vonDetlef Berentzen 14.12.2010

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Sie binden das Christkind an ein Seil. Und lassen es vom Dach herunter. Alle singen. Dann gibt’s Lebkuchen. Ziemlich harte…..

Kein Wunder, daß die Exilbiberacher leiden. Die heißen Weinhachtstraditionen ihres Fürstentums sind mit der Kälte des Berliner „Anything goes“ nicht zu vergleichen. Sie kennen doch Biberach? Eine schmucke barocke Stadt, traditionell vordemokratisch, mit einer skandalösen Eselskulptur von Peter Lenk (der die Penisverlängerung des Kai Diekmann am taz-Gebäude realisierte) auf dem Marktplatz und einem „dirty dozen“ mittelalterlicher Rebellen, die in der Stadt immer mal wieder für Provokationen sorgen, indem sie beispielsweise einen unabhängigen Kandidaten zur Bürgermeisterwahl aufstellen – ganz unerwartet für die Fürsten und ihre Tümer. Nach all der APO dann wieder Pastorale, „Chrischtkindle Ralau“ und Happy-Xmas-Hour im Café Weichardt. Bis zum Abwinken.

Wie gesagt, die Exilbiberacher in Berlin vermissen ihr Kind am Seil. Also lassen sie auch in Spreenähe eines herunter. Seit ein paar Jahren schon – z.B. in Neukölln (siehe Foto) und anderswo und ziemlich feierlich: da wird geklampft, vom Blatt gesungen, die Kinder am Boden haben Schokoladenmünder und das Christkind schwebt als farbige Puppe ein.

Diesmal findet das muntere Exil-Ritual in der „Werketage“ auf dem Prenzlauerberg statt. Eine „Märchenstunde“ wird avisiert, dann das berühmte „Rablassa“ (um 17.30 Uhr) samt „Gugga und Singa“ (!) im Außenbereich, schließlich Vesper und „DJ Biber“ on the rocks. Wer sich also irgendwie als Exilant fühlt, schon mal einen Trollinger getrunken hat („Kenner trinken Württemberger“) und mehr über die Bräuche einer fremdsprachigen Kultur erfahren will, der lasse sich als Multikultureller endlich mal herab und bringe am kommenden Samstag Kinder, Lebkuchen, Kerzen, warme Socken und die üblichen Stuttgart21-Aufkleber mit.

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