Gunnar Heinsohn ist Demograph. Das ist wahnsinnig praktisch, weil er damit praktisch alle relevanten Probleme der Welt erklären kann.
Kriege beispielsweise. Jahrhunderte lang grübelten Philosophen und Politiker über die Ursachen, Heinsohn erklärt es uns ganz einfach: Krieg entsteht nämlich durch einen Überschuss an Jungmännern in der Gesamtbevölkerung („youth bulge“), für die es keine gesellschaftliche Verwendung gebe und die deshalb halt in den Krieg zögen. Nun könnte man einwenden, dass es sich mit solchen statistischen Zusammenhängen verhalte wie mit den berühmten Drogensüchtigen, die sich alle einstmals mit Zahnpasta die Zähne putzten, aber das wäre unangebracht, vor allem deswegen, weil Heinsohns Kernthese schon bei oberflächlicher Prüfung einfach falsch ist, denn die Geschichte kennt reichlich Kriege ohne auffälligen „Jungmännerüberschuss“. Weshalb die Theorie auch vor allem Anhänger unter jenen findet, die auf Plausibilität und Logik ohnehin nichts geben, wie etwa der Popphilosoph Sloterdijk.
Nach dem gescheiterten Anschlag eines im Jemen zum Terroristen trainierten Nigerianers auf eine amerikanische Passagiermaschine an Weihnachten erklärte Heinsohn uns, dass das ja alles gar kein Wunder sei – denn auch Terrorismus ist durch seine tolle Gebärtheorie zu erklären. In der „Welt“ ernannte er daher vier islamische Staaten mit entsprechend zahlreichen Jungmännern – nämlich Somalia, Pakistan, Afghanistan und Jemen – zum „Killer-Quartett“ mit einer besonders argen „demographischen Aufrüstung“. Es ist schon ein Grauen: Da haben sich diese Moslems also Verhältnisse von 1000:3000, 1000:4010, 1000:4080 oder gar 1000:5950 „Knaben zwischen 0 und 4“ auf „Männer zwischen 40 und 44 Jahren“ zusammengerammelt, womit sie klar in Führung gehen gegen uns, also die USA, Deutschland und andere Gebärverweigerer. Das ist tragisch, weil es bedeutet, dass es bei den Moslems einfach gar nicht drauf ankommt, wie viel sie vom überschüssigen Menschenmaterial verbraten, denn „wenn zwei Drittel dieser Jungen fallen sollten, gäbe es für jeden Hof und jede Werkstatt immer noch einen männlichen Erben.“ Bei uns dagegen: „Mit jedem Gefallenen verlöscht eine Familie.“
Womit Gunnar Heinsohn seinen offenbar subjektiven Eindruck, dass einer von uns halt einfach erheblich wertvoller ist als einer von diesen Moslems, quasi objektiviert hätte. „Diese Information sollte bei der westlichen unaufhörlichen Suche nach ´tiefer liegenden´ Problemen nicht immer wieder unter den Tisch fallen“, findet er entsprechend. Wobei man so genau gar nicht wissen möchte, wie er als im Nebenberuf tätiger Genozidforscher sich denn eine adäquate Berücksichtigung dieses Befundes vorstellt.
Aber nicht nur Krieg und Terror lassen sich dadurch erklären, dass die Falschen zu viele Kinder kriegen, auch das angebliche Scheitern des Sozialstaates. Die diskutierte Erhöhung der Hartz-IV-Sätze für Kinder hält er für falsch, weil sie sich direkt auf die Vermehrungsfreudigkeit der Beschenkten auswirke. Denn je mehr und je länger Bedürftige Geld für Kinder bekommen, desto mehr Kinder produzieren sie, die dann aber leider strunzdumm bleiben müssen, weil die Mütter ihnen vor lauter Reproduktion nichts beibiegen können. Wörtlich wiederum in der „Welt“: „Die aber hören dann mit dem Kinderkriegen nicht auf, um es für die bestmögliche Erziehung der schon vorhandenen einzusetzen, sondern bekommen weitere Kinder. Zugleich verschlechtern sich die Entwicklungschancen der bereits vorhandenen Kinder und die der neuen gleich mit. Um der wachsenden Bildungsferne zu begegnen, werden die staatlichen Hilfen erhöht, was noch mehr Neugeborene nach sich zieht. Hilfe gibt es am Ende vor allem für Frauen, die durch Vermehrung nach Einkommen streben.“
Dementsprechend muss man nur den Geldhahn nach unten zudrehen, schon sinkt die Produktionsrate für dumme angehende Hartz-IVler. Als Beleg führt Heinsohn die USA an, wo die Sozialhilfe 1996 per Gesetz auf fünf Jahre begrenzt wurde. Mit, wie er begeistert berichtet, beeindruckendem Erfolg: „Obwohl Amerika seine Ausgaben gegen Armut herunterfährt, nimmt die Zahl der Armen nicht etwa zu, sondern ab. Erhalten am Vorabend des Gesetzes im Jahre 1996 noch 12,2 Millionen Bürger Sozialhilfe, so sind es 2005 nur noch 4,5 Millionen.“ 12 Millionen Sozialhilfeempfänger bekommen also nur noch fünf Jahre lang Unterstützung, und zehn Jahre später sind es – voilá! – nur noch 4,5 Millionen. Das ist natürlich ein gleich doppelt schlagender Beweis dafür, dass durch Beschränkung der Sozialhilfe die Armut abnimmt. Aber, möchte man Gunnar Heinsohn fragen, wäre es dann nicht noch erfolgversprechender, die Sozialhilfe auf, sagen wir: ein Jahr zu begrenzen? Wäre dann nicht nach, sagen wir: bereits zwei Jahren damit zu rechnen, dass es praktisch überhaupt keine Sozialhilfeempfänger mehr gäbe? Oder noch besser: die Sozialhilfe gleich ganz streichen, denn dann gibt es ja auch keine Armut mehr?
Die Welt kann so einfach sein, wenn man sie durch eine Gebärmutter betrachtet.
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