vonlottmann 21.04.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Heute ließen wir uns wie jetzt jeden Morgen im Garten die Sonne auf den Pelz brennen. Dabei geriet ich, die Situation mit ´Ferien´ verwechselnd, in den schönen Flow von Gedanken und Erinnerungen, genau wie Proust ja immer. Und zwar dachte ich folgendes:
1. ´Das staubige Tier´ von Tex Rubinowitz war eigentlich ein gutes Buch. Ich sollte es nochmal lesen. In meinem nächsten Leben (wenn ich noch einmal als derselbe auf die Welt käme und in die Redaktion des SPIEGEL einträte) werde ich es im nämlichen Kulturteil besprechen.
2. Über Maxim Billers Essay in der FAZ vorletzte Woche über die Ossifizierung Deutschlands reden die Leute heute noch. Besonders gern ich. Dabei ist es erstaunlich, daß selbst die Klügsten nicht erahnen, was der Sinn des doch nun wirklich brillianten, hochinspirierten Beitrages ist, worum es Maxim geht. Dabei liegt doch allein dadurch, dass er so gut geschrieben ist, der Verdacht nahe, daß es mehr sein könnte als nur Scheiße. Offenbar sind wir heute soweit, daß ein neuer, nichtkonsensualer Gedanke im festgefügten Meinungskanon nur noch reflexhaft als geistige Störung wahrgenommen werden kann. Und natürlich hat er recht: die Deutschen sind in den letzten 20 Jahren weniger streitbar, weniger diskussionsfreudig, erschreckend homogen und, ja, früher hätte man gesagt ´angepaßt´, geworden. Zu prüfen, ob die seit 1933 im Angepaßtsein vorbildlichen Ossis daran einen Anteil haben, finde ich interessant, nicht geistesgestört. Die augenblickliche, intuitive ´Stopft-ihm-das-Maul!´-Reaktion ALLER Leser, die ich traf, bestätigt eindrucksvoll Billers These.
3. Mirna war schon vor zehn Jahren das smarteste Mädchen in der Stadt. Aber können sich Mädchen hier weiterentwickeln? Können sie in der Stadt der Jugend jemals weiterkommen als bis zur Spätpubertät?
4. Ich muß für meinen Braun Sixtant S von 1965 neue Scherblätter auf ebay ersteigern.
5. Nadeshda sagt, Youporn sei für sie ein echter Trost, wenn sie traurig sei. Sie würde meinen und Ariadnes Kampf gegen die fortschreitende Pornographisierung von Staat & Gesellschaft (`PorNo!´) nicht verstehen. Ich antworte, ihre positiven, tröstenden Gefühle bei Youporn hätten einen guten Grund: die Leute da machten es nicht für Geld, sondern weil sie sich liebten. Es sei somit gar keine Pornographie.
6. Der taz-Kongress anläßlich der 30-Jahr-Feier am Wochenende war schon krass. Alle waren exakt zehn Jahre älter als bei der 20-Jahr-Feier Ende des letzten Jahrhunderts. Fast alle hatten ihre natürliche Haarfarbe verloren. Bei der 40-Jahr-Feier wird man 350 Rollstühle – komplett für alle 350 Teilnehmer – bereitstellen müssen.
7. War schon Wahnsinn, dieser Film ´Austern ohne Schale´ in dem Berliner Filmfestival ´Achtung Berlin´. Ich muß da unbedingt den Link zum Trailer in den Blog tun. Das kann man anders ja gar nicht vermitteln, was das war. Männer arbeiten nicht, haben keine Gefühle, wollen nur ficken. Frauen kellnern, lieben Frauen, wollen auch immer ficken. Dazu diese Sprache! (http://de.sevenload.com/videos/g8VCN2f-Austern-ohne-Schale-Trailer-nbfa)
8. Für nur zehn Euro, sagt der Sepp, kann man einen USB-Stick kaufen, mit dem man W-LAN in den alten Laptop kriegt.
9. Ich muß Greta Taubert anrufen. Wegen der Leipziger Schriftsteller-Universiät.
10. Frank hat mir wirklich sehr geholfen. Ich säße sonst nicht hier. In der Sonne!
Soweit meine „Gedanken & Erinnerungen“. Auch Bismarck hatte ja schon welche. Endlich verstehe ich ihn, den alten Knacker. Morgen gibt es weitere, wenn ich mich wieder auf der Hollywoodschaukel im Garten sonne. Das soll nämlich der letzte Tag des vorgezogenen Sommers sein.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/gedanken_und_erinnerungen/

aktuell auf taz.de

kommentare