vonDetlef Berentzen 05.03.2011

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„Freie Radios sind zu allererst real existierender Freiraum in Zeiten kapitalistischer Zeichenhohheit. Damit wird freies Radio zu einem wichtigen Ort von Fragestellungen.“ (Ralf Wendt)

Wieder mal „Radio reflektiert“. Wieder am Sonntag. Gesendet von einem der „besten Kulturradios, die wir im Augenblick haben“,…meinte neulich die Schriftstellerin Cornelia Staudacher auf der Bühne des Berliner Buchhändlerkellers, der gar kein Keller mehr ist, aber was soll’s, ich glaube, sie sprach von SWR2 und das ist ja auch gut so, nur muss der Sender auch dafür sorgen, daß er genau das bleibt: Gut, besser und bloß nicht die Spur, nicht den EigenSinn an den Mainstream der anderen verlieren!

Mit Redakteur Wolfram Wessels reflektiertem Radio jedenfalls steht ein ernstzunehmender Trendsetter in jenem Sturm, der vom Paradiese her weht. Ein „Angelus Novus“ der radiophonen Postmoderne. Spreizt die Flügel, hebt ab, erblickt neue Perspektiven,  denkt dabei über das eigene Medium nach und schaut in dieser Ausgabe seines Medienmagazins weit über ARD-Grenzen hinaus, ins weite Land der anderen Möglichkeiten und entdeckt dabei z.B. die „Freien Radios“: All die wüsten Wellen, die Kanalratten und  Z-Radios, vor allen Dingen aber die Coraxe aus Halle an der Saale.

Wessels hat einen der Gründer von „Radio Corax“ interviewt,  den Funker Ralf Wendt, der um die Geschichte der freien Radios weiß: „Sie sind die Nachfolger jener Piratensender, die einst verbotenerweise Frequenzen besetzten. Radios, deren Credo eine Gegenöffentlichkeit war, direkte Kommunikation über bislang Ungesagtes“. Alles taz und schön und gut, jetzt aber geht es Wendt um die Zukunft des Radios, von wegen „It’s the end of the radio“, wobei er allerdings das „as we know it“ vergißt und erst recht auch das „..and I feel fine“.

Vielleicht stimmt dies „I feel fine“ auch längst nicht mehr, denn ob frei oder öffentlich-rechtlich, die Radios sind derzeit auf der Suche, probieren Neues aus, aber es wird ob all der Deformen, Reformen und Sparstrümpfe manchmal recht verkrampft, eng, auch eng im Kopf, und da kommt es darauf an, möglichst die richtigen Fragen zu stellen. Ralf Wendt versucht’s: „Wie kann eine relevante wahrzunehmende Alternative der Radio-Kommunikation hergestellt werden? Die Hoffnung, die Gesellschaft durch das Senden anderer Inhalte zu mobilisieren, womöglich zu verändern, greift sicher zu kurz. Es sollte eher um die Kraft des Mediums als soziale Praxis gehen. Das selbstverständliche Benutzen des Mediums durch ganz verschiedene Akteure der Gesellschaft kann andere Nutzungsformen hervorbringen.“

Natürlich hat Wessels noch mehr im Programm: eloquente Radiokunst, Hörspiele, die die „Ohren aufbohren“ (Autsch!) und, klar doch, auch wieder einen der Göttlichen aus der taz-Medienredaktion, mit der „Radio reflektiert“ von Beginn an kooperiert. Also kann man den großen Alten vom Medienberge endlich mal wieder im Orignal hören: Steffen Grimberg. Er hat angefangen, für’s Radio ein „Medientagebuch“ zu schreiben, muntere kleine Notizen, über dies, aber auch über das:  „Die öffentliche Meinung steht noch ganz überwiegend hinter Karl Theodor zu Guttenberg. Doch die veröffentlichte Meinung hat den Stab über ihn gebrochen – bis auf eine. Und hieraus, liebes Medientagebuch,  lässt sich eine frohe Botschaft ziehen: Auch die „Bild“-Zeitung ist längst nicht so mächtig, wie sie selbst es in ihren kühneren Momenten glaubt.“

„Frohe Botschaften“ also am Sonntagabend, 19.30 Uhr, auf SWR2. Inklusive eigensinniger Reflexionen zu Radio, Sounds und Zukunft. Just listen!

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