Die Zentrale der Trafo-Entsorger-Firma Envio in Dortmund | Foto: dpa „Nichts zu verbergen“ hat die Kontrollbehörde der Dortmunder Giftfirma Envio — oder doch?
Am Montag, 29. November, veröffentlicht taz.de 482 Seiten Genehmigungen und 440 Seiten aus der „Verfahrensakte“ der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg in Nordrhein-Westfalen. Am Dienstag folgt in der Printausgabe ein ganzseitiger Bericht über den Entsorgungsbetrieb, der hunderte Arbeiter und Anwohner nicht nur mit potenziell krebserregenden Polychlorierten Biphenylen (PCB), sondern auch mit den Seveso-Giften Dioxin und Furan kontaminiert hat.
Was aber fehlt: 23 Seiten zum Arbeitsschutz. Die müssten aus dem Jahr 2009 stammen, seien aber geheim und deshalb entfernt worden: Das haben die Beamten selbst feinsäuberlich in ihren Akten vermerkt.
Die taz hakt nach: Wie können Arbeitsschutz-Bestimmungen geheim sein? Sollten sie nicht die Arbeiter vor den Envio-Giften schützen? Die Firma selbst nahm nachweislich keinerlei Rücksicht auf die Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Wollen die Beamten etwa ihre eigenen, möglicherweise viel zu oberflächlichen Kontrollen vertuschen?
Kurz nach der taz-Berichterstattung bewegen sich die Arnsberger Beamten plötzlich: Sie schicken Unterlagen zum Thema Arbeitsschutz. Es handelt sich um 23 Seiten — aber nicht aus 2009, sondern vom April 2010. Die Dokumente zeigen , dass die Kontrolleure aktiv wurden — allerdings mit mehr als 15 Monaten Verspätung. Ende 2008 wurden im Dortmunder Norden erstmals erhöhte PCB-Werte gemessen. Erst im April 2010 mahnte die Bezirksregierung die Envio-Geschäftsführung, ihre frühkapitalistischen Arbeitsbedingungen bei der Entsorgung schrottreifer Transformatoren könnten sogar „strafrechtlich relevant“ sein.
Zuvor aber waren Betriebsänderungen und Betriebserweiterungen immer wieder nach Aktenlage genehmigt worden. Ignoriert wurden selbst anonyme Anzeigen, die mindestens drei Mal vor den Gefahren des PCB-Recyclers warnten.
Weiter geheim bleiben sollen auch die von der taz angeforderten Arbeitsschutz-Unterlagen aus 2009, ebenso wie die sogenannten Begleitscheine. Denn aus denen wird hervorgehen, wer den Sondermüll überhaupt erst nach Dortmund geliefert hat. Für beides immer kein Wort von der Arnsberger Kontrollbehörde. Wir bleiben weiter dran.
Autor: Andreas Wyputta
Dazugehörige Texte auf taz.de:
Giftfirma ohne Gewissen
Die vergifteten Menschen
im Blog:
Die Giftfirma und die geheime Umweltbehörde
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