vonDominic Johnson 26.03.2011

taz Blogs

110 Autor*innen | 60 Blogs
Willkommen auf der Blogplattform der taz

Mehr über diesen Blog

Die seltsame Affäre um vier ausländische Goldhändler (zwei Nigerianer, ein US-Amerikaner und ein Franzose), die am 3. Februar in Goma zusammen mit ihrem Flugzeug verhaftet worden waren, hat ein ebenso seltsames Ende gefunden. Wie Kongos Generalstaatsanwalt Kabange Numbi am 25. März in Kinshasa mitteilte, kommen die vier gegen Zahlung von drei Millionen US-Dollar frei. Heute wurde gemeldet, die Häftlinge hätten das Zentralgefängnis Makala in Kinshasa verlassen. Die Ermittlungen seien eingestellt. Die vier sollen auch ihr Flugzeug wiederbekommen. Woher die drei Millionen Dollar kommen, bleibt unklar.

Die vier waren am 15. März nach wochenlangem “Hausarrest” im Luxushotel Ihusi in Goma in die Hauptstadt Kinshasa überführt worden. Die Ermittlungen über das angebliche Goldgeschäft, das sie mit dem kongolesischen Ex-CNDP-General Bosco Ntaganda hätten abschließen wollen, hatten sich mittlerweile internationalisiert und ausgeweitet.

Viele Details sind noch unklar, aber einiges scheint inzwischen gesichert: die vier arbeiteten für die in Texas basierte, vom Nigerianer Kase Lawal gegründete Ölfirma Camac, die in Nigeria aktiv ist und in den USA gut vernetzt – Firmengründer Kase Lawal sitzt sogar in einem Beratergremium des US-Präsidenten Barack Obama zu Handelspolitik. Einer der Häftlinge, Mickey Lawal, ist Kase Lawals Bruder und hochrangiger Firmenmitarbeiter. Andere seien im Diamantenhandel aktiv, so Carlos Mary III Edward, der in der texanischen Presse als bekannter Hochstapler und Betrüger dargestellt wird, der mit afrikanischen Diamanten spekuliere, ohne sie zu besitzen, und Anleger mit hohen Renditeversprechen ködere.

Das ominöse Goldgeschäft habe eigentlich in Kenia vollzogen werden sollen, so heißt es in diversen Berichten unter Berufung auf den kenianischen Anwalt Punit Vadgama, der den Häftling Carlos Mary III Edward vertritt. Sie hätten in Nairobi Gold kaufen wollen, aber nach Zahlung ihres Vorschusses habe man sie nach Goma bestellt, um die Ware abzuholen. Dort wurden sie am Flughafen verhaftet, wie bereits berichtet.

Möglicherweise war all das nur ein Teil einer viel größeren Affäre. Am 28. Februar gaben die kenianischen Behörden bekannt, dass ein leitender Ermittler der kenianischen Steuerbehörde vor der Einfahrt zu seinem Haus erschossen worden sei. Er habe Ermittlungen zum Schmuggel von 2,5 Tonnen Gold aus dem Kongo in Kenia geführt – das wäre mehr als 100 Millionen US-Dollar wert. Die Ware, berichten kenianische Zeitungen, sei im Januar nach Kenia gebracht worden, im Auftrag von Firmen aus Dubai und Südafrika. Das Camac-Geschäft soll damit möglicherweise in Zusammenhang gestanden haben.

Am 3. März reiste Kongos Präsident Joseph Kabila höchstpersönlich nach Nairobi, traf sich mit Kenias Präsident Mwai Kibaki und sprach mit der kenianischen Polizeiführung. Die Regierungen Kenias und der Demokratischen Republik Kongo kündigten daraufhin die Bildung eines gemeinsamen Ermittlerteams zum illegalen Goldhandel an, in Zusammenarbeit mit dem Interpol-Regionalbüro in Nairobi. Kongos Behörden haben ihren kenianischen Kollegen eine Liste mit 15 Namen gesuchter Schmuggler übergeben, sowohl Kongolesen als auch Kenianer. Sie sollen mit diversen Firmen unter anderem in Südafrika und Indien Geschäftsbeziehungen unterhalten.

Man darf gespannt sein, ob daraus etwas wird. Dass der Goldhandel jetzt Ostkongos wichtigste illegale Wirtschaftsbranche ist, nachdem internationale Bemühungen zur besseren Regulierung des Handels mit Coltan und Kassiterit (Zinnerz) allmählich zu greifen scheinen, ist klar. Fast alles Gold aus Ostkongo wird undeklariert außer Landes gebracht, und zwar schon immer, nicht erst seit dem Beginn bewaffneter Konflikte. Daran etwas zu ändern ist so gut wie unmöglich. Und ein wirkliches Interesse daran scheint auch kaum jemand zu haben, trotz den vielen Ermittlungsankündigungen.

Festzuhalten bleibt: 2,5 Tonnen Gold werden angeblich aus Kongo nach Kenia geschmuggelt – und sie bleiben bis heute unauffindbar. Vier internationale Goldschmuggler sitzen im Zentralgefängnis von Kinshasa – und sie können sich mit drei Millionen Dollar freikaufen. Alles völlig normal. Alles völlig normal?

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/goldschmuggler_von_goma_kaufen_sich_frei/

aktuell auf taz.de

kommentare