Häuser ein, die nach Meinung der Stadtverwaltung zu nahe an einer irgendwann zur Reparatur oder Verbreiterung vorgesehenen Straße liegen und daher wegmüssen. Wenn die Gangs mit ihrem Werk fertig sind, sitzen die Bewohner auf der Straße.

Vorwarnung oder Entschädigung gibt es nicht, sagen die Betroffenen. Offiziell wird zwar angekündigt, dass bestimmte Häuserreihen weichen sollen. Aber wen das genau trifft und wann, erfahren die Bewohner erst, wenn es zu spät ist. Für den Vater meines Gesprächspartners besonders unverständlich war, daß sein abgerissenes Haus hinter einem anderen liegt, das noch steht.

Das sind alles drogenabhängige junge Arbeitslose, die als Milizen angeheuert wurden, erklärt ein Stadtbewohner. Ein anderer schimpft, der Bürgermeister komme ja gar nicht von hier, das sei mal wieder typisch, ein Fremder aus der Urwaldprovinz Maniema gehe hier mit den Immobilien so um als seien es zu rodende Bäume. Ein dritter, ein Exilkongolese auf Besuch, meint einfach: „Wir Kongolesen wissen, wie man etwas kaputtmacht. Aufbauen, das können wir nicht.“

Sollte Goma einmal so weit sein, daß nicht nur Häuser zerstört, sondern auch Straßen gebaut werden, gibt es gleich das nächste Problem: Entlang der von den Abrissen am meisten betroffenen Hauptstraße aus Goma nach Westen, wo man regelmäßig im Dauerstau steht, und der Seitenstraße entlang des Kivu-Sees in Richtung Villenviertel, Universität und Gouverneursresidenz, wo die teuren Geländewagen sich durch immer tiefere Schlaglöcher quälen, hat der Präsident vor einigen Jahren eine Stromtrasse verlegen lassen. Die führt hinaus aus Goma bis zum Herkunftsdorf seiner Frau. Strom fließt zwar nur unregelmäßig, aber die Strommasten stehen mitten in der für die Straßenverbreiterung vorgesehenen Zone, vor den abgerissenen Ruinen und damit im Falle des Ausbaus ungefähr in der Mitte der neu einzureichenden breiteren Spur. Direkt daneben gibt es präsidial gestiftete Straßenlaternen, aus denen irgendwann vielleicht auch mal Licht kommen soll, die aber vorläufig bloß im Weg stehen.

Wird der Bürgermeister sich trauen, das Aufbauwerk des Präsidenten zu entfernen, um seine eigene Stadtsanierung zu vollenden?

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