vonFalk Madeja 12.03.2010

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[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=wxO2hIoScpE&feature=player_embedded[/youtube]Trauer! Die Niederlande hat einen ihrer markantesten Politiker verloren. Der Gründer Partei D66, Hans van Mierlo, früher mal Aussen- und Verteidigungsminister, ist im Alter von 78 Jahren im Amsterdamer OLVG-Krankenhaus gestorben. Die ehemalige Gesundheitsministerin Els Borst vermutet, dass es die Folgen seiner Lebertransplantation gewesen sein dürfte. Die fand vor zehn Jahren statt.

Was war das Besondere an ihm’? Persönlich habe ich ihn zufällig mal in einem Hotel in Brüssel gesehen, da frühstückte er mit dem Österreicher Wolfgang Schüssel am Nebentisch und ich konnte mithören. Viel wichtiger für mich ist allerdings, dass ich mit seiner Art und Weise, wie er Politik betrieb, etwas anfangen konnte. Mal abgesehen davon, dass er Charisma hatte – seine Partei, D66, würde ich die “Partei des gesunden Menschenverstandes” bezeichnen. Würde es eine solche Partei auch in Deutschland geben, könnte ich sie wählen.

Geboren ist er in Breda, wurde dann Journalist. Im Jahr 1966 gründete er die Partei “Demokraten 66”, darum also D66. Ein Jahr später kam er mit sieben Sitzen in das Haager Parlament – für damalige Zeiten eine Sensation. Bis 1973 war er Fraktionsvorsitzender, vier Jahre später Verteidigungsminister, 1994 bis 1998 Aussenminister. Letztere Periode war auch schon deshalb interessant, weil es zum ersten Mal seit 1918 eine Regierung ohne christliche Parteien gab, das sogenannte “lila Kabinett” bestehend aus PvdA, VVD und eben D66. Lila – das ergab die Mischung der Parteifarben in den Logos dieser Parteien.

D66 hatte von Anfang an ein paar Forderungen, die ich ganz vernünftig fand. So zum Beispiel die Frage der Bürgemeister. Die werden in den Niederlanden nach einem für das Volk undurchsichtigen Verfahren “von ‘Oben eingesetzt”, D66 war immer für die Wahl durch das Volk. Und auch für Volksabstimmungen, die für manche Wähler wegen ihres “pragmatischen Charakters” zu wenig Grund-Ideologie bietet und deshalb seine Stammwähler nicht immer gut festhalten kann. So kann es passieren, dass D66 1994 bei den Wahlen 24 Sitze holte, heute nur drei Sitze hat und in den Umfragen jetzt wieder mal 18 bis 20 Sitze. (Was in meinen Augen daran liegt, dass es eine gewisse linksbürgerliche Schicht gibt, die D66 als Gegenpol zum Anti-Islam-Geschrei von Geert Wilders sieht.) Es ist also eine Jo-Jo-Partei.

Hans van Mierlo, der vor vier Monaten noch seine Frau (die Schriftstellerin) Connie Palmen heiratete, hat die niederländische Politik zwar nicht auf den Kopf gestellt, sicher aber maßgeblich beeinflusst. Viele vermissen ihn, ich auch.

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