In der gestrigen Nacht fand die Verleihung der Golden Globes statt, die von der Auslandspresse vergeben werden und als wichtigster Indikator für die Ende Februar stattfindende Oscarverleihung gelten.
Unterschied Academy Awards und Golden Globes
Ein wichtiger Unterschied zu den Academy Awards ist allerdings, dass die meisten der Hauptkategorien wie „Beste/r Schauspieler/in“ oder „Bester Film“ sowohl in einer Sparte „Drama“ wie „Comedy/Musical“ vergeben werden und sich demnach also doppelt so viele Nominierungen (eben zweimal fünf) und doppelt so viele Sieger wie bei der Oscarverleihung ergeben.
Lediglich Bestes Drehbuch, Beste Regie und die besten Nebendarstellerrollen werden in einer vereinten Kategorie vergeben und sind deshalb härter umkämpft und damit interessanter.
Golden Globes 2007: Eine Bilanz
Die Golden Globes 2007 ergeben ein sehr uneinheitliches Bild und keinen wirklich dominanten Sieger: „Babel“ gewann zwar die begehrteste Trophäe „Bester Film Drama“, verlor aber bei Drehbuch (ging an „The Queen“), Regie („The Departed“) und in den Schauspielerkategorien.
Der zweite große Favorit, Martin Scorseses lediglich leidlich gelungenes „Infernal Affairs“-Remake „The Departed“ gewann zwar beste Regie, verlor aber ansonsten wie Babel in allen anderen Kategorien. Das lässt darauf schließen, dass Scorsese, der einer Oscarauszeichnung so lange wie wohl kein amerikanischer Regisseur seines Ranges nun schon hinterherläuft durchaus mit einem gewissen Sympathiebonus ausgestattet war, der ihm sicherlich auch bei den Academy Awards zum Vorteil gereichen wird.
Scorseses Oscar-Gegenspieler des letzten Jahres, Clint Eastwood, war gleich zweimal für Beste Regie nominiert („Flag Of Our Fathers“ und das japanischsprachige Gegenstück der gleichen Geschichte „Letters From Iwo Jima“), gewann jedoch lediglich (kurioserweise) in der Kategorie „bester fremdsprachiger Film“ für „Letters From Iwo Jima“. In dieser Kategorie war auch das deutsche Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ nominiert, das erwartungsgemäß gegen Dirty Harry den Kürzeren zog.
Schauspielerkategorien
In den Schauspielerkategorien gewannen die großen Favoriten, auf die man auch sein Geld für die Oscar-Verleihung setzen sollte. Es ist kaum vorstellbar, dass die Academy Helen Mirrens gefeierte Darstellung von Queen Elizabeth II. übergehen wird und auch Forest Whitackers Idi Amin in „Last King Of Scotland“ dürfte dank Altersbonus lediglich durch Peter O’Toole („Venus“) gefährdet sein.
In der für die Oscar-Voraussage traditionell weniger wichtigen „Comedy“-Sparte gab es dafür einen Paukenschlag: Sacha Baron Cohen gewann für „Borat“ den Preis des besten Hauptdarstellers – eine Sache, mit der trotz des enormen medialen Wirbels um den Borat-Film keiner rechnen konnte. Die Auszeichnung von Eddie Murphy als bester Nebendarsteller für den gefeierten dreifachen Golden Globe Gewinner „Dreamgirls“ (auch Sieger „Bester Film Comedy/Musical“ und beste Nebendarstellerin) dagegen konnte schon mehr erwartet werden, auch wenn vor zwei Jahren noch jeder für verrückt erklärt worden wäre, der Dr. Doolittle als Sieger des zweitwichtigsten Filmpreises Amerikas gesehen hätte.
Alle Sieger im Überblick
Bestes Filmdrama: „Babel“
Beste Komödie/Bestes Musical: „Dreamgirls“
Bester Animationsfilm: „Cars“
Bester fremdsprachiger Film: „Letters From Iwo Jima“ (USA/Japan)
Beste Regie: Martin Scorsese, „The Departed“
Bestes Drehbuch: Peter Morgan, „The Queen“
Beste weibliche Hauptrolle Filmdrama: Helen Mirren, „The Queen“
Beste Männliche Hauptrolle Filmdrama: Forest Whitaker, „The Last King of Scotland“
Beste weibliche Hauptrolle Komödie/Musical: Meryl Streep, „Der Teufel trägt Prada“
Beste Männliche Hauptrolle Komödie/Musical: Sacha Baron Cohen, „Borat“
Beste weibliche Nebenrolle: Jennifer Hudson, „Dreamgirls“
Beste männliche Nebenrolle: Eddie Murphy, „Dreamgirls“
Beste Filmmusik: Alexandre Desplat, „The Painted Veil“
Bester Filmsong: Prince Rogers Nelson: „The Song of my Heart“ , „Happy Feet“
Cecil B. DeMille Award fürs Lebenswerk: Warren Beatty
Beste TV-Serie (Drama): „Grey’s Anatomy“
Beste Schauspielerin TV-Serie (Drama): Kyra Sedgwick, „The Closer“
Bester Schauspieler TV-Serie (Drama): Hugh Laurie, „Dr. House“
Beste TV-Serie (Komödie/Musical): „Ugly Betty“
Beste Schauspielerin TV-Serie (Komödie/Musical): America Ferrera, „Ugly Betty“
Bester Schauspieler TV-Serie (Komödie/Musical): Alec Baldwin, „30 Rock“
Beste Miniserie/TV-Movie: „Elizabeth I“
Beste Schauspielerin Miniserie/TV-Movie: Helen Mirren, „Elizabeth I“
Bester Schauspieler Miniserie/TV-Movie: Bill Nighy, „Gideons Daughter“
Beste Nebendarstellerin Miniserie/TV-Movie: Emily Blunt, „Gideon’s Daughter“
Bester Nebendarsteller Miniserie/TV-Movie: Jeremy Irons, „Elizabeth I“
Ein Kuriosum am Rande: Helen Mirren gewann in dieser Nacht zwei Golden Globes, einen für ihre Kinorolle als Elizabeth II. in The Queen, den zweiten ausgerechnet für ihre Hauptrolle als Elizabeth I. in der gleichnamigen Fernsehverfilmung.
Christian Ihle